24.01.2022

Auch ein sportlich trainierter Skelettmuskel kann das Herz schützen

Musclin, ein hormonähnlicher Botenstoff des Skelettmuskels, kann als Schutzfaktor vor einer krankhaften Überlastung des Herzens wirken, also dazu beitragen, Herzschwäche zu vermeiden.

Die chronische Herzschwäche ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Die Ursachen für eine Herzinsuffizienz können vielfältig sein, zu den begünstigenden Risikofaktoren zählen beispielweise Bluthochdruck, Erkrankungen des Herzmuskels oder ein Herzinfarkt. Besonders gefährdet sind die etwa 20 Prozent der Patienten, die im Zuge der Erkrankung einen signifikanten Abbau von Muskelgewebe zeigen. Gegenüber Patienten ohne Muskelschwund haben diese ein deutlich höheres Risiko, an der Herzschwäche zu versterben.

Dass auch Skelettmuskeln mit dem Herzen interagieren und dieses schützen, haben jetzt Wissenschaftler des European Center for Angioscience (ECAS) der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gezeigt, die den Zusammenhang zwischen dem Abbau von Skelettmuskeln und der Herzschwäche untersucht haben (siehe Nature Communications, online am 10.1.2022). Sie sind dabei einem Botenstoff des Muskels, einem sogenannten Myokin, auf die Spur gekommen, der das Herz im Normalfall schützen kann. Der hormonähnliche Botenstoff heißt Musclin, wird im Skelettmuskel – nicht aber im Herzmuskel – gebildet und schützt das Herz auf zweierlei Weise: Musclin stärkt die Kraft der Herzmuskelzelle und verhindert die Ablagerung von Bindegewebe – und wirkt damit einer Fibrose entgegen.

Ihre Erkenntnisse gewannen die Wissenschaftler anhand von Mausmodellen. Wie beim Patienten zeigen sich auch im Mausmodell der Herzinsuffizienz stark erniedrigte Level an Musclin, sowohl im Muskel als auch im zirkulierenden Blut. Wird diesen herzschwachen Mäusen mittels Gentherapie Musclin in den Skelettmuskel verabreicht, also ein Mehr an Musclin erzeugt, so mildert dies die Herzschwäche. Dass ein Fehlen von Musclin im Skelettmuskel die Herzschwäche verschlechtert, zeigen genetische veränderte Mäuse, denen Musclin spezifisch im Skelettmuskel fehlt.

Musclin wird vor allem in Skelettmuskeln gebildet. Von dort gelangt es über den Blutstrom in das Herz, wo es unterschiedliche Reaktionen auslöst: Bindet Musclin an Herzmuskelzellen, so stärkt dies deren Muskelkraft, bindet es an Bindegewebszellen, so unterbindet es die Fibrose. „Wir haben damit erstmals gezeigt, dass der Skelettmuskel Stoffe ausschüttet, die über den Blutfluss dem Herzen zugeführt werden und dieses schützen“, fasst Dr. Malgorzata Szaroszyk, eine der beiden Erstautoren der Studie, zusammen.

„Da der Botenstoff Musclin beim Sport vermehrt gebildet wird, nehmen wir an, dass ein sportlich trainierter Muskel zur Herzgesundheit beitragen kann“, ergänzt Dr. Badder Kattih, ebenfalls Erstautor der Studie.

Für die Therapie der chronischen Herzinsuffizienz eröffnen die aktuellen Forschungsergebnisse eine mögliche Strategie: „Da in der Skelettmuskulatur von Patienten mit Herzinsuffizienz eine verringerte Expression des Musclins festzustellen ist, wäre es durchaus denkbar, dass eine Überexpression dieses Proteins im Muskel der Erkrankung entgegenwirken könnte“, folgert Prof. Heineke zuversichtlich.

Quelle: Universitätsmedizin Mannheim

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