07.02.2008

Tödlicher Herzinfarkt durch zu niedrigen Blutzucker

Eine amerikanische Studie musste wegen vermehrter Todesfälle vorzeitig abgebrochen werden. Trotzdem sollten Diabetiker ihre Therapie wie empfohlen fortsetzen...

Sehr niedrige Blutzuckerwerte sind für Diabetiker mit Herz-/Kreislaufbeschwerden offenbar besonders schädlich und erhöhen die Gefahr, einen tödlichen Herzinfarkt zu erleiden. Zu diesem völlig unerwarteten Ergebnis kommen amerikanische Wissenschaftler in einer groß angelegten Studie. Nach Bekannt werden der Ergebnisse wurde die Behandlung sofort abgebrochen.

Keine Änderung der Behandlung ohne Rücksprache mit dem Arzt

Trotz dieser Aufsehen erregenden Resultate bleiben Experten bei ihrer Empfehlung, den Zuckerspiegel bei Diabetes konsequent zu senken. „Zu hohe Blutzuckerwerte sind eine Hauptursache für die Gesundheitsschäden durch Diabetes, denn sie schädigen die Blutgefäße und Nervenbahnen", warnt Prof. Eberhard Standl vom Berufsverband Deutscher Internisten und Vorsitzender der Deutschen Diabetes-Union (DDU). „Diabetiker sollten sich deshalb keinesfalls von den neuen Ergebnissen verunsichern lassen. Die Senkung des Blutzuckers ist eine unerlässliche Voraussetzung, um Diabetes erfolgreich behandeln zu können", so der Diabetologe.

Grund für diese Haltung ist eine Besonderheit der amerikanischen Untersuchung. Die Blutzuckerwerte wurden nämlich auf sehr niedrige Werte gesenkt. Gemessen wurde dabei der so genannte HbA1c-Wert, der wichtigste Messwert für den Blutzuckerspiegel. Während in Deutschland ein HbA1c von unter 7,0 bzw. 6,5% angestrebt wird, wurde der Blutzucker in der neuen Studie auf Werte unter 6% gesenkt. Dazu mussten die Patienten bis zu 5-mal am Tag Insulin spritzen und zusätzliche Blutzucker senkende Medikamente einnehmen. Außerdem kontrollierten sie ihre Werte 7- bis 8-mal täglich. „Solch niedrige Blutzuckerwerte werden bei einer Behandlung auf Basis der aktuellen Empfehlungen zur Diabetestherapie jedoch nicht erreicht", betont Prof. Standl.

Bislang haben die Wissenschaftler keine sichere Erklärung für die erhöhte Todesrate bei sehr niedrigen Zuckerwerten. Hinweise auf schädigende Nebenwirkungen von Diabetesmedikamenten, wie sie im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit dem Wirkstoff Rosiglitazon aufgetaucht waren, gibt es nicht. „Möglicherweise führt die starke Blutzuckersenkung zu einer unbemerkt bleibenden, nächtlichen Unterzuckerung der Patienten", vermutet Standl. Vielleicht schadet aber auch eine zu schnelle Absenkung des Zuckerspiegels den Blutgefäßen. „Was auch immer die Gründe sind - Diabetiker sollten sich weiter an die bislang empfohlenen HbA1c-Grenzwerte für den Blutzucker halten", so Standl.

Mehr tödliche Herzinfarkte bei sehr niedrigem Blutzucker

In der groß angelegten ACCORD(Action to Control Cardiovascular Risk in Diabetes)-Studie mit über 10.000 Teilnehmern verglichen Wissenschaftler die Auswirkungen eines HbA1c-Werts unter 6% mit einem Wert zwischen 7 und 7,9%. Die Studie sollte Auskunft darüber geben, ob Diabetiker mit erhöhtem Risiko für Herz-/Kreislauferkrankungen von einem Blutzuckerspiegel unter 6% profitieren - dies entspricht dem Wert von gesunden Erwachsenen. Frühere Studien hatten eine solche Vermutung nahe gelegt.

Eine Zwischenauswertung hat nun ergeben, dass mit diesen Werten 257 Patienten starben, bei einem höheren Wert dagegen nur 203 Patienten. Die ursprünglich bis Juni 2009 angelegte Studie wurde daraufhin sofort abgebrochen und alle Patienten auf moderat niedrige HbA1c-Werte über 7% eingestellt.

Weitere Informationen zum Thema Diabetes finden Sie auch unter www.diabetes-union.de.

 

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