06.09.2021

Wie Sport die Durchblutung von Muskeln fördert

Eine neu entdeckter Typ von Blutgefäßzellen, der sich durch Sport besonders schnell vermehrt, könnte helfen, bei Patienten mit Diabetes oder Arterienverschluss die muskuläre Blutgefäßbildung anzuregen.

In den Muskeln gibt es einen neu entdeckten Typ von Blutgefäßzellen, der sich bei sportlicher Betätigung besonders schnell vermehrt und so neue Blutgefäße bildet. Das haben ETH-Professorin Katrien De Bock und ihr Team herausgefunden (siehe Cell Metabolism, Online-Veröffentlichung am 5.8.2021). Damit können die Forschenden nun Durchblutungsstörungen von Muskeln auf den Grund gehen.

„Der häufigste Grund, warum Chirurgen in Industrieländern jemandem einen Fuß oder ein Bein amputieren müssen, ist eine mangelhafte Blutzufuhr in Muskeln bei Diabetespatienten“, erklärt Katrien De Bock. Sie ist Professorin für Bewegung und Gesundheit an der ETH Zürich und untersucht mit ihrem Team, wie sich solche Durchblutungsstörungen von Muskeln behandeln lassen und wie sich Blutgefäße neu bilden. Dass Bewegung und Sport die Gefäßbildung anregen, ist bekannt. Schlecht untersucht sind hingegen die molekularen und zellulären Mechanismen, über welche dies geschieht. „Verstehen wir diese Mechanismen, können wir darauf hinarbeiten, die Blutzufuhr von Muskeln in Patienten gezielt zu fördern“, erläutert die ETH-Professorin.

In Mäusen und in Zellkultur von menschlichen Zellen haben De Bock und ihre Kollegen nun untersucht, wie die feinen Blutgefäßkapillaren in Muskeln von Gesunden gebildet werden. Sie haben dabei die Gefäßwandzellen (Endothelzellen) ins Visier genommen und entdeckt, dass es davon zwei Typen gibt, die sich hinsichtlich eines molekularen Markers namens ATF4 unterscheiden. Zellen, in denen wenig ATF4 vorhanden ist, sind vor allem in den Kapillargefäßen vorhanden, die sogenannte weiße Muskelfasern versorgen. Und Zellen mit viel ATF4 sind vor allem Teil der Blutgefäße in der Nähe von roten Muskelfasern, wie die Forschenden herausfanden.

Weiter zeigten die Wissenschaftler: Durch körperliche Bewegung werden vor allem die Endothelzellen mit viel ATF4 (also jene bei roten Muskelfasern) zur Zellteilung angeregt, wodurch sich neue Blutgefäßkapillaren bilden. Zellen mit wenig ATF4 reagieren hingegen nicht direkt auf körperliche Bewegung. „Die Endothelzellen mit viel ATF4 sind quasi im Bereitschaftsdienst“, berichtet De Bock. ATF4 ist ein Regulationsprotein im Zellinnern. Zellen mit diesem Protein sind bereit, schnell auf den entsprechenden Stimulus zu reagieren: Sobald eine Person – oder in unserem Fall eine Maus – Sport treibt, nehmen diese Zellen vermehrt Aminosäuren auf und investieren in eine erhöhte Bildung von DNA und Proteinen und in die schnelle Vermehrung von Zellen. Dies führt letztlich zur Bildung neuer Gefäße.
Warum sich diese „Ready to go“-Gefäßwandzellen vor allem in der Nähe der roten Muskelfasern befinden, ist noch nicht bekannt. Dem möchten die Forschenden als nächstes nachgehen. Außerdem möchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Erkenntnisse nutzen, um Therapien zu entwickeln, um bei Diabetikerinnen, Patienten mit arteriellen Verschlusskrankheiten oder mit transplantierten Organen das Wachstum von muskulären Blutgefäßen zu stimulieren.

Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)


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