18.11.2021
Die Nierenersatztherapie mit Lithium verlängern
Eine Nierendialyse mit der Bauchfellmembran als Filter und zugesetztem Lithium kann eine Vernarbung des Bauchfells verhindern und somit Komplikationen verringern.
Die Peritonealdialyse ist, so wie die klassische Hämodialyse, eine Form der Nierenersatztherapie, die jedoch als Folge des Versagens des Bauchfells oft nur für begrenzte Zeit einsetzbar ist. Forschende der MedUni Wien konnten nun zeigen, dass ein bestimmtes Protein an der fibrotischen (vernarbende) Degeneration des Bauchfells ursächlich beteiligt ist. Eine am Christian Doppler Labor für Molekulare Stressforschung in der Peritonealdialyse entwickelte neue Dialyselösung mit zugesetztem Lithium kann diese negative Entwicklung verhindern und Komplikationen reduzieren (siehe Science Translational Medicine, online am 25.8.2021).
Die Zahl der Patientinnen und Patienten mit chronischer Nierenerkrankung oder Verlust der Nierenfunktion steigt weltweit und damit auch die Zahl der Menschen, die eine Nierenersatztherapie benötigen. Der Verlust der Nierenfunktion betrifft ungefähr 3 Millionen Menschen, vom Säugling bis zu geriatrischen Patientinnen und Patienten. Die steigenden Zahlen (5-8 % pro Jahr) sind zum Teil auf das zunehmende Vorkommen von Bluthochdruck, Diabetes und Alterung zurückzuführen.
Eine der wichtigsten Aufgaben der Nieren ist es, Stoffwechselprodukte aus dem Blut zu filtern. Sind die Nieren dazu nicht mehr in der Lage, muss das Blut mittels Dialyse künstlich gereinigt und entwässert werden. Ein Teil der Patientinnen und Patienten setzt die flexible Methode der Peritonealdialyse (PD) ein, bei der die Membran des Bauchfells als Filter verwendet wird. Vorteil gegenüber der klassischen Hämodialyse ist die Möglichkeit, diese selbstständig zu Hause durchzuführen, was die Lebensqualität erhöht. Zusätzlich kann durch diese gefäßschonende Form der Entfernung von überschüssigem Wasser und gelösten harnpflichtigen Stoffen eine noch vorhandene Restfunktion der Nieren oft besser erhalten werden. Allerdings sind die in der Bauchfelldialyse eingesetzten Lösungen immer noch der Schwachpunkt der Therapie. Sie können Fibrose, Gefäßschäden und Entzündungen auslösen.
Innovative Lösungen sollen helfen, das Peritoneum möglichst lange zu erhalten, um den Patientinnen und Patienten ein weitestgehend normales Leben bzw. Wartezeit auf eine Transplantation zu ermöglichen. Das neuartige Konzept der Zytoprotektion durch Zusätze zu PD-Lösungen entstammt der Forschung an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien. Diese Strategie der Wiederverwendung von Arzneimitteln als Zusatzstoffe bietet zusätzlich eine beschleunigte und kostengünstige klinische Prüfung und Anwendung.
„Unserem Konzept folgend, PD-Flüssigkeiten mit zytoprotektiven Zusatzstoffen zu ergänzen, fanden wir in unserer aktuellen Studie heraus, dass Lithiumchlorid (LiCl) das Überleben der Zellen bei ansonsten schädlicher Exposition mit PD-Lösungen verbessert“, erklärt Klaus Kratochwill, Leiter des Christian Doppler Labors für Molekulare Stressforschung in der Peritonealdialyse an der MedUni Wien.
Erstautorin Rebecca Herzog und das Team identifizierten in Analysen peritonealer Mesothelzellen von Patientinnen und Patienten alpha-B-Crystallin als Schlüsselprotein. Dieses war in allen Experimenten durch Stimulation mit PD-Flüssigkeit hochreguliert und förderte die Veränderung von Epithelzellen zu mesenchymalen Zellen. Durch die Zugabe von Lithiumchlorid wurde alpha-B-Crystallin aber verringert, die Verdickung des Bauchfells reduziert und die Bildung von Fibrosemarkern in den Mesothelzellen verringert. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine Zugabe von Lithiumchlorid die Peritonealdialyse-Therapie beim Menschen verlängern könnte“, erklärt Herzog. Und Kratochwill fügt hinzu: „Das trägt dazu bei, dass Betroffene diese flexiblere Methode der Nierenersatztherapie in Zukunft mit weniger Komplikationen und dadurch länger und in besserer Lebensqualität erhalten können.“
Quelle: MedUni Wien
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