18.10.2021

Bioengineering trifft auf Hepatitis B und Leberkrebs

Vielversprechende Wirkstoffkandidaten gegen chronische Hepatitis B und Leberzellkarzinome sind sog. bispezifische Antikörper, die gleichzeitig mit Viren und T-Zellen interagieren.

© fotolioaxrender_Fotolia.com

Menschen, die chronisch mit dem Hepatitis-B Virus-infiziert sind, leiden daran, dass sie keine ausreichend starke Immunreaktion entwickeln, die das Virus eliminiert. Weltweit sind rund 260 Millionen Menschen chronisch mit Hepatitis B infiziert, das sind mehr als drei Prozent der Weltbevölkerung. Infolgedessen sterben jedes Jahr rund 880.000 Infizierte an einem Leberversagen oder einem Leberzellkarzinom. Die bisher zur Verfügung stehenden Therapien hemmen zwar die Vermehrung des Virus, heilen die chronische Infektion aber selten aus.

Forschende des Helmholtz Zentrums München und der Technischen Universität München (TUM) suchen daher nach Möglichkeiten, um chronische Infektionen mit dem Hepatitis-B-Virus über eine Stimulation der körpereigenen Immunantwort zu heilen. Eine Forschungsgruppe um die Virologin Ulrike Protzer hat jetzt Antikörper als neuartige Wirkstoffkandidaten für die Behandlung einer chronischen Hepatitis B und Leberzellkarzinomen entwickelt. In Studien an menschlichen Zellkulturen und einem Mausmodell für das Leberzellkarzinom konnten die Forschenden Hepatitis-B-Virus-positive Zellen abtöten und das Tumorwachstum verringern (siehe Journal of Hepatology, online am 22.7.2021).

Im Mittelpunkt der Studie stand eines der neuesten Werkzeuge aus der Immuntherapie: Bispezifische Antikörper, die mit T-Zellen interagieren und sie aktivieren. T-Zellen sind Blutzellen, die eine wichtige Rolle in unserem adaptiven Immunsystem spielen. Mithilfe der Antikörper können T-Zellen infizierte Zellen erkennen und abtöten. „Für unsere Studie haben wir dieses neue Werkzeug genutzt und an unsere Bedürfnisse angepasst“, erklärt Erstautor Oliver Quitt. „Ziel der von uns entwickelten Antikörper ist es, bei Personen mit einer chronischen Hepatitis-B-Infektion eine antivirale Immunität auszulösen.“

Erste Studien an Mäusen zeigten bereits vielversprechende Ergebnisse. „Unsere Antikörper konnten erfolgreich Immunzellen an die Leberzellen anlocken, die mit dem Hepatitis-B-Virus infiziert sind. Dadurch werden die T-Zellen stimuliert, töten die Tumorzellen ab und verringern das Wachstum der Hepatitis-B-assoziierten Tumore“, erklärt Shanshan Luo.

Studienleiterin Ulrike Protzer sieht in diesen Ergebnissen großes Potenzial: „Unsere Studie zeigt, dass die Verabreichung von T-Zell-aktivierenden Antikörpern ein vielversprechender Ansatz für die Behandlung von chronischer Hepatitis B und Leberzellkarzinomen ist.“ Um diesen Ansatz voranzutreiben, haben die Forschenden kürzlich ein Forschungsabkommen mit einem Biotechnologieunternehmen abgeschlossen. „Es ist unser Ziel, diese neuartige Technologie weiterzuentwickeln und ihren klinischen Einsatz zu ermöglichen,“ fasst Protzer zusammen.

Quelle: Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt


© Internisten-im-Netz

Impressum

Datenschutz

Bildquellen

Kontakt

Herausgeber

Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten e.V.