21.03.2022

Aktuelle Zecken-Verbreitungsgebiete in Deutschland

Im Vorfeld des 6. Süddeutschen Zeckenkongresses wurde bundesweit die regionale Bedrohung durch Zeckenarten, die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen, präsentiert.

Über 7.000 eingesendete Funde zeigen: Die Auwaldzecke verbreitet sich in ganz Deutschland. Genau wie der Holzbock kann auch diese Zeckenart Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen. Obwohl die FSME-Fälle insgesamt gesunken sind, zeigen sich regional starke Unterschiede. Die Ausbreitung der Erkrankung auch in Norddeutschland mache eine angepasste Impfstrategie notwendig. Zu diesem Ergebnis kamen die Zecken-Fachleute auf einer Pressekonferenz an der Stuttgarter Universität Hohenheim im Vorfeld des 6. Süddeutschen Zeckenkongress, der vom 28. bis 30. März in Stuttgart stattfindet (siehe zeckenkongress.de).

Im Rahmen einer „Citizen Science“-Studie, die Bürger:innen dazu aufrief, Zeckenfunde einzusenden, sammelte Prof. Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim über 8.000 Zecken aus ganz Deutschland. „Der Großteil davon sind Zecken der Gattung Dermacentor, darunter vor allem die Auwaldzecke Dermacentor reticulatus. Die Einsendungen kamen aus allen Bundesländern. Daran sehen wir, dass sich die Auwaldzecke bundesweit ausbreitet.“

In ihrem Forschungsprojekt untersuchte Prof. Ute Mackenstedt außerdem die Verbreitung der Tropenzecken Hyalomma. Diese werden durch Zugvögel in Deutschland eingetragen. „Im Jahr 2021 wurden uns nur 10 Tropenzecken zugesendet“, berichtet Prof. Ute Mackenstedt – in den Jahren 2019 und 2020 waren es insgesamt 191. „In den beiden Jahren hatten wir warme Sommer mit langen Trockenperioden, während die Temperaturen 2021 niedriger waren. Das deutet darauf hin, dass die Entwicklung der Tropenzecke von den Wetterbedingungen abhängt.“ Mit mehr heißen Sommern mit langen Trockenphasen könnten sich auch die Tropenzecken in Deutschland weiterentwickeln. Sie übertragen gefährliche Krankheitserreger, zum Beispiel das Zecken-Fleckfieber.

Im Vergleich zum Vorjahr gingen die FSME-Erkrankungen im vergangenen Jahr zurück: 2021 wurden 416 Fälle gemeldet, 2020 waren es 712 Fälle. Obwohl die Zahlen vor allem in Süddeutschland zurückgingen, treten die meisten Erkrankungen nach wie vor in Baden-Württemberg und Bayern auf.  „Wenn man einzelne Landkreise betrachtet, zeigen sich ganz unterschiedliche Entwicklungen“, erläutert Dr. Rainer Oehme, Laborleiter des Landesgesundheitsamts im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg. „In manchen Kreisen nahmen die Fälle ab, in anderen traten hingegen mehr Fälle auf. Insgesamt sind in Süddeutschland besonders höher gelegene Landkreise betroffen.“ Das deute darauf hin, dass sich Zecken, die mit dem FSME-Virus infiziert sind, in höhere Gebiete bewegen. Auch auf Bundesebene gibt es regionale Unterschiede bei den FSME-Fällen.

„Während die Fallzahlen in Süddeutschland zurückgingen, breitet sich FSME in Norddeutschland zunehmend aus“, erklärt Prof. Dr. Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. „Das deutet darauf hin, dass unterschiedliche Umweltfaktoren in den beiden Regionen Einfluss auf die Verbreitung der Krankheit haben.“ Diese Erkenntnis zeige weiteren Forschungsbedarf zur Epidemiologie der FSME und mache eine angepasste Impfstrategie erforderlich.

HINTERGRUND: Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
Die FSME-Erreger werden durch europäische Zecken wie den europäischen Holzbock, aber auch die Auwaldzecke übertragen. In den Risikogebieten liegt die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach einem Zeckenstich bei 1:50 bis 1:100. Nach circa 10 Tagen treten grippeähnliche Symptome auf. Bei rund einem Drittel der Patienten kommt es nach einer vorübergehenden Besserung zu einem erneuten Fieberanstieg und einer zweiten Krankheitsphase. Bei leichten Verläufen klagen die Patienten vorwiegend über starke Kopfschmerzen. Bei schwereren Verläufen sind auch Gehirn und Rückenmark beteiligt. Zu den Symptomen gehören Koordinationsstörungen, Lähmungen, Sprach- und Sprechstörungen sowie Bewusstseinsstörungen und epileptische Anfälle. Für ca. 1 % der Patienten endet die Krankheit tödlich. Ist die Krankheit erst einmal ausgebrochen, können nur die Symptome therapiert werden. Schützen kann eine Impfung.

HINTERGRUND: Auwaldzecke
Die Auwaldzecke Dermacentor reticulatus gehört zur Gattung der Buntzecken. Sie sind groß, ihr Rückenschild ist auffällig gemustert. Die Buntzecken sind eine heimische Art. Sie können Menschen befallen und Krankheiten übertragen, darunter die Frühsommer-Meningoenzephalitis. In der Regel bevorzugen Buntzecken Wildtiere als Wirt, im erwachsenen Stadium befallen sie aber auch häufig Haustiere wie Hunde oder Katzen.

Quelle: Universität Hohenheim

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