22.09.2022

Wie Hepatitis E das Immunsystem überlistet

Bestimmte Mutationen des Hepatitis E-Virus (HEV) weisen Veränderungen auf, die es dem Virus offenbar erlauben, das Immunsystem auszutricksen.

Das Hepatitis E-Virus (HEV) ist der Hauptverursacher akuter Virushepatitiden. Über drei Millionen Menschen infizieren sich jedes Jahr mit dem Hepatitis-E-Virus. Rund 70.000 Menschen sterben jährlich an der Krankheit. Bislang gibt es kein spezifisch wirksames Medikament. Akute Infektionen heilen bei Patientinnen und Patienten mit intaktem Immunsystem normalerweise von selbst aus. Bei Betroffenen mit reduziertem oder unterdrücktem Immunsystem wie Organtransplantat-Empfängern oder HIV-Infizierten kann HEV chronisch werden. Auch für schwangere Frauen ist HEV besonders bedrohlich.

Welche Faktoren für das Virus im Laufe seines Vermehrungszyklus wichtig sind und wie es ihm gelingt, die Infektion aufrechtzuerhalten, hat nun ein internationales Forschungsteam an der Ruhr-Universität Bochum untersucht (siehe PNAS, online seit 15. August 2022).

Ein wichtiger Abwehrmechanismus gegen virale Infektionen in unserem Körper sind besondere Eiweiße, die Antikörper. Diese binden spezifisch meist an Oberflächenproteine des Virus, um dieses unschädlich zu machen. Aber Viren haben Strategien entwickelt, sich dieser Identifizierung zu entziehen. Während einer Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus entstehen durch zufällige Mutationen häufig Virusvarianten, die innerhalb einer infizierten Person nebeneinander existieren können. Der antivirale Wirkstoff Ribavirin, den viele chronisch Infizierte erhalten, kann die Bildung solcher viralen Varianten sogar noch verstärken.

Acht solcher Virusvarianten aus Proben chronisch infizierter und mit Ribavirin behandelter Patientinnen und Patienten schaute sich das Forschungsteam um Dr. Toni Meister, Dr. Daniel Todt und Prof. Dr. Eike Steinmann aus der Abteilung Molekulare und Medizinische Virologie der Ruhr-Universität Bochum im Labor genauer an. Das Team wollte wissen: Bringen die genetischen Veränderungen Vor- oder Nachteile für das Virus mit sich? Haben sie zum Beispiel Einfluss auf die Vermehrungsfähigkeit oder die Infektiosität?

„Während sich sieben der untersuchten Mutationen genauso verhielten wie der Wildtyp, haben wir bei einer Mutante Unterschiede feststellen können“, berichtet Toni Meister. Diese Mutation betrifft das Capsidprotein, welches für die Verpackung der Viruspartikel essenziell ist. „Die Viren mit dieser Mutation werden falsch zusammengesetzt, sind vermutlich kleiner als das Wildtypvirus, und das Capsidprotein reichert sich nicht in der Zelle an“, beschreibt Daniel Todt. Diese Partikel sind nicht infektiös, werden aber von Antikörpern des Immunsystems korrekt erkannt und gebunden. „Hierin könnte ein Vorteil für das Virus liegen, wenn diese defekten Viren die Antikörper praktisch abfangen, sodass nicht mehr genug vorhanden sind für korrekt zusammengesetzte, infektiöse Viruspartikel“, mutmaßt Eike Steinmann.

Quelle: Ruhr-Universität Bochum

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