27.05.2020

Wundinfektionen sind in warmen Monaten häufiger

Wundkeime haben offenbar leichteres Spiel bei höheren Temperaturen. Wie Berliner Forschende zeigen konnten, treten Wundinfektionen in wärmeren Monaten häufiger auf als in kühleren.

Foto: Goethe-Universität

Nach durchschnittlich 1,6 Prozent der operativen Eingriffe kommt es zu Infektionen der Wunde. In den letzten Jahrzehnten ist es zwar gelungen, dieses Risiko durch Hygienemaßnahmen und vorbeugende Medikamentengabe deutlich zu senken. Mediziner der Berliner Charité haben nun jedoch einen Faktor identifiziert, den Ärzte und Klinikpersonal nicht beeinflussen können: das Wetter. Wie sie in einer Studie mit Daten aus 17 Jahren zeigen konnten, treten Wundinfektionen in wärmeren Monaten häufiger auf als in kühleren (siehe Deutsches Ärzteblatt International 2019, band 116, Seite: 529-536). Die Ergebnisse erläutert der Studienleiter, Dr. med. Seven Johannes Sam Aghdassi aus Berlin, im Rahmen der Jahreskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM), die dem Thema „Innere Medizin und Klimawandel“ gewidmet ist.

In den Jahren 2000 bis 2016 wurden über das Krankenhaus-Infektions-Surveillance-Systems (KISS) zwei Millionen Operationen dokumentiert. In deren Folge ist es zu mehr als 32.000 postoperativen Wundinfektionen gekommen. An KISS sind Krankenhäuser aus ganz Deutschland angeschlossen – verwaltet wird das System über die Charité, wo Dr. Aghdassi und seine Kollegen die Daten auswerteten.

Die Angaben zur Wundheilung aus dem KISS verknüpften die Mediziner mit meteorologischen Messdaten des Deutschen Wetterdienstes, wie etwa der Außentemperatur, dem Niederschlag und der Luftfeuchtigkeit. Da diese Parameter stark miteinander korrelierten, konzentrierten sich die Studienautoren bei der Analyse letztlich auf die monatliche Durchschnittstemperatur. Wie sich zeigte, stand diese in einem deutlichen Zusammenhang mit der Zahl der dokumentierten Wundinfektionen: „Grob gesagt nahm mit jedem Grad, um das die Außentemperatur anstieg, das Risiko für eine postoperative Wundinfektion um ein Prozent zu“, erklärt Dr. Aghdassi. Bei der Analyse definierter Temperaturbereiche ergab sich zwischen der kältesten Kategorie (weniger als 5 Grad Außentemperatur) und der wärmsten (20 Grad oder mehr) ein Risikozuwachs von 13 Prozent.

Dabei schienen manche Bakterientypen stärker auf die Außentemperatur zu reagieren als andere. Während sich die Zahl der Infektionen mit grampositiven Erregern nur wenig änderte, nahmen Infektionen mit gramnegativen Keimen – wie etwa E.coli-Bakterien – mit steigenden Temperaturen deutlich zu. Auch waren oberflächliche Wundinfektionen deutlich stärker temperaturabhängig als Infektionen in tieferliegenden Wundbereichen.

Die Analyse, an der auch Wissenschaftler des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung beteiligt waren, hat Dr. Aghdassi zufolge einen rein explorativen Charakter. „Es handelt sich lediglich um einen ersten Schritt in die Thematik hinein“, betont er. Entsprechend möchte er die Schlussfolgerungen aus seiner Analyse zunächst nur als Hypothese verstanden wissen. Eine Hypothese allerdings, die es angesichts der im Zuge des Klimawandels zu erwartenden Temperatursteigerung weiter zu untersuchen lohnt.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM)

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