Borreliose: Erste Anzeichen & Symptome

Erste Anzeichen

Nach einer erfolgreichen Übertragung vermehren sich die Borrelien zunächst lokal in der Haut im Bereich der Stelle des Zeckenstichs und breiten sich in der umgebenden Haut aus. Von dort aus kann es über den Blutweg zur Verbreitung im Körper und in verschiedene Organe kommen. Ohne Therapie können Borrelien trotz der Immunantwort des Infizierten (Wirtes) über Monate gelegentlich sogar jahrelang überleben und in jedem Stadium Erkrankungen verursachen oder auch spontan absterben. Auch eine durchgemachte und spontan oder nach Therapie ausgeheilte Borreliose hinterlässt keine bleibende Immunität.

In Europa beginnt eine Borreliose in etwa 40% der Fälle mit der Entwicklung eines Erythema migrans (in den USA in ca. 70-80%). Erythem ist ein allgemeiner Begriff, der lediglich eine Rötung der Haut beschreibt. Sie wird durch die Entzündungsreaktion des Körpers mit einer verstärkten Durchblutung der Haut als Folge der lokalen Borrelienvermehrung hervorgerufen. Das Erythema migrans (lateinisch: migrare = wandern) wird auch „Wanderröte" genannt. Die Rötung befindet sich zunächst an der Einstichstelle und manifestiert sich nach 3 bis 30 Tagen, meist jedoch nicht vor einer Woche nach Übertragung. Typischerweise breitet sie sich kreisförmig um die Stichstelle aus, wobei sie meist einen Durchmesser von mehreren Zentimetern erreicht und gelegentlich bis über 20 Zentimeter groß werden kann. Häufig verblasst die Rötung im Verlauf in der Mitte und erscheint daher ringförmig. Sie kann auch an mehreren Körperstellen auftreten. Das Erythema migrans ist von einer örtlichen Hautrötung als direkte Folge des Zeckenstiches zu unterscheiden. Diese bleibt im Allgemeinen auf die Einstichstelle begrenzt, dehnt sich nicht auf mehrere Zentimeter aus und verblasst nicht in der Mitte.

Symptome

Die vielgestaltige Borreliose kann als Multisystemerkrankung bezeichnet werden. Je nach der Art des ersten Auftretens von Symptomen variiert die Zeit von der Ansteckung bis zur Krankheit (Inkubationszeit) stark: Tage bis Wochen für die Frühmanifestationen, Monate bis Jahre für die Spätmanifestationen. Die früher übliche Stadieneinteilung (Stadium I-III) wird zunehmend als zu artifiziell empfunden, da die Erkrankung oft nicht die Reihenfolge dieser Stadien durchläuft, sondern jede Krankheitsmanifestation isoliert, aber auch in unterschiedlichen Kombinationen auftreten kann. Auch ist in allen Stadien eine spontane Ausheilung möglich.

Frühmanifestationen

Stadium I

In Europa verläuft gut die Hälfte der Infektionen asymptomatisch, d.h. ohne Auftreten eines Erythema migrans als typische Frühmanifestation des Stadium I (s.o.). Bei einem Teil der Patienten - mit oder ohne Erythema migrans - kommt es in den ersten Wochen nach der Infektion zu allgemeinen Krankheitserscheinungen wie Abgeschlagenheit, leichtes Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, Schweißausbrüche, Konjunktivitis, Magen-Darm-Beschwerden und Lymphknotenschwellungen. Diese Beschwerden können ausgeprägt sein, aber auch sehr schwach ausfallen und sind durch die Ausbreitung der Borrelien im Körper bedingt. Gelegentlich treten dabei multiple Erythema migrans auf durch eine Verbreitung von Borrelien in die Haut auf dem Blutweg.

Stadium II

Die frühen Organmanifestationen können auch ohne bemerkten Zeckenstich und ohne vorheriges Erythema migrans oder akute Allgemeinsymptomatik einige Wochen bis Monate nach der Infektion auftreten. Dieses Stadium ist charakterisiert durch einen Befall des Nervensystems (frühe Neuroborreliose). Selten kommt es zu Herz- (Myokarditis) oder Muskelentzündungen (Myositis) sowie zu einer Entzündung der Sehnerven.
Bei der frühen Neuroborreliose treten typischerweise Entzündungen im Bereich der Nervenwurzeln des Rückenmarks auf (Radikulitis), charakterisiert durch quälende, brennende Schmerzen, die vor allem nachts zunehmen und die zum Teil in lokaler Beziehung zur Zeckenstichstelle bzw. zum vorangegangenen Erythema migrans stehen. Gleichzeitig werden häufig asymmetrische und unsystematisch verteilte schlaffe Lähmungen beobachtet. Zusätzlich treten sensible Ausfälle (Empfindungsstörungen) auf. Die neurologischen Ausfälle betreffen oft auch Hirnnerven, vorwiegend als ein- oder beidseitige Gesichtslähmung (Fazialisparese). Bei Kindern wird häufig auch eine akute Hirnhautentzündung (Meningitis) oder isolierte Fazialisparese beobachtet. Hirn- und Hirnhautentzündungen sind bei Erwachsenen in Europa eher selten.

Eine Herzmuskelentzündung ist in Europa eine relativ seltene Manifestation (häufiger in den USA), die durch Störungen der Erregungsleitung oft mit Herzrhythmusstörungen einhergeht. Neben Herzjagen und Herzstolpern kann dies auch zu einer Verlangsamung des Herzschlags führen, die in ausgeprägten Fällen den vorübergehenden Einsatz eines Herzschrittmachers erforderlich machen kann.

Das Borrelien-Lymphozytom ist eine frühe Hautmanifestation, welche jedoch wesentlich seltener als das Erythema migrans auftritt, Dies sind kleine blaurote Hautknötchen, die sich vorzugsweise im Bereich der Brustwarzen, im Genitalbereich, an den Ohrläppchen und Nasenflügeln befinden und vor allem im Kinder- und Jugendalter sowie bei Frauen auftreten.

Spätstadien

Die Spätstadien (ab Stadium III) manifestieren sich erst nach Monaten bis Jahren und betreffen vor allem die Gelenke. Die Lyme-Arthritis ist eine schubweise oder chronisch verlaufende Entzündung von einem oder mehreren Gelenken. Betroffen sind vor allem die großen Gelenke, insbesondere die Kniegelenke sowie in abnehmender Häufigkeit Sprung-, Ellenbogen-, Finger-, Zehen- und Handwurzelgelenke sowie Kiefergelenke. Die Schmerzen und Schwellungen klingen oft nach einigen Wochen ab, können aber immer wieder erneut auftreten und von Gelenk zu Gelenk springen. Solche Beschwerden werden noch immer zu selten als Borreliose erkannt.

Eine seltenere Manifestation ist die Acrodermatitis, eine chronische Hautentzündung, die vor allem bei älteren Frauen auftritt. Betroffen sind vor allem die Streckseiten der Beine und Arme sowie Finger und Zehen. Zunächst ist die Haut gerötet und geschwollen. Unbehandelt entwickelt sich eine Atrophie der Haut (zigarettenpapierdünn) mit blaugrauer oder bläulich-violetter (livider) Verfärbung und ausgeprägter Venenzeichnung. Im weiteren Verlauf können eine Gelenksbeteiligung und Nervenschädigungen entstehen.

Eine weitere, jedoch sehr seltene Spätmanifestation ist die chronische Neuroborreliose mit einer chronisch fortschreitenden Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) und des Rückenmarks (Myelitis) (sog. Enzephalomyelitis), die Symptome ähnlich einer Multiplen Sklerose verursachen kann. Die chronische Entzündung des Rückenmarks (Myelopathie) kann sich mit spastisch-ataktischer Gangstörung, Blasenlähmung, querschnittsförmig verteilten Sensibilitätsstörungen sowie zentralen und peripheren Lähmungserscheinungen (Paresen) manifestieren, die chronische Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) mit Sprach- und Sprechstörungen, Hörminderung und Koordinationsstörungen. Seltene Manifestationen sind Epilepsie, organisches Psychosyndrom (Konzentrationsschwäche, Bewusstseinsstörung, Halluzinationen) sowie eine Gefäßentzündung im Gehirn (zerebrale Vaskulitis, z.T. mit Thalamus- oder Hirnstamminfarkt).

Experte: Wissenschaftliche Beratung und Ausarbeitung: Prof. Dr. Thomas Löscher, München

Literatur:
Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin in 2 Ordnern; Meyer, J. et al. (Hrsg.); Elsevier 5/2017

Letzte Aktualisierung: 18.08.2017

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