06.05.2024
Darmflora beeinflusst Bauchspeicheldrüsenentzündung
Veränderungen des Darmmikrobioms können den Schweregrad einer akuten Entzündung der Bauchspeicheldrüse vorhersagen, berichten Forschende aus Göttingen.
Die mikrobielle Zusammensetzung des Darmes, das sog. Darmmikrobiom, beeinflusst den Krankheitsverlauf der schweren akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis). Das haben Forschende der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) in einer europaweiten Studie unter Einbezug von 15 Pankreaszentren herausgefunden (siehe Gut, Online-Vorabveröffentlichung am 21.12.2023). Anhand der Veränderungen des Darmmikrobioms erkrankter Patient:innen konnte ein Vorhersagemodell entwickelt werden, um den Schweregrad der Pankreatitis vorauszusagen. Die Ergebnisse könnten zu neuen Behandlungsstrategien beitragen.
Die schwere akute Bauchspeicheldrüsenentzündung, auch Pankreatitis genannt, ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die einer hochspezialisierten fachübergreifenden Behandlung bedarf. Sie wird in vielen Fällen durch Gallensteinleiden oder erhöhten Alkoholkonsum ausgelöst. Selten können auch Medikamente, Fettstoffwechselstörungen, Autoimmun- oder Viruserkrankungen die Ursache sein.
Meistens verläuft die äußerst schmerzhafte Erkrankung mild und die Patient:innen können nach wenigen Tagen wieder aus der Klinik entlassen werden. In zirka 20 Prozent der Fälle zeigt sich jedoch ein schwerer, potenziell lebensbedrohlicher Verlauf mit Organversagen und Komplikationen wie zum Beispiel inneren Blutungen, verursacht durch die entzündungsbedingte Zerstörung von Organen oder Blutgefäßen. Auslösende Faktoren und Mechanismen für einen schweren Verlauf der Erkrankung sind bisher unzureichend geklärt, wodurch sich keine Therapieansätze in der Frühphase der Erkrankung ableiten lassen, die den Verlauf und den Schweregrad entscheidend beeinflussen könnten.
Nachwuchswissenschaftler Dr. Christoph Ammer-Herrmenau und Oberarzt Prof. Dr. Dr. Albrecht Neeße, beide tätig in der Klinik für Gastroenterologie, gastrointestinale Onkologie und Endokrinologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), haben in einer europaweiten Studie mit 15 Pankreaszentren die Rolle des Darmmikrobioms, einer komplexen Lebensgemeinschaft aus Billionen von Mikroorganismen, in Zusammenhang mit dem Schweregrad der akuten Pankreatitis untersucht. Anhand der Veränderungen des Mikrobioms bei 424 Patient:innen mit akuter Pankreatitis konnte ein Vorhersagemodell entwickelt werden, das eine bisher nicht vorhandene Genauigkeit erreichte, um den Schweregrad der Erkrankung vorauszusagen. Die Ergebnisse zeigen, dass frühe Veränderungen des Darmmikrobioms deutlich mit dem späteren Schweregrad der Pankreatitis, der Sterblichkeit und der Krankenhausverweildauer der Patient:innen zusammenhängen.
Weiterführende bioinformatische Analysen zeigten zudem, dass möglicherweise mikrobielle kurzkettige Fettsäuren eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer schweren, lebensbedrohlichen Pankreatitis spielen könnten.
„Unsere Ergebnisse zeigen eine hochsignifikante Veränderung des Darmmikrobioms bei Patienten:innen, die im weiteren Verlauf eine schwere Erkrankung entwickelt haben, länger im Krankenhaus bleiben mussten oder gar verstorben sind“, berichtet Dr. Christoph Ammer-Herrmenau, Erstautor der Studie. „Somit kann die mikrobielle Zusammensetzung des Darmes frühzeitig den Krankheitsverlauf vorhersagen, ist jedoch noch kein sicherer Beweis dafür, dass die Veränderungen des Mikrobioms Ursache für den schweren Krankheitsverlauf sind. Die Muster im Stoffwechsel, die wir anhand bioinformatischer Vorhersagemodelle identifizieren konnten, sind hochspannend und geben erste Hinweise, dass möglicherweise kurzkettige Fettsäuren, die von Mikroorganismen produziert werden, Einfluss auf die Entzündung der Bauchspeicheldrüse haben können.“
„Wir werden diese vielversprechenden Ergebnisse in einer Folgestudie zusammen mit unseren nationalen und internationalen Partnern überprüfen, um die neuen Erkenntnisse baldmöglichst in neue Behandlungsstrategien für unsere Patienten:innen zu überführen“, fügt Arbeitsgruppenleiter Prof. Dr. Dr. Neeße hinzu.
Quelle: Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität
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