04.09.2018

Für eine nebenwirkungsärmere Behandlung von Rheumatoider Arthritis

Die Aufdeckung der molekularen Mechanismen der Kortisonbehandlung sollen zu einer gezielteren und somit nebenwirkungsarmen Therapie rheumatischer Erkrankungen beitragen.

Mit über einer halben Million Betroffenen alleine in Deutschland ist die Rheumatoide Arthritis die häufigste chronische Gelenkentzündung du damit eine Volkskrankheit. Zur Schmerzlinderung werden Patienten oft viele Jahre mit kortisonhaltigen Medikamenten behandelt. Doch eine solche Langzeittherapie kann schwere Nebenwirkungen haben – von Osteoporose bis Diabetes. Eine Forschergruppe um Prof. Jan Tuckermann von der Universität Ulm und Dr. Ulrike Baschant von der TU Dresden hat nun bisher unverstandene molekulare Mechanismen der Kortisonbehandlung aufgedeckt und für die Entzündungshemmung wichtige Zelltypen identifiziert. Die Ergebnisse sollen zu einer gezielteren und somit nebenwirkungsarmen Therapie rheumatischer Erkrankungen beitragen (siehe Annals of the Rheumatic Diseases, Online-Veröffentlichung am 11.7.2018). Dabei sollen Patienten möglichst ohne gesundheitliche Risiken vom schmerzstillenden Effekt des Arzneistoffs profitieren.

In der Zellkultur und in Mausmodellen mit teils ausgeschaltetem Kortisonrezeptor konnte die Gruppe zeigen, dass so genannte synoviale Fibroblasten eine herausragende, aber indirekte Rolle für die schmerzstillende Kortisontherapie spielen. Dabei handelt es sich um Bindegewebszellen im Gelenkspalt, die sich bei einer Arthritis stark ausbreiten und die Entzündung fördern. Bei einer Behandlung mit Kortison aktivieren diese Fibroblasten vor allem Fresszellen (Makrophagen), die Entzündungsherde beseitigen. Demgegenüber ist die direkt durch den Kortisonrezeptor vermittelte Wirkung des Arzneistoffes auf Immunzellen gering. „Bisher wurde die Wirkung kortisonhaltiger Präparate auf synoviale Fibroblasten lediglich in der Zellkultur untersucht, wodurch sich das Zusammenspiel mit anderen Zellen schwer nachvollziehen lässt. Jetzt konnten wir allerdings erstmals im Mausmodell zeigen, dass gerade die Interaktion der Fibroblasten mit den Fresszellen entscheidend für den Erfolg der antientzündlichen Kortisontherapie ist“, berichtet Prof. Jan Tuckermann, Leiter des Ulmer Instituts für Molekulare Endokrinologie der Tiere. Außerdem gelang es den Forschenden eine bisherige Lehrbuchmeinung zu widerlegen: Offenbar spielt die Hemmung klassischer Zytokine – das sind Botenstoffe, die die Immunantwort regulieren – nämlich doch keine Schlüsselrolle bei der Arthritis-Behandlung.

Aus diesen Ergebnissen aus dem Labor lassen sich konkrete Verbesserungen für die Rheumatherapie ableiten: „Künftige Medikamente sollten entzündungshemmende Wirkstoffe gezielt an Bindegewebszellen im Gelenkspalt, die synovialen Fibroblasten, abgeben oder an Mediatoren, die wir bei RNA-Analysen identifiziert haben“, erklärt Mascha Koenen von der Uni Ulm, Erstautorin der Studie. Werden diese pharmakologischen Zielscheiben direkt anvisiert, könnte die Behandlung rheumatischer Erkrankungen optimiert und Nebenwirkungen reduziert werden. Denn von der chronischen Gelenkentzündung sind längst nicht nur Senioren betroffen: Rheumatoide Arthritis kann in jedem Lebensalter auftreten – und gerade bei jüngeren Patienten sollten gesundheitsgefährdende Langzeitfolgen der schmerz- und entzündungshemmenden Therapie verhindert werden.

Quelle: Universität Ulm

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