23.04.2018

Lymphdrüsenkrebs programmiert Immunzellen um

Lymphdrüsenkrebs kann spezielle Immunzellen (die dendritischen Zellen) so umprogrammieren, dass diese das Lymphomwachstum fördern, anstatt den Körper gegen Krebs zu verteidigen.

Kombinierte Chemo- und Immuntherapien haben in den letzten Jahren dazu beigetragen, die Überlebenschancen bei Lymphdrüsenkrebs deutlich zu verbessern. Dennoch können Ärzte bislang Patienten mit therapeutisch unbeeinflussbaren und rasch wiederkehrenden Lymphomen nicht helfen. Eine Forschungsgruppe um Dr. Armin Rehm und PD Dr. Uta E. Höpken im Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) hat nun einen Mechanismus gefunden, der dafür verantwortlich ist und über den sich möglicherweise in Zukunft das Tumorwachstum hemmen lässt.

Bei Tumoren der Milz und im Lymphknoten ist das Zusammenspiel zwischen Krebs und Immunsystem noch perfider als in soliden Tumoren wie dem Darm- oder Prostatakrebs. Vorhandene Blut- und Immunzellen werden hier, wie das Team um Armin Rehm und Uta E. Höpken zeigen konnte, in ihren Reifungs- und Funktionszuständen so umprogrammiert, dass sie nicht nur das Lymphomwachstum fördern, sondern den Tumor zusätzlich vor den Attacken der Immunabwehr schützen. Die Forscher fanden zudem heraus, dass speziellen Immunzellen, den dendritischen Zellen (englisch: dendritic cells, im Folgenden DCs abgekürzt) dabei eine Schlüsselrolle zukommt.

Da Lymphomzellen außerhalb des Körpers in der Regel nicht wachsen, stellten sich die Forscher die Frage, welchen Einfluss die unmittelbare Umgebung auf das Überleben und die Zellteilung dieser Tumorzellen hat. Beobachtungen in der Klinik hatten bereits die wechselseitige Abhängigkeit von Zellen des aggressiven Lymphdrüsenkrebs und ihrem umgebenden Mikromilieu gezeigt. Doch warum genau versagen die Abwehrmechanismen bei Lymphomen so offensichtlich? Um diese Frage zu beantworten, schlüsselte das Team zunächst auf, welche im Lymphknoten und der Milz vertretenen Immunzellen in einer Wechselwirkung zu den Lymphomzellen stehen.

Die Berliner Forscher konnten in Versuchen mit Mäusen zeigen, dass die Tumore eines aggressiven Lymphoms deutlich langsamer wuchsen, nachdem sie die dendritischen Zellen gezielt ausgeschaltet hatten. Zudem entdeckten sie, dass dendritische Zellen, die aus Lymphom-tragenden Lymphorganen isoliert werden, einen geringeren Reifungsstatus als gewöhnlich aufweisen. Darüber hinaus schütten sie Wachstumsfaktoren aus, die das Lymphomwachstum fördern, und sie sind deutlich schlechter in der Lage, die schützenden T-Lymphozyten (weiße Blutkörperchen) zu stimulieren und damit die normalen Abwehrfunktionen zu aktivieren.

Verantwortlich für diese Veränderungen ist ein bestimmtes Gen, der Transkriptionsfaktor C/EBP?. Wenn die dendritischen Zellen mit Lymphomzellen in Kontakt kommen, regulieren sie dieses Gen hoch. Dadurch verharren die DCs in einem unreifen Zustand. Zudem sorgt das Gen für die Ausschüttung tumorfördernder und entzündlicher Faktoren. Schaltet man C/EBP? im Mausmodell aus, so lässt sich die Immunkompetenz der dendritischen Zellen wieder verbessern. Sie fördern dann nicht mehr das Wachstum für Lymphome.

Ziel der Forscher ist es nun, Medikamente zu entwickeln, welche die C/EBP?-Expression hemmen beziehungsweise die Reifung der dendritischen Zellen forcieren. So wollen sie die Immunabwehr stärken und die Wachstumsförderung für den Krebs ausschalten. Einen pharmakologischen Hemmstoff hat das Team bereits getestet: Rapamycin verminderte die wachstumsstimulierende Funktion von DCs deutlich. Der Erfolg gibt nun Anlass, nach weiteren gezielten Hemmstoffen der C/EBP?-Expression zu suchen.

Quelle: Wilhelm Sander-Stiftung

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