11.09.2019

Vorboten für das Frailty-Syndrom

Eine fortschreitende Altersgebrechlichkeit - das sog. Frailty-Syndrom - scheint mit einem Mangel an Vitamin D, Vitamin E und Carotinoiden zusammenzuhängen.

Vitamin D, Vitamin E und Carotinoide könnten eine maßgebliche Rolle bei der Entstehung der Altersgebrechlichkeit (englisch: frailty) spielen. Denn Menschen mit dem Frailty-Syndrom haben zu wenig dieser Mikronährstoffe im Blut. Zugleich steigt bei ihnen die Konzentration geschädigter Proteine, wie nun ein internationales Team der Forschungsinitiative FRAILOMIC um die DIfE-Forscherin Dr. Daniela Weber berichtet (siehe Journal of Cachexia, Sarcopenia and Muscle, Online-Veröffentlichung am 21.8.19).

In Deutschland gibt es immer mehr ältere Menschen. Nach Angaben des statistischen Bundesamts ist inzwischen rund jeder Fünfte 65 Jahre oder älter. Mit dem Alter wächst nicht nur das Risiko für Krankheiten, sondern auch die Wahrscheinlichkeit, das Frailty-Syndrom zu entwickeln. Das Frailty-Syndrom beschreibt einen Zustand, der oft mit Stürzen, Krankenhausaufenthalten, körperlichen Einschränkungen und einem frühzeitigen Tod einhergeht. „Umso eher die Altersgebrechlichkeit erkannt wird, desto besser können Begleitbeschwerden und Folgeerkrankungen mit Ernährungs- und Bewegungsprogrammen behandelt werden“, erklärt Dr. Daniela Weber, Projektleiterin in der Abteilung Molekulare Toxikologie am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE).

Das Frailty-Syndrom tritt bei älteren Menschen auf. Betroffene sind kraftlos und schwach. Als Folge drohen Stürze und eine eingeschränkte Lebenserwartung. Das Syndrom kann u. a. anhand von fünf Symptomen diagnostiziert werden:

  1. verlangsamte Bewegungen
  2. niedriger Energieumsatz
  3. ungewollter Gewichtsverlust
  4. Schwäche
  5. Erschöpfung

Gegenwärtig wird das Frailty-Syndrom mit verschiedenen Fragebögen erfasst, ergänzt durch teilweise teure Untersuchungen und Tests, bei denen das medizinische Personal auf die aktive Mitarbeit der Patientinnen und Patienten angewiesen ist. „Abgefragte Parameter wie die Handkraft und langsames Gehen hängen stark davon ab, wie gut die Betroffenen mitmachen. Somit ist es schwierig, Altersgebrechlichkeit zuverlässig und rechtzeitig zu diagnostizieren“, erklärt Weber. Um medizinische Tests zu vereinfachen und Diagnosen zu präzisieren, sucht das Forscherteam nach sogenannten Biomarkern, die vermehrt oder verringert im Blut vorkommen.

Für die aktuelle Studie untersuchte das Wissenschaftlerteam die Blutproben von 1.450 Menschen zwischen 65 und 104 Jahren. Die Probandinnen und Probanden aus Frankreich, Italien und Spanien wurden je nach Symptomen in drei Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe bestand aus Menschen ohne Frailty-Syndrom, die zweite Gruppe aus Menschen mit einer Vorstufe des Frailty-Syndroms und die dritte Gruppe aus Menschen mit Frailty-Syndrom. „Wir konnten zeigen, dass die Gruppe mit Frailty-Syndrom im Vergleich zu der Gruppe ohne Frailty-Syndrom eindeutig weniger Vitamin D, Vitamin E und weniger Carotinoide, dafür aber erhöhte Werte von oxidierten Proteinen aufwiesen“, berichtet Bastian Kochlik, Erstautor der Studie und Doktorand am DIfE.

Proteinoxidationen sind Veränderungen an Proteinen, die durch reaktive Sauerstoffspezies und andere chemische Verbindungen hervorgerufen werden. Sie können die Funktion von Proteinen, beispielsweise als Enzym oder Botenstoff, enorm beeinträchtigen. In einer funktionierenden Zelle werden oxidativ veränderte Proteine repariert oder abgebaut. Diese Schutzfunktion lässt jedoch im fortgeschrittenen Alter nach, was zu einer Ansammlung geschädigter Proteine führen kann und mit verschiedenen Krankheiten, darunter auch Diabetes, assoziiert ist.

Die Studienergebnisse unterstreichen die Bedeutung von ernährungsrelevanten Mikronährstoffen und Proteinoxidationen für die Entstehung des Frailty-Syndroms. „Wir hoffen, dass unsere Biomarker irgendwann Einzug in den klinischen Alltag finden. Sie könnten dann genutzt werden, um das Risiko für das Frailty-Syndrom zu ermitteln und um vorbeugende und therapeutische Ernährungsempfehlungen zu geben“, erläutert die Projektleiterin. Im nächsten Schritt möchte das Team herausfinden, wie sich die Biomarker im Verlauf mehrerer Jahre bei einzelnen Probanden verändern, denn so können ursächliche Zusammenhänge besser aufgeklärt werden.

Quelle: Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)

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