Osteoporose: Therapie

Osteoporose: Die Behandlung einer Osteoporose ist vor allem von ihrer Form bzw. Ursache abhängig. Wurde eine sekundäre Osteoporose durch eine Grunderkrankung ausgelöst, wird der Arzt zunächst diese behandeln. Weiterhin muss er das Krankheitsstadium, das Alter des Patienten, das Stoffwechselverhalten des Knochens sowie etwaige unabhängig Erkrankungen berücksichtigen.

Grundsätzlich ist eine Osteoporose bis heute nicht vollständig heilbar, lediglich ihr Fortschreiten kann durch eine Behandlung verzögert werden. Allerdings kann bereits ein verzögerter Knochenabbau eine deutliche Verbesserung des Krankheitsbildes bewirken. Neuere Medikamente können auch den Knochenaufbau deutlich stimulieren, so dass nicht selten mit der Therapie eine Normalisierung der Knochenmasse erreicht werden kann. Eine Weiterbehandlung zur Stabilisierung ist jedoch auch dann meist notwendig.

Die Behandlung richtet sich immer nach der individuellen Situation des Patienten. Besteht bereits ein Wirbelkörperbruch, können zunächst dessen Versorgung und die Schmerzlinderung im Vordergrund stehen. Eine medikamentöse Beeinflussung des Knochenstoffwechsels ist in diesem Stadium immer wichtig. Aber auch in einem früheren Stadium wird der Arzt versuchen, den Knochenstoffwechsel zu beeinflussen und den Knochenverlust einzudämmen. Für die Behandlung steht eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung, die oftmals kombiniert werden. Hier sei auch auf die offiziellen Behandlungsleitlinien des Dachverbandes wissenschaftlicher Gesellschaften für Osteologie (DVO) sowie die gemeinsamen Patientenleitlinien des DVO und des Dachverbandes der Selbsthilfegruppen (DOP) hingewiesen.

Basistherapie mit Calcium und Vitamin D

Für eine Stärkung des Knochenaufbaus und zur Vermeidung von Defiziten stellt die Zufuhr von Calcium und Vitamin D die Basistherapie dar. Calcium sollte bevorzugt mit der Nahrung zugeführt werden (Milchprodukte, bestimmte Gemüse, calciumreiche Mineralwässer). Medikamentöse Calciumsupplemente sollten bei Magen-Darm-Erkrankungen mit verminderter Calciumaufnahme, bei Laktose-Intoleranz und anderen Unverträglichkeiten, und bei erhöhtem Bedarf als Begleitmedikation zu hoch -potenten Osteoporose-Medikamenten eingenommen werden. Hoch dosierte Calcium-Medikamente können ein (geringes) Risiko für Gefäßerkrankungen und Nierensteine mit sich bringen.

Vitamin D fördert die Aufnahme von Calcium in das Blut und seinen Einbau in den Knochen. Dabei sollte die Zufuhr von Vitamin D etwa 800 bis 2000 IE (Internationale Einheiten) möglichst täglich betragen (alternativ kann im Einzelfall die äquivalente Dosis auch 1- oder 2-wöchentlich gegeben werden).  Die Gesamt-Tagesdosis von Calcium sollte 1000-1500 Milligramm entsprechen (Nahrungscalcium zusammen mit evtl. Medikamenten).

Medikamentöse Therapie

Es werden zwei Gruppen von Medikamenten unterschieden: solche, die eine erhöhte Knochenabbaurate bremsen (Antiresorptiva) und solche, die den Muskel- und Knochenaufbau stimulieren (Osteoanabolika).

Antiresoptiva

Zu den Antiresorptiva zählen die so genannten Bisphosphonate (z. B. Alendronat, Risedronat, Ibandronat, Zoledronat), Kalzitonin, Östrogene und selektive Östrogen-Rezeptor-Modulatoren (SERM).
Bisphosphonate können bei allen Formen der Osteoporose eingesetzt werden. Sie haben geringe Nebenwirkungen, jedoch sollte wegen der zwar seltenen, aber schwerwiegenden potentiellen Nebenwirkung einer Kieferknochennekrose vor Behandlung der Zahnstatus saniert sein.

Bisphosphonate sollten nicht in der Schwangerschaft oder Stillzeit eingenommen werden, weiterhin stellt eine schwere Nierenfunktionseinschränkung eine Gegenanzeige dar.  Nach 3 bis 5 Jahren kann wegen der kumulativen Wirkung von Bisphosphonaten, die im Knochen gespeichert werden, eine Therapiepause erwogen werden. Ibandronat steht nicht nur als 4-Wochen-Tablette, sondern auch als 3-Monatsspritze zur Verfügung. Zoledronat ist als 12-Monats-Infusion verfügbar.

Denosumab ist ein humaner Antikörper, der gegen den Botenstoff RANKL gerichtet ist. Damit kann RANKL die Knochenabbauzellen (Osteoklasten) nicht mehr aktivieren, und somit wird der Knochenabbau sehr stark gehemmt. Gleichzeitig kann der Knochenaufbau aber (verlangsamt) weitergehen, so dass über die Zeit die Knochendichte deutlich zunehmen kann. Denosumab wird alle 6 Monate unter die Haut gespritzt, und es gibt Studiendaten über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren. Denosumab kann auch bei schon eingeschränkter Nierenfunktion (aber nicht mehr im schlechtesten Stadium oder bei Dialyse) noch eingesetzt werden. Auf den Zahnstatus zur Vermeidung einer Kieferknochennekrose ist ähnlich wie bei Bisphosphonaten zu achten. Ein wichtiger Unterschied zu den Bisphosphonaten ist, dass die Wirkung von Densumab nach 6 Monaten nachlässt. Erfolgt keine erneute Injektion  oder eine andere Therapie, dann beginnt wieder ein rascher Knochenabbau und das Knochenbruchrisiko steigt wieder.

Das körpereigene Hormon Kalzitonin ist relativ schwach wirksam.  Es steht derzeit für die Indikation Osteoporose nicht mehr zur Verfügung.

SERMs sind abgewandelte Östrogen-Derivate, die keine eigene Östrogenwirkung haben, aber noch die knochenaufbauende Wirkung des weiblichen Sexualhormons Östrogen besitzen. So verhindert beispielsweise das Raloxifen den Knochenabbau und reguliert den Knochenstoffwechsel und senkt damit das Risiko eines Wirbelkörperbruches.

Osteoanabole Medikamente

Zum Aufbau von Knochensubstanz kommt ein wirksames Teilstück des Parathormons (Teriparatid) zum Einsatz. Teriparatid wird einmal täglich unter die Haut gespritzt (ähnlich wie Insulin bei Diabetes mellitus). Die Gesamt-Therapiedauer für Teriparatid beträgt 2 Jahre.

Romosozumab ist ein humaner Antikörper gegen den Botenstoff Sklerostin. Durch den Wegfall der Sklerostinregulation können die Knochenaufbauzellen (Osteoblasten) vermehrt neuen Knochen bilden. Ein Behandlungszyklus mit Romosozumab dauert ein Jahr. Romosozumab ist bisher nur für Frauen zugelassen.

Nach einer Behandlung mit Teriparatid wie auch mit Romosozumab sollte eine antiresorptive Anschlusstherapie erfolgen.

Bei schweren Osteoporoseformen (Vorliegen von mehreren Wirbelbrüchen und/oder eine sehr niedrige Knochendichte) wird heute primär eine osteoanabole Therapie empfohlen.

Hormonersatztherapie

Eine Hormonersatztherapie kann in den Wechseljahren bei Frauen die Östrogenspiegel anheben und so einem Verlust an Knochenmasse entgegenwirken. Eine Alternative können pflanzliche Östrogenvarianten (Phytoöstrogene) darstellen, deren positive Wirkungen bisher jedoch nicht eindeutig bestätigt werden konnten und die in der erforderlichen hohen Dosis eine Reihe von Nebenwirkungen hervorrufen können. Der Einsatz von Östrogenen muss wegen möglicher Nebenwirkungen sorgfältig abgewogen werden. Primär wird der Einsatz von anderen Osteoporosemedikamenten empfohlen. Gibt es dagegen weitere Gründe für eine Östrogen-Einnahme, z. B. um Wechseljahrbeschwerden zu lindern, kann ihre Wirkung auf die Knochen ein willkommener Nebeneffekt sein.

Schmerztherapie

Bei Patienten mit bestehender Osteoporose steht oft zunächst eine Schmerztherapie im Vordergrund. Zu den am häufigsten verwendeten Schmerzmedikamenten gehören nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID), die jedoch bei längerer Einnahme Magen-Darm-Beschwerden und Nierenprobleme verursachen können. Zu ihnen gehören beispielsweise die Wirkstoffe Aspirin, Diclofenac oder Ibuprofen. Eine Alternative stellen COX-2-Hemmer dar, die für Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen aber nicht geeignet sind.

Daneben können auch muskelentspannende Medikamente dazu beitragen, die durch Fehlstellungen hervorgerufenen Schmerzen zu lindern. Bei stärksten Schmerzen können Opiate eingesetzt werden. Eine Alternative oder Ergänzung stellen physikalische Maßnahmen wie Massagen, Elektrotherapie, Akupunktur, Kälte- oder Wärmebehandlungen dar.

Bewegungstherapie

Aktives Muskeltraining stärkt die Knochen und Muskulatur und trägt so zur Schmerzlinderung bei. Schon regelmäßiges Spazierengehen fördert den Knochenaufbau und stimuliert die körpereigene Vitamin-D-Produktion. Wichtiger als die Intensität der Übungen ist deren Regelmäßigkeit.
Zur Stärkung der Rücken- und der Bauchmuskulatur werden häufig krankengymnastische Behandlungen mit Entspannungs- und Atemübungen durchgeführt. Wenn es der Krankheitsverlauf erlaubt, kann die Krankengymnastik durch eine Sporttherapie abgelöst werden. Gymnastik, Schwimmen, Aqua-Jogging, Wandern, Walking und Radfahren sind besonders geeignet. Aber auch ein leichtes Krafttraining unter fachmännischer Betreuung kann sinnvoll sein. Eine Sporttherapie sollte unter ärztlicher Anleitung durchgeführt werden. Bewegungstherapie hat zwei Ziele:

  • Erhaltung und Verbesserung der Bewegungskoordination und Muskelkraft zur Sturzvermeidung im Alter und zur Unterstützung des Halteapparates
  • Erhaltung oder sogar Verbesserung der Knochenmasse

Bei einer Bewegungstherapie können starke Kräfte auf das Bewegungssystem wirken. Damit diese nicht die Gefahr eines Knochenbruches zusätzlich erhöht, muss die Therapie deshalb auf die individuelle Situation des Einzelnen angepasst werden.

Operativer Eingriff

Gehen die Schmerzen über einen Zeitraum von drei Monaten trotz Behandlung nicht zurück, kann eine so genannte Vertebro- oder Kyphoplastie notwendig sein. Bei der Vertebroplastie wird Knochenzement in den gebrochenen Wirbelkörper eingebracht und dieser damit stabilisiert. Bei der Kyphoplastie wird der kaputte Wirbelkörper mit Hilfe eines kleinen Ballons aufgedehnt, was das Einbringen des Zements erleichtert, in manchen Fällen sogar den Knochen wieder etwas aufrichtet.

Psychosoziale Betreuung

Eine psychosoziale Betreuung nach Stürzen und Frakturen kann der Angst der Patienten vor weiteren Verletzungen und zunehmender Bewegungseinschränkungen entgegenwirken.

Experte: Wiss. Beratung: Dr. S. Scharla, Bad Reichenhall & Prof. O.A. Müller, München

Literatur:
Amir Qaseem, Lauri A. Hicks, Itziar Etxeandia-Ikobaltzeta, et al; Clinical Guidelines Committee of the American College of Physicians. Pharmacologic Treatment of Primary Osteoporosis or Low Bone Mass to Prevent Fractures in Adults: A Living Clinical Guideline From the American College of Physicians. Ann Intern Med. [Epub 3 January 2023]. doi:10.7326/M22-1034 Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin in 2 Ordnern; Meyer, J. et al. (Hrsg.); Elsevier 11/2022 Offizielle Behandlungsleitlinien des DVO, 2017 (ein Update wird 2023 erscheinen): http://www.dv-osteologie.org

Letzte Aktualisierung: 28.03.2023

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