20.03.2023

Ingwer kann das Immunsystem stimulieren

Geringe Mengen eines Ingwerscharfstoffes versetzen weiße Blutkörperchen im Laborversuch in erhöhte Alarmbereitschaft. Auch Ingwertee in üblichen Konsummengen scheint aber auszureichen.

Ingwer steht in dem Ruf, das Immunsystem zu stimulieren. Neue Ergebnisse des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (Leibniz-LSB@TUM ) unterstützen nun diese These. So versetzten im Laborversuch geringe Mengen eines Ingwerscharfstoffs weiße Blutkörperchen in erhöhte Alarmbereitschaft (siehe Molecular Nutrition and Food Research, online seit 23.12.2023). Wie die Studie zudem zeigt, ist an diesem Prozess ein Rezeptortyp beteiligt, der für die Wahrnehmung von schmerzhaften Hitzereizen sowie das Schärfeempfinden von Speisen eine Rolle spielt.

Ob als Heilpflanze oder Lebensmittel, Ingwer erfreut sich auch in Deutschland zunehmender Beliebtheit. So hat sich laut statistischem Bundesamt mit ca. 31.600 Tonnen die jährliche Einfuhrmenge der fruchtig-scharfen Knolle innerhalb der letzten zehn Jahre fast vervierfacht. Doch auch wenn der Ingwerkonsum gestiegen ist, stellt sich die Frage, ob übliche Verzehrmengen ausreichen, um gesundheitliche Effekte zu erzielen. Und wenn ja, welche Inhaltsstoffe und molekulare Mechanismen hierbei eine Rolle spielen.

Um zur Klärung der Fragen beizutragen, führte ein Team um Veronika Somoza, Direktorin des Freisinger Leibniz-Instituts, umfangreiche Untersuchungen durch. Ausgangspunkt bildeten dabei die Ergebnisse einer früheren Pilotstudie, an der auch Erstautorin Gaby Andersen vom Leibniz-LSB@TUM maßgeblich beteiligt war. Wie die Studie zeigt, gelangen ca. 30 bis 60 Minuten nach dem Konsum von einem Liter Ingwertee (zubereitet aus 100 g einer frischen chinesischen Ingwerknolle , die geschält und zerkleinert, mit einem Liter kochendem Wasser überbrüht und 15 Minuten ziehen gelassen wurde) signifikante Mengen von Ingwerscharfstoffen ins Blut.

Die mit Abstand höchsten Werte erzielte dabei der Scharfstoff Gingerol. Von dem Scharfstoff ist bekannt, dass er seine „geschmackliche“ Wirkung über den sogenannten TRPV1-Rezeptor entfaltet. Bei letzterem handelt es sich um einen Ionenkanal, der auf der Oberfläche von Nervenzellen sitzt und auf Hitze- und Schmerzreize sowie auf Scharfstoffe aus Chili und Ingwer reagiert. Ebenso lassen einige Studien annehmen, dass auch weiße Blutkörperchen über den Rezeptor verfügen. Daher prüfte das Forschungsteam, ob Gingerol im Zusammenspiel mit dem Rezeptor die Aktivität solcher Immunzellen beeinflusst.

In einem ersten Schritt gelang es dem Team, den Rezeptor in neutrophilen Granulozyten nachzuweisen. Die Zellen machen etwa zwei Drittel der weißen Blutkörperchen aus und dienen dazu, eindringende Bakterien abzuwehren. Im Versuch reichten ehr geringe Gingerol-Konzentrationen aus, um über den TRPV1-Rezeptor die Aktivität von Immunzellen zu beeinflussen. Im Blut ließen sich solche Konzentrationen theoretisch durch den Konsum von gut einem Liter Ingwertee erzielen, erläutert Gaby Andersen. „Damit stützen unsere Ergebnisse die Annahme, dass der Konsum üblicher Ingwermengen ausreichen kann, zelluläre Antworten des Immunsystems zu modulieren. Dennoch sind noch viele Fragen auf molekularer, epidemiologischer und medizinischer Ebene offen, die es gilt, mithilfe einer modernen Lebensmittel- und Gesundheitsforschung zu klären“, schließt Veronika Somoza.

Quelle: Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie


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