01.11.2017

Bluttest sagt Tumorresistenz bei Prostatakrebs vorher

Ob eine Tumortherapie noch anschlägt oder nicht, kann ein an der Technischen Universität München (TUM) neu entwickelter Bluttest für schwerkranke Prostatakrebs-Patienten vorhersagen.

Wenn Bakterien unempfindlich gegenüber Antibiotika (resistent) werden, können diese Medikamente nicht mehr gegen sie wirken. Auch Tumorzellen können sich so verändern, dass bestimmte Krebsmittel nicht mehr helfen. Für Krebspatienten und behandelnde Ärzte ist es deshalb wichtig, schon früh zu wissen, ob eine Therapie noch anschlägt oder nicht. Diese Vorhersage lässt sich jetzt mit einem an der Technischen Universität München (TUM) neu entwickelten Bluttest für schwerkranke Prostatakrebs-Patienten treffen (siehe European Urology, Online-Vorabveröffentlichung am 14.8. 2017).

Tumorzellen bei Prostatakrebs brauchen zum Wachsen das Hormon Testosteron. Sie haben dazu einen Rezeptor, an den das Hormon bindet und der dann der Zelle das Signal zum Wachsen und Teilen gibt. Ist ein Tumor groß und beginnt sich bereits im Körper auszubreiten, setzen Medikamente deshalb an diesem Punkt an: sie blockieren entweder den Rezeptor, so dass Testosteron nicht mehr binden kann oder sie hemmen die Testosteronbildung im Körper. Zwei der am häufigsten eingesetzten Medikamente sind Abirateron und Enzalutamid.

Manche Tumorzellen aber entwickeln Resistenzen und wachsen trotz Therapie weiter. Der Grund hierfür ist, dass sich die Struktur des Rezeptors verändert hat: Die neue Variante gibt auch ohne Testosteron kontinuierlich das Signal zur Zellteilung. Der am häufigsten vorkommende so veränderte Rezeptor heißt AR-V7. „Wenn wir vorher wissen, ob ein Tumor Zellen mit diesem Rezeptor entwickelt hat, können wir frühzeitig individuell beraten – das kann schwerkranken Patienten eine unwirksame Therapie ersparen“, erklärt Privatdozent Dr. Matthias Heck, Ko-Leiter der Studie und Facharzt für Urologie am Klinikum rechts der Isar der TUM.

Sein Team hat mit Kolleginnen und Kollegen um Dr. Dr. Christof Winter, Arzt und Bioinformatiker und Leiter der Arbeitsgruppe Liquid Profiling und Bioinformatik am Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie der TUM, einen neuen Bluttest entwickelt. Dieser kann den veränderten Rezeptor AR-V7 frühzeitig, zuverlässig und günstig messen und so erkennen, ob der Tumor resistent gegen Abirateron und Enzalutamid ist. Bisherige Tests suchen nach Tumorzellen im Blut, indem sie bestimmte Oberflächenstrukturen auf den Zellen erkennen. Das ist zeitaufwändig und teuer, da spezielle Geräte notwendig sind. Fehlen den Zellen zudem die Oberflächenstrukturen, nach denen gesucht wird, findet der Test sie nicht.

Der neue Test geht stattdessen einen anderen Weg: Er analysiert die Menge von AR-V7 RNA-Molekülen im Blut. RNAs sorgen in Zellen unter anderem für die Umsetzung genetischer Informationen in Proteine wie zum Beispiel Rezeptoren. Ist im Blut viel AR-V7 RNA messbar, hat der Patient bereits resistente Zellen gegen Abirateron und Enzalutamid entwickelt. Dr. Silvia Thöne, Ko-Erstautorin der Studie, betont die hohe Sensitivität des Verfahrens: „Für unseren Test ist bereits eine geringe Menge an RNA-Molekülen in der Probe ausreichend. Zudem ist die AR-V7-RNA in jeder Tumorzelle mit dem resistenten Rezeptor vorhanden, uns rutscht also keine Zelle durch.“

Das Team aus Forscherinnen und Forschern untersuchte das Blut von 85 Patienten, die eine fortgeschrittene Form von Prostatakrebs hatten. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass etwa ein Fünftel der Patienten große Mengen von AR-V7-RNA im Blut hatten, ein Zeichen für resistente Tumorzellen. Genau diese Patienten sprachen nicht auf die Therapie mit Abirateron und Enzalutamid an. Sie hatten im späteren Verlauf ihrer Erkrankung zudem schlechtere Prognosen: Der Tumor kam früher wieder zurück und sie überlebten kürzer.

„Wir konnten damit zeigen, dass wir eine zuverlässige Vorhersage treffen können, ob eine Resistenz gegenüber Abirateron oder Enzalutamid besteht“, fasst Christof Winter zusammen. Im nächsten Schritt soll das Verfahren noch weiter verbessert und an einer größeren Patientengruppe mit bestehenden Tests verglichen werden. Damit wollen die Forscherinnen und Forscher klären, ob das Verfahren in der Zukunft als Routineuntersuchung einsetzbar ist.

Quelle: Technische Universität München

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