09.09.2020

Muskelschwund ist eine der wichtigsten Diagnosen in der Altersmedizin

Die sog. Sarkopenie (Muskelschwund) geht mit erheblichen Konsequenzen für die Betroffenen einher: Die Mobilität ist eingeschränkt und sowohl die Sturzrate als auch die Mortalität steigen erheblich.

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Wenn wir an Medizin denken, so denken wir an viele Organe und Organsysteme und die verschiedenen medizinischen Spezialgebiete. Die Muskulatur kommt uns dabei meist nicht in den Sinn. Allenfalls diejenigen, die Sport treiben, bekommen sie manchmal schmerzhaft zu spüren. Für ältere Patienten ist die Funktion der Skelettmuskulatur allerdings ebenso relevant und wichtig wie der Herzmuskel für den Patienten mit Herzinsuffizienz.

Muskelschwund (Sarkopenie) im Sinne eines übersteigerten Verlustes der Muskelmasse und der Muskelfunktion ist erst in den vergangenen Jahren so richtig in den Fokus der Forschung gerückt. Die Muskulatur ist das größte Organ des menschlichen Körpers, ihre Existenz wird meist nur wahrgenommen, wenn wir zum Beispiel bei sportlichen Aktivitäten, an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gelangen. Ältere Menschen hingegen erleben diese Grenzen oft täglich, manchmal ständig, da sie sich mit ihren Alltagsleistungen bereits an den Grenzen der muskulären Leistungsfähigkeit bewegen. Verantwortlich hierfür ist ein kontinuierlicher altersassoziierter Abbau der Muskulatur, der bereits im jungen Erwachsenenalter beginnt und dessen Ausmaß stark abhängig ist von unserer körperlichen Aktivität und von unserer Ernährung. So gehen Experten davon aus, dass ältere Menschen jährlich durchschnittlich etwa ein Prozent ihrer Muskelmasse und drei bis vier Prozent ihrer Muskelkraft verlieren.

Problematisch und krankhaft wird es, wenn dieser Abbau wegen geringer körperlicher Aktivität oder Fehlernährung übersteigert abläuft oder wenn durch katabole Krisen – also durch den Abbau körpereigener Substanzen – im Rahmen von Erkrankungen innerhalb kurzer Zeit sehr viel Muskulatur verloren geht. Erlangt dieser Verlust ein Ausmaß, das für den Patienten von funktioneller Relevanz ist, so sprechen Mediziner heutzutage von Sarkopenie.

„Sarkopenie ist eine der wichtigsten Diagnosen in der Geriatrie“, betont Prof. Alfonso J. Cruz-Jentoft, Leiter der Geriatrischen Klinik des Universitätskrankenhauses Ramón y Cajal in Madrid. Der Geriater hat sich bei der Beschreibung des Krankheitsbildes und der konsentierten Definition des Krankheitsbildes ganz besondere Verdienste erworben.

Ist die Muskulatur soweit abgebaut, dass die Diagnose der Sarkopenie gestellt werden kann, geht dies mit erheblichen Konsequenzen für die Betroffenen einher. Die Mobilität wird schlechter, die Sturzrate und die Mortalität steigen erheblich. Auch Dinge, die Betroffene zunächst nicht mit einer Sarkopenie in Verbindung bringen, sind von hoher Relevanz. So konnte mehrfach gezeigt werden, dass Sarkopenie beispielsweise mit einem deutlich erhöhten Risiko für Schluckstörungen einhergeht.

Sarkopenie ist meist keine schicksalhafte Diagnose, sondern ihr kann wirksam begegnet werden. Wie häufig ältere Menschen von einem Versagen der Muskulatur betroffen sind, welche Auswirkungen dies mit sich bringt und dass wir alle dem vorbeugend begegnen können, muss in der Bevölkerung bekannter gemacht werden. Ist die Muskulatur erst verloren, so ist es doppelt schwer, diese zurückzuerlangen. Doch selbst auch dies ist möglich. Inzwischen zeigen zahlreiche Trainingsstudien, dass auch im hohen Alter wirksam trainiert werden kann. Auch die Ernährung spielt hier eine wesentliche Rolle.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG)

 

 

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