Krebstherapie: Gezielte Therapie (Präzisionsonkologie)

Bei zahlreichen Krebserkrankungen wurden in den letzten Jahrzehnten charakteristische, meist im Lauf des Lebens erworbene Genveränderungen nachgewiesen. Diese sind bei der großen Mehrzahl der Patientinnen und Patienten nicht angeboren und werden auch nicht vererbt. Sie wurden z. B. durch schädigende Einflüsse wie Rauchen erworben. Bei manchen Krebserkrankungen wie der chronischen myeloischen Leukämie kann nur eine bestimmte Genveränderung nachgewiesen werden, bei anderen wie dem Bauchspeichelkrebs bis zu 100 oder mehr Genveränderungen.

Diese Genveränderungen haben entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung von Krebs. Die meisten greifen in Stoffwechselvorgänge der Zellen ein und stören die internen Kontrollmechanismen. Dadurch wachsen Krebszellen ungehindert und lassen sich nicht durch Kontrollsignale von außen stoppen. Der Durchbruch erfolgte durch die Entwicklung von Arzneimitteln, die diese gestörten Stoffwechselvorgänge gezielt unterbrechen und „normale“ Verhältnisse wieder herstellen. Besonders weit ist diese Entwicklung beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom. Für 9 genetische Veränderungen sind gezielte Arzneimittel zugelassen [9]. Wie komplex diese Therapie geworden ist, zeigt die Abbildung.

Da dieselben Genveränderungen bei sehr unterschiedlichen Krebserkrankungen vorkommen können, werden einige der gezielten Arzneimittel auch unabhängig von der Lokalisation des Tumors eingesetzt.
Auch der Nutzen von gezielt wirksamen Arzneimitteln muss gegenüber dem möglichen Schaden abgewogen werden. Aufgrund der gezielten Wirksamkeit hat jedes Arzneimittel bzw. jede Substanzklasse ihr eigenes Nebenwirkungsprofil. So können z. B. Arzneimittel, die in die Bildung von neuen Blutgefäßen in Tumoren eingreifen, den Blutdruck steigern. Bei anderen gibt es Hinweise, dass gelegentlich sogar die Entstehung von neuen Krebserkrankungen gefördert wird, z. B. das Auftreten von weißem Hautkrebs bei der Behandlung des Melanoms (schwarzer Hautkrebs) mit BRAF-Inhibitoren. Da viele dieser neuen Arzneimittel erst seit relativ kurzer Zeit verfügbar sind, ist die Nachbeobachtung der Patientinnen und Patienten besonders wichtig.

Autor/Autoren: Wissenschaftliche Beratung und Ausarbeitung: Prof. Dr. Bernhard Wörmann, Berlin

Literatur:
1. https://www.who.int/health-topics/cancer
2. Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland / Robert - Koch Institut: Krebs in Deutschland 2017/2018, Häufigkeiten und Trends, 2021. https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/krebs_in_deutschland_inhalt.html
3. Gesetz zur Zusammenführung von Krebsregisterdaten, 18. August 2021. https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&start=//*[@attr_id=%27bgbl121s3890.pdf%27]#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl121s3890.pdf%27%5D__1672152816526
4. https://www.brca-netzwerk.de/
5. https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Berufskrankheiten/Merkblaetter.html
6. https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/patientenleitlinien/
7. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines
8. https://www.onkopedia.com/de/ayapedia/guidelines/fruchtbarkeit-und-fruchtbarkeitserhalt/@@guideline/html/index.html
9. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/lungenkarzinom-nicht-kleinzellig-nsclc/@@guideline/html/index.html
10. https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Patientenleitlinien/Supportive-Therapie_Patientenleitlinie_DeutscheKrebshilfe.pdf
11. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines#section4
12. https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Patientenleitlinien/Patientleitlinie_Palliativmedizin-1980012.pdf
13. https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/patientenleitlinien/komplementaermedizin/
14. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines#section5

Letzte Aktualisierung: 26.01.2023

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