Grippe: Influenzaviren

Die Erreger der Grippe teilen sich in drei verschiedene Virus-Typen auf, die als Influenza A, B und C bezeichnet werden. Insbesondere Influenza A-Viren aber auch B-Viren können zu Epidemien führen, während C-Viren nur milde Einzelfälle verursachen. A- und B- Viren besitzen an ihrer Oberfläche zwei wichtige Eiweißstrukturen (Proteine): das Hämagglutinin (H) und die Neuraminidase (N). Hämagglutinin bindet an Rezeptoren der Wirtszelle um die Viren-Erbinformation in die Zelle einzuschleusen. Im Zellkern der Wirtszelle wird die virale Erbinformation verarbeitet. Es werden dann so lange neue Viren produziert, bis diese so zahlreich geworden sind, dass sie mit Hilfe der Neuraminidase die Zellmembran der Wirtszelle zerstören können und freigesetzt werden. Bis zu 100.000 neue Viren können auf diese Weise an einem Tag produziert werden und weitere Zellen befallen.

Ein Grund für die fast alljährlichen Grippe-Epidemien ist die hohe Veränderlichkeit dieser Viren, speziell beim Typ A. Normalerweise merkt sich das Immunsystem, wenn es bereits einmal Kontakt mit einem Krankheitserreger hatte und stellt nach einer Neuinfektion rasch spezifische, gegen den Erreger gerichtete Abwehrzellen und Antikörper zur Bekämpfung bereit. Bei den Influenza-Viren reagieren diese vor allem mit dem Hämagglutinin und der Neuraminidase sowie weiteren Oberflächenproteinen der Virushülle. Solche Proteine, die eine Immunreaktion auslösen, werden auch als Antigene bezeichnet.

Bei der Vermehrung der Influenzaviren kommt es häufig zu kleinen Veränderungen (Punktmutationen) der für diese Oberflächenproteine kodierenden Erbsubstanz des Virus, so dass immer wieder neue Virusvarianten mit veränderter Oberfläche auftreten (sog. Antigendrift). Diese werden von den Abwehrzellen und Antikörpern nicht mehr richtig erkannt und so kann man trotz einer überstandenen früheren Grippe immer wieder an Influenza erkranken. Meist sind hierzu mehrere Punktmutationen erforderlich, manchmal genügt aber eine einzige Mutation, wenn diese an einer entscheidenden Stelle des Erbguts auftritt.

Beim Influenza-Typ A kommt hinzu, dass von den beiden Oberflächenproteinen H und N zahlreiche unterschiedliche Typen (Subtypen) existieren. Bis jetzt sind 18 verschiedene H- und 9 verschiedene N-Typen bekannt, was eine große Zahl von Kombinationsmöglichkeiten ermöglicht (theoretisch bis zu 162). Alle H- und alle N-Subtypen der Influenza A-Viren können Vögel infizieren – insbesondere Wasservögel, die das natürliche Reservoir dieser Viren darstellen. Beim Menschen wurden bisher nur Subtypkombinationen von H1 bis 3 und N1 bis 2 gefundenen (z.B. H1N1 oder H2N3). Die andern, vor allem bei Vögeln und einigen anderen Tieren gefundenen Subtypen bzw. Subtypkombinationen, sind nicht oder nur schwer auf den Menschen übertragbar (siehe Vogelgrippe).

Wird ein Organismus nun gleichzeitig von zwei verschiedenen Influenza A-Viren befallen, so kann es in einer Wirtszelle zum Austausch verschiedener Abschnitte der Erbsubstanz der Viren kommen, die in 8 getrennten Segmenten organisiert ist. Dabei können ganze Segmente oder Teile davon ausgetauscht werden. Diesen Vorgang nennt man genetische Reassortierung. Er kann im Menschen, aber auch in anderen Wirten, wie beispielsweise bei Vögeln und Schweinen erfolgen und zu Viren mit erheblich veränderten Eigenschaften und Oberflächenproteinen führen. Diese ausgeprägten, als Antigenshift bezeichneten Veränderungen werden nur bei den Influenza-A-Viren beobachtet. Wenn es sich um Viren handelt, die leicht von Mensch zu Mensch übertragbar sind, können sie dann der Ursprung von großen Epidemien oder Pandemien durch ein „neues“ Virus sein.

Bei der Influenza B gibt es keine Subtypen, seit Jahren zirkulieren jedoch weltweit zwei genetisch unterschiedliche Linien, die Yamagata- und die Victoria-Linie.

Experte: Wissenschaftliche Beratung und Ausarbeitung: Prof. Dr. Thomas Löscher, München

Literatur:
Lehnert R et al. Antivirale Arzneimittel bei saisonaler und pandemischer Influenza. Ein systematisches Review. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 799
Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin in 2 Ordnern; Meyer, J. et al. (Hrsg.); Elsevier 11/2016
Salzberger B, Schmidt B: Neues zur Influenza. Dtsch med Wochenschr 2016; 141: 1451

Letzte Aktualisierung: 18.08.2017

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