27.07.2017

Herzschwäche und gestörte Darmflora bedingen sich gegenseitig

Herzschwäche geht mit dem Verlust wichtiger Darmbakterien einher. Umgekehrt kann eine gestörte Darmflora Entzündungsprozesse hervorrufen, die zu Herzschwäche führen können.

Im Darm von Patienten mit einer Herzschwäche kommen wichtige Bakteriengruppen seltener vor und die Darmflora ist nicht so vielfältig wie bei gesunden Personen. Daten der Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) liefern wertvolle Ansatzpunkte, um zu verstehen, wie die veränderte Besiedlung des Darms mit der Entwicklung und dem Fortschreiten der Herzschwäche zusammenhängt (siehe ESC Heart Failure, Online-Veröffentlichung am 21.4.17). 

Schon länger ist bekannt, dass Herzschwäche und Darmgesundheit miteinander verknüpft sind. So ist der Darm bei einer Herzschwäche schlechter durchblutet, die Darmwand verdickt und durchlässiger, wodurch Bakterien und bakterielle Bestandteile ins Blut gelangen können. Außerdem wissen Wissenschaftler, dass bei anderen Zivilisationskrankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2 die Zusammensetzung der Darmbakterien verändert ist. Vor diesem Hintergrund haben Forscher am DZHK-Standort Hamburg/Kiel/Lübeck untersucht, ob und wie sich die Darmflora bei Patienten mit einer Herzschwäche verändert.

Dafür haben sie die Darmbakterien aus Stuhlproben von gesunden Personen und Personen mit einer Herzschwäche analysiert. Das Projekt unter Leitung von Professor Norbert Frey vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, fand in enger Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Professor Andre Franke an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel statt, die Teile des bakteriellen Erbguts zur Unterscheidung der Mikroorganismen entschlüsselte. Die Ergebnisse zeigen, dass bei Herzschwäche-Patienten erheblich weniger unterschiedliche Bakterien im Darm vorkommen als bei gesunden Kontrollpersonen. Einzelne wichtige Bakterienfamilien sind stark reduziert. Noch ist unklar, ob die Darmflora als Folge der Herzschwäche verändert ist oder ob sie eventuell auch ein Auslöser für diese Erkrankung sein könnte.

„Natürlich beeinflussen auch andere Faktoren die Zusammensetzung unserer Darmbakterien. Man weiß, dass sich die Darmflora eines Veganers, der anfängt Fleisch zu essen, innerhalb von drei Tagen verändert", erläutert Privatdozent Dr. Mark Lüdde vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel. Deshalb haben die Kieler Forscher die Ernährungsgewohnheiten vorher abgefragt. Personen mit einer extremen Diät, wie einer veganen Ernährung, haben sie nicht für ihre Untersuchung zugelassen, sondern für beide Gruppen Personen ausgewählt, die eine Standarddiät mit Fleisch und Gemüse zu sich genommen haben.

Neben der Ernährung wirken sich auch Medikamente auf die Darmflora aus. Daher war es wichtig, dass auch die Kontrollgruppe Arzneimittel eingenommen hat, die Patienten mit einer Herzschwäche routinemäßig nehmen müssen. Antibiotika durften seit mindestens drei Monaten nicht mehr verabreicht worden sein. Ebenso waren in beiden Gruppen Raucher vertreten. Alle Teilnehmer kamen aus derselben Region und Alter, Geschlechterverteilung sowie BMI waren in beiden Gruppen gleich.

Das beobachtete Muster der reduzierten Bakteriengattungen und -familien scheint sehr charakteristisch für die Herzschwäche zu sein, weshalb diese Ergebnisse Ansatzpunkte für neue Therapien sein könnten. So kamen die Abweichungen zwischen gesunden und Personen mit Herzschwäche hauptsächlich durch den Verlust von Bakterien der Gattungen Blautia und Collinsella zustande, sowie durch zwei bislang unbekannte Gattungen, die zu den Familien Erysipelotrichaceae und Ruminococcaceae gehören.

Andere Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass das Vorkommen von Blautia Entzündungen eindämmt. Ebenso ist die Gattung Faecalibacterium mit entzündungshemmenden Mechanismen assoziiert. Sie ist auch, aber nicht nur, bei Herzinsuffizienz-Patienten verringert. Da Herzschwäche von einer chronischen Entzündung begleitet wird, ist eine Theorie, dass die Darmflora selbst die systemische Entzündung fördert. Allgemein nehmen Wissenschaftler zurzeit zwar eher an, dass sich die Darmflora als Konsequenz aus der Herzschwäche verändert. Lüdde und seine Kollegen halten es aber für plausibel, dass ein verändertes bakterielles Profil auch ein Risikofaktor oder früher Krankheitsmarker für die Herzschwäche sein könnte. Dafür spricht, dass ein Stoffwechselprodukt von Darmbakterien, das Trimethylamin-N-oxid (TMAO) kürzlich als ein unabhängiger Risikofaktor für die Sterblichkeit bei Herzschwäche-Patienten beschrieben wurde. Weitere Untersuchungen sind geplant, um die Frage nach Ursache und Wirkung bei der veränderten Darmflora von Herzschwäche-Patienten zu klären. Daraus erhoffen sich die Wissenschaftler neue Erkenntnisse darüber, wie eine Herzschwäche entsteht und verläuft.

Quelle: Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK)

 

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