Herzinfarkt: Therapie

Bei der Durchführung der Therapie gilt: Jede Minute zählt - „time is muscle!"- Je schneller sie eingeleitet wird, desto mehr Herzmuskelgewebe kann vor dem Untergang gerettet werden, desto weniger Komplikationen treten auf und die Gefahr einer chronischen Herzschwäche wird vermindert. Die Prognose hängt daher entscheidend davon ab, wie schnell der Notarzt eintrifft und wie weit der Patient von einem Krankenhaus entfernt ist. Auf dem Land sind die Anfahrtswege beispielsweise oft lang, hier ist manchmal der Transport mit einem Hubschrauber notwendig.

Erstmaßnahmen

Ist der Notarzt eingetroffen, werden vor Ort folgende Erstmaßnahmen eingeleitet:

  • Lagerung mit angehobenem Oberkörper
  • Sauerstoffzufuhr über eine Nasensonde
  • Legen eines venösen Zuganges, um darüber Medikamente zu verabreichen
  • Anschließen des Patienten an ein EKG bzw. Monitor mit Überwachung der Herzfrequenz, des Herzrhythmus, der Sauerstoffsättigung und des Blutdruckes
  • Defibrillationsbereitschaft des Rettungsteams

Gabe von Medikamenten

abhängig von der Standardmedikation des Patienten:

  • Nitroglycerin: 1 Kapsel unter die Zunge (nicht bei Blutdruck unter 90mmHg!) oder 2 Sprühstöße
  • Heparin, Azetylsalizylsäure, Clopidogrel zur Verhinderung neuer Thrombenbildung
  • Betablocker bei erhöhter Pulsfrequenz (Tachykardie)
  • Morphin oder Diazepam (Valium), um den Patienten zu beruhigen und die Schmerzen zu nehmen
  • ggf. Medikamente (Metoclopramid oder Triflupromazin) gegen Übelkeit und Erbrechen
  • Atropin bei einem sehr langsamen Puls

Wichtiger Hinweis

Sobald der Verdacht auf einen Herzinfarkt vorliegt, dürfen keine Medikamente mehr intramuskulär verabreicht werden. Dies würde eine eventuell anstehende Lyse-Therapie verhindern, da es dann zu kräftigen Blutungen in dem betreffenden Muskel kommen kann.

Wiedereröffnung des betroffenen Herzgefäßes (Reperfusionstherapie)

In der Regel werden heute Patienten mit Verdacht auf Herzinfarkt vom Notarzt in Abteilungen mit Herzkatheterlabor gebracht. Die weitere Therapie hängt von der Ausstattung des angesteuerten Krankenhauses ab und sollte innerhalb der ersten 90 Minuten nach Schmerzbeginn erfolgen, um eine Infarktausdehnung zu verhindern. Ziel ist es, eine Wiedereröffnung (Reperfusion) des verschlossenen Gefäßes zu erreichen. Im Herzkatheterlabor wird in der Regel umgehend eine Koronarangiografie mit Ballondilatation/PTCA und Stentimplantation eingeleitet. D.h. nach der Aufdehnung der Herzkranzgefäße (= Ballondilatation/PTCA) wird eine Gefäßstütze (=Stent) an der Engstelle platziert, um einen erneuten Verschluss zu verhindern. Die innerhalb von 60-90 Minuten nach Schmerzbeginn durchgeführte Ballondilatation/PTCA gilt bei akutem Herzinfarkt als Therapie der ersten Wahl.

Ist dies nicht möglich, ist innerhalb der ersten 3 Stunden die Therapie der Wahl die konservative (Thrombo)Lyse. Dabei wird versucht, mit intravenös verabreichten Medikamenten (Fibrino- bzw. Thrombolytika) das Blutgerinnsel aufzulösen, so dass die Durchblutung des Gefäßes wieder funktioniert. Gelingt dies nicht, kann immer noch eine Ballondilatation/Stentimplantation erfolgen.

Besonderheiten im therapeutischen Vorgehen

Bei Patienten mit sogenannten Nicht-ST-Hebungsinfarkten (NSTEMI) - sichtbar im EKG - sollte eine Lyse-Therapie nicht erfolgen. Es ist daher unmittelbar nach Diagnosestellung eine antithrombotische Therapie mit Azetylsalizylsäure und Clopidogrel sowie Heparin einzuleiten. Eine Herzkatheteruntersuchung sollte laut der Leitlinien der kardiologischen Fachgesellschaften baldmöglichst innerhalb von 48 Stunden erfolgen.

Weitere Maßnahmen

Nach erfolgreicher Akuttherapie wird der Patient je nach Kreislaufstabilität noch mindestens für 2 bis 3 Tage auf der Intensivstation überwacht. Die Überwachung beinhaltet ein kontinuierliches Monitoring von EKG und Blutdruck. Die medikamentöse Weiterbehandlung besteht gewöhnlich aus: Azetylsalizylsäure (ASS), nach Stent in Kombination mit Clopidogrel, ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten, Betablocker und Cholesterinsenker (Statin). Weiter erhält der Patient leichte Kost und wird unter krankengymnastischer Anleitung allmählich mobilisiert.

Verlauf und Rehabilitation

Bei unkompliziertem Verlauf beträgt der Krankenhausaufenthalt zwischen 3 bis 5 und 10 Tagen. Danach wird eine Anschlussheilbehandlung in einer Rehabilitationsklinik oder einem ambulanten Therapiezentrum durchgeführt. Dort stehen Bewegungstherapie, Gesundheitserziehung und psychische Stabilisierung auf dem Programm. Weiter empfiehlt sich die Teilnahme an ambulanten Herzgruppen am Heimatort, um die Wiedereingliederung ins Alltags- und Berufsleben zu erleichtern.
Alle Infarkt-Patienten sollten, wenn keine Kontraindikationen vorliegen, d.h. nichts gegen die Einnahme spricht, dauerhaft folgende Medikamente nehmen:

  • Betablocker
  • Azetylsalizylsäure (ASS)
  • Cholesterinsenker (Statine)
  • ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten

Diese Präparate verbessern die Prognose und reduzieren die Gefahr eines erneuten Infarktes. In jedem Fall sollten Patienten nach einem überstandenen Herzinfarkt sich regelmäßig von ihrem Internisten bzw. Kardiologen durchchecken lassen.

Experte: Wissensch. Beratung: Prof. Dr. Hans Martin Hoffmeister & Dr. Norbert Smetak

Literatur:
https://leitlinien.dgk.org/files/2018_Pocket_Leitlinie_STEMI_Internetversion_Neu.pdf

Letzte Aktualisierung: 25.08.2022

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