Psyche und Körper

Es gibt wahrscheinlich nur wenige Menschen, denen noch nie „eine Nachricht auf den Magen geschlagen" oder „ein Stein vom Herzen gefallen" ist. Was oft so leicht dahin gesagt wird, kann ein ernst zu nehmendes Krankheitsbild beschreiben: eine psychosomatische Erkrankung (griech. psyche = Seele und soma = Körper).

Die psychosomatische Medizin geht davon aus, dass eine Vielfalt von Wechselbeziehungen zwischen Lebensumständen, Gefühlen und Gedanken eines Patienten und seinen Organen besteht. Dadurch können Gedanken und Gefühle den Verlauf von Erkrankung beeinflussen - im positiven wie im negativen Sinne.

Die psychosomatische Medizin umfasst daher einerseits alle körperlichen Beschwerden, die als Folge von Gefühlen, Konflikten und seelischen Störungen auftreten, ohne dass der Arzt eine organische Ursache finden kann. Andererseits ist es aber auch möglich, dass der Arzt eine organische Ursache für Beschwerden findet, darüber hinaus aber seelische Probleme als Mitverursacher der organischen Veränderungen vorliegt (z. B. Schilddrüsenüberfunktion). In diesen Fällen ist es oft schwer den Anteil der Psyche am Krankheitsbild festzustellen. Umgekehrt kann eine körperliche Erkrankung zu erheblichen krankheitsspezifischen psychischen Störungen führen, wie beispielsweise Depressionen häufig nach Herzinfarkten auftreten können. Es ist daher heute in der Psychosomatik üblich, von einem Wirkungskreislauf zwischen Psyche und Körper und Körper und Psyche auszugehen, der für das Auftreten von Krankheiten und für deren Rückbildung ärztlich zu beachten ist.

Schon lange sind sich die Ärzte darüber einig, dass viele Krankheiten nicht nur eine Ursache haben, sondern dass die Psyche ihren Teil dazu beiträgt. Negative Gefühle etwa aktivieren den einen bestimmten Bereich im Gehirn, den Hypothalamus. Durch seine Signale produziert die Nebennierenrinde das Stresshormon Kortisol, das seinerseits das Immunsystem des Betroffenen schwächt. Auf diese Weise kann die seelische Verfassung eines Menschen indirekt seine Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten verringern.

Umgekehrt kann allein der Glaube an die Wirksamkeit eines Medikaments oder einer Behandlung einen Menschen heilen. Mediziner sprechen hierbei vom Plazebo-Effekt. Damit beschreiben sie das Phänomen, dass ein Scheinmedikament, das keinen wirksamen Arzneistoff enthält, einen Patienten heilt. Dieser Effekt konnte inzwischen mittels moderner Untersuchungsmethoden nachgewiesen werden: Kernspin-Aufnahmen zeigen, dass nach der Einnahme angeblicher Schmerzmittel genau die Gehirnregionen aktiv werden, die körpereigene Schmerzhemmer produzieren. Auch die unterschiedlichen Behandlungserfolge bei vielen Krankheiten werden oftmals auf den Einfluss der Psyche zurückgeführt. Gerade bei schweren Erkrankungen wie Krebs kann die Psyche mitentscheidend sein, ob eine Behandlung erfolgreich ist oder nicht.

Am häufigsten betroffen von psychosomatischen Störungen sind das Herz/Kreislauf-System, der Skelett/Muskel-Apparat und der Magen-Darm-Trakt. Bei Gefahr schüttet der Körper z. B. vermehrt Adrenalin aus, das wiederum die regelmäßigen Bewegungen des Magen-Darm-Trakts hemmt. Und so kann dem Betroffenen ein Problem schon mal „schwer im Magen liegen".

Für einige der „klassischen" psychosomatischen Krankheiten fanden Ärzte allerdings inzwischen eine organische Ursache:

  • An der Entstehung von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren ist das Bakterium Helicobacter pylori beteiligt. Wird es mittels Antibiotikum vollständig beseitigt, heilen auch die Geschwüre ab.
  • Hinter manchen Panikattacken stecken spontan auftretende Herzrhythmusstörungen, die unerkannt geblieben sind. Eine medikamentöse Behandlung der Herzbeschwerden beseitigt die anfallartigen Angstzustände.

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