06.01.2020
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) - wie behandeln?
CED-Patienten sollten regelmäßig auf das Vorliegen eines Eisenmangels und einer Anämie untersucht werden, raten Gastroenterologen anlässlich des DGVS-Kongresses in Wiesbaden.
Bis zu 80% der Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) weisen einen Eisenmangel und etwa ein Drittel eine Anämie auf. Für die Betroffenen kann dies eine erhebliche Erhöhung des Leidensdrucks und Einbuße an Lebensqualität bedeuten. Aktuelle Leitlinien raten daher, CED-Patienten regelmäßig auf das Vorliegen eines Eisenmangels und einer Anämie hin zu untersuchen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Bestimmung der Transferrinsättigung (TSAT). Zur Eisensubstitution bei CED-Patienten mit Eisenmangelanämie empfehlen die Leitlinien eine intravenöse Eisengabe bei klinisch aktiver CED, Unverträglichkeit von oralem Eisen, Hb-Werten < 10 g/dl2,4,5 und Therapien mit Erythropoese-stimulierenden Agentien. Bei der intravenösen Eisensubstitution können die durch den Hepcidin-Block (s.a. unten) gehemmte Eisenresorption aus dem Darm sowie gastrointestinale Nebenwirkungen umgangen werden.
Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, ist ein Eisendefizit keine Seltenheit: Zwischen 60-80% der CED-Patienten leiden an einem Eisenmangel und etwa ein Drittel weist eine Anämie auf. Die Anämie mit all ihren potenziellen negativen Konsequenzen ist die häufigste systemische Komplikation und extraintestinale Manifestation bei CED. Sie wird in bis zu 90% der Fälle durch ein Eisendefizit verursacht. Daher sollten CED-Patienten leitliniengerecht regelmäßig hinsichtlich eines Eisenmangels überwacht und gegebenenfalls adäquat behandelt werden, betonten die Experten Prof. Dr. Dieter Schilling, Mannheim, und PD Dr. Ulrike von Arnim, Magdeburg, bei einem Symposium mit dem Titel „Eisenmangel-Management bei Patienten mit CED“ im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in Wiesbaden.
CED-assoziierter Eisenmangel ist multifaktoriell bedingt. Mögliche Ursachen sind kontinuierlicher Blutverlust durch Geschwüre (Ulzerationen) der Darmschleimhaut, Mangelernährung (Malnutrition) mit verminderter Eisenaufnahme und/oder verminderte Resorption über die geschädigte Darmmukosa. Hinzu kommt, dass bei (chronischen) entzündlichen Prozessen das Gleichgewicht zwischen Eisenaufnahme, -umbau und -verbrauch (systemische Eisenhomöostase) gestört ist und nicht genügend Eisen zur Verfügung steht. Das Peptidhormon Hepcidin spielt dabei eine zentrale Rolle: Bei entzündlichen Erkrankungen wird die Hepcidin-Synthese stimuliert. Hepcidin wiederum induziert einen Abbau des membranständigen Eisentransporters Ferroportin, sodass die Freisetzung aus den Speichern und die Eisenaufnahme im Dünndarm deutlich verringert werden (Hepcidin-Block). Als negative Folge für den Patienten können sich zunächst ein Eisenmangel und schließlich eine Anämie entwickeln. Man spricht dann von einer Anämie der chronischen Erkrankung.
Eisen erfüllt im Organismus zahlreiche Funktionen. Folglich zeigt ein Eisenmangel vielgestaltige Auswirkungen, die die Patienten im Alltag stark beeinträchtigen können. Mögliche Symptome sind Erschöpfung, Fatigue, kognitive Einschränkungen, Kopfschmerzen sowie Störungen der Schleimhaut-regeneration. Da Symptome wie Fatigue und eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit auch häufige Begleiter von CED sind, besteht die Gefahr, den Eisenmangel zu übersehen. Bleibt der Eisenmangel unbehandelt, kann der Weg in die Eisenmangelanämie führen. Diese ist bei den ohnehin krankheitsbedingt belasteten Patienten mit einer Verringerung der Lebensqualität verbunden und zudem mit häufigeren Krankenhausbehandlungen verbunden. „Wir sind als Gastroenterologen häufig mit Eisenmangel konfrontiert: die Patienten sind erschöpft und schwach, ihre Lebensqualität wird durch das Eisendefizit zusätzlich beeinträchtigt. Dieser Belastung müssen wir entgegenwirken, indem wir den Eisenmangel behandeln“, appellierte Schilling.