18.06.2018

Zucker beeinflusst Stoffwechselvorgänge in Darm, Leber und Gehirn

Fruktose regt die Entstehung einer Fettleber an. Glukose setzt im Dünndarm das Hormon GIP frei, das ebenfalls für die Entwicklung einer Fettleber verantwortlich ist und Insulinresistenz fördert.

Starkes Übergewicht (Adipositas) ist der größte Risikofaktor für die Entstehung eines Diabetes Typ 2: 80-90 Prozent der Menschen in Deutschland mit Diabetes Typ 2 sind auch adipös. Zuckerhaltige Lebensmittel und Getränke fördern Übergewicht und Typ-2-Diabetes. Dafür ist zum einen der hohe Kaloriengehalt verantwortlich, zum anderen zeigen wissenschaftliche Erkenntnisse, dass Saccharose unabhängig vom Körpergewicht aufgrund seiner Zusammensetzung aus Fruktose und Glukose Stoffwechselabläufe ungünstig beeinflusst: So regt Fruktose die Entstehung einer Fettleber an. Glukose setzt im Dünndarm das Hormon GIP frei, das ebenfalls für die Entwicklung einer Fettleber verantwortlich ist und eine Insulinresistenz fördert (siehe auch Trends in Endocrinology & Metabolism 2018, Band 29/5, Seite:289-299).

Diese neuesten Belege wissenschaftlicher Grundlagen der Stoffwechselschäden durch Zucker erläuterte Prof. Dr. med. Andreas F. H. Pfeiffer, Leiter der Abteilung für Klinische Ernährung am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) Potsdam-Rehbrücke und Leiter der Abteilung für Endokrinologie, Diabetes und Ernährung der Charité Campus Benjamin Franklin/Charité Universitätsmedizin Berlin, im Rahmen der Vorab-Pressekonferenz zum Diabetes Kongress am Donnerstag, den 3. Mai 2018, in Berlin.

In Deutschland sind zwei von drei Männern und jede zweite Frau übergewichtig, knapp ein Viertel ist sogar adipös, also schwer übergewichtig. 13 Prozent der Kinder in Deutschland haben Übergewicht, über sechs Prozent sind adipös. Das sind mehr als doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Adipositas ist zur häufigsten chronischen Erkrankung im Kindes- und Jugendalter geworden. Circa zehn Prozent sehr adipöser Jugendlicher weisen auch eine Störung der Glukosetoleranz auf. Der Zusammenhang zwischen dem Konsum zuckerhaltiger Getränke (Softdrinks) und Übergewicht sowie Typ-2-Diabetes ist in Studien belegt.

„Auch wenn die Gesamtkalorienzahl die Hauptrolle bei der Adipositas-Entstehung spielt, trägt Zucker aufgrund seiner Zusammensetzung gleich mehrfach dazu bei“, berichtet Prof. Pfeiffer. Glukose setzt im oberen Dünndarm aus den sogenannten K-Zellen das Hormon Glukoseinduziertes Insulinotropes Peptid (GIP) frei. „Dadurch bewirkt sie unter anderem die Entstehung einer Fettleber sowie einer Insulinresistenz“, erklärt Prof. Pfeiffer. „Denn das GIP steuert einerseits im Fettgewebe die Lipolyse und sorgt dafür, dass weniger Fett aus den Speichern nach einer Mahlzeit verbrannt werden kann. Weiterhin steuert es die Durchblutung im Darm, so dass das Blut möglichst effektiv mit seinen Nährstoffen zu den Speicherorganen kommt und nicht erst als Glykogen in der Leber abgelagert wird.“ Außerdem wirke GIP auf das Gehirn, wo es die Freisetzung des appetitanregenden Hormones Neuropeptid Y (NPY) steigere. Darüber hinaus bewirkt GIP auch eine erhöhte Trägheit. „Die Gewichtszunahme mit dem Eintritt der Menopause bei Frauen scheint ebenfalls mit dem Hormon GIP zusammenzuhängen“, so Prof. Pfeiffer.

Fruktose wird zu etwa 90 Prozent von der Leber extrahiert und unter hohem Energieverbrauch verstoffwechselt. Fruktose ist in höherer Dosis ein unmittelbarer Stimulator der Fettsynthese in der Leber. „Dies wird auch in epidemiologischen Studien bestätigt, in denen die Fettleber eng mit dem Fruktosekonsum zusammenhängt. In kürzlich publizierten Studien an Kindern konnte sogar gezeigt werden, dass eine kurzfristige Einschränkung der Fruktoseaufnahme zu einer schnellen Verbesserung der Fettleber führt“, erklärt Prof. Pfeiffer. Darüber hinaus rege Fruktose die Harnsäurebildung an. „Ein hoher Harnsäurespiegel kann Gicht auslösen und wird mit anderen Stoffwechselstörungen wie beispielsweise einem erhöhten Blutdruck und Insulinresistenz in Zusammenhang gebracht.“ Somit fördere Zucker auf besondere Weise verschiedene Aspekte zivilisatorischer Stoffwechselkrankheiten.

Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft

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