17.11.2017

Arterielle Verschlusskrankheit multidisziplinär behandeln

Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (PAVK) haben ein hohes Risiko für Herz- und Gefäßerkrankungen. Neue Behandlungsleitlinien für die PAVK stellt nun die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie vor.

Eines der Hauptthemen bei den Herztagen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Berlin ist die Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK), umgangssprachlich auch als „Raucherbein“ bezeichnet. Bei dieser chronischen Erkrankung verengen sich die Blutgefäße auch außerhalb des Herzens, dadurch ist der Blutfluss in den Extremitäten gestört. „In der Bundesrepublik leiden rund 4,5 Millionen Menschen unter einer PAVK. Versicherungsdaten aus Deutschland zeigen jährlich 500 bis 600 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner“, berichtet Prof. Dr. Christiane Tiefenbacher (Wesel), Tagungspräsidentin der DGK-Herztage 2017. „Nach Schätzungen liegt die Zahl der über 40-Jährigen, die an einer PAVK leiden, mittlerweile bei fünf bis zehn Prozent.“ Risikofaktoren für eine PAVK sind vor allem Rauchen und Diabetes.

Nicht nur die Anzahl der Fälle sei alarmierend, so Prof. Tiefenbacher, sondern auch die Tatsache, dass PAVK-Patienten eine hohe Sterblichkeit aufweisen: „Dies ist eine Folge des hohen Risikos, zusätzlich zu PAVK auch kardiovaskuläre Krankheiten zu haben. Bei etwa einem Drittel der PAVK-Patienten besteht eine koronare Herzerkrankung, jeder Dritte hat Veränderungen an der Halsschlagader und somit ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Die Sekundärprophylaxe gewinnt daher immer mehr an Bedeutung, denn es geht bei PAVK nicht nur um die Beine, sondern auch um das Herz und das Gehirn.“

Im September 2017 präsentierte die European Society of Cardiology (ESC) neue Behandlungsleitlinien. Diese empfehlen für PAVK-Patienten eine lipidsenkende Therapie, in erster Linie mit Cholesterinsenkern vom Typ der Statine. Studiendaten zeigen, dass damit auch die Gehstrecke verbessert werden kann.

Ausführlich gehen die Leitlinien auch auf geeignete Mittel zur Thrombozytenaggregations-Hemmung bzw. Antikoagulation ein, also die Verklumpung von Blutplättchen hemmenden Medikamente. „Neu in den europäischen Leitlinien ist, dass diesbezüglich Clopidogrel als besser wirksam angesehen wird als Aspirin, wie die CAPRIE-Studie zeigt“, so Prof. Tiefenbacher. „Auch wird empfohlen, dass PAVK-Patienten, die Marcumar oder andere Medikamente zur Hemmung der Blutgerinnung bekommen, wegen des erhöhten Blutungsrisikos nicht zusätzlich noch Thrombozytenaggregations-Hemmer einnehmen sollen.“

Als Behandlungsmethode der Halsschlagader (Karotis) wurde die Katheter-gestützte Stent-Implantation gegenüber chirurgischen Eingriffen aufgewertet. So sollte bei Verengungen der Herzschlagader ohne Beschwerden (asymptomatischen Karotisstenosen) ein Stent bevorzugt werden, wenn das Operationsrisiko hoch ist. Prof. Tiefenbacher: „Daten zum Langzeitverlauf haben gezeigt, dass zwischen den beiden Methoden kein Unterschied beim Outcome besteht, allerdings ist die Stent-Implantation weit schonender.“

Bei der Behandlung der Beine hingegen wird ein differenziertes Vorgehen empfohlen. „Viele Engstellen können mittels moderner Kathetertechnologie für den Patienten schonend behandelt werden. In komplexen Situationen, etwa bei starkem Verkalkungsgrad, sollten aber auch operative Verfahren zum Zuge kommen“, fasst Prof. Tiefenbacher die Empfehlungen zusammen. „Mit Katheter sollte nur in Zentren behandelt werden, die über sehr erfahrene Fachleute verfügen. Ist der Zustand der Venen im Unterschenkel gut, kann auch eine Bypassoperation, bei der Venen als Überbrückung der verschlossenen Arterien dienen, durchgeführt werden. Die Ergebnisse sind hier besser geworden.“

Neu ist auch die Empfehlung, dass bei Patienten mit PAVK systematisch darauf geachtet werden sollte, ob Anzeichen für eine koronare Herzerkrankung oder eine Herzschwäche bestehen. Umgekehrt wird empfohlen, bei Patienten mit solchen Herzerkrankungen zu untersuchen, ob auch eine PAVK vorliegt.

Die PAVK sollte am besten von einem „Gefäßteam“ aus Kardiologen, Angiologen und Gefäßchirurgen behandelt werden, das – ähnlich wie die bewährten „Herz-Teams“ – eine multidisziplinäre Behandlung ermöglichen kann. „Das Gefäßteam eines Gefäßzentrums sollte auch entscheiden, welche Behandlungsmethode für individuelle Patientinnen und Patienten am besten geeignet ist“, so Prof. Tiefenbacher.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Kardiologie

 

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