Hepatitis E: Ursachen, Übertragung & Risikofaktoren

Ursachen & Übertragung

Vom Hepatitis E-Virus sind insgesamt sieben Genotypen („Stämme“) bekannt. Die Genotypen 1 bis4 und 7 sind als Krankheitserreger für den Menschen relevant. Nach - wahrscheinlich zu gering veranschlagten - Schätzungen der WHO verursacht die Hepatitis E jährlich weltweit ca. 20 Millionen Infektionen, von denen ca. 3,3 Millionen klinisch symptomatisch sind und etwa 44.000 tödlich verlaufen (Zahlen für 2015 wurden auf der Webseite www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/hepatitis-e auch 2022 so aufgeführt).

Die Genotypen 1 und 2 kommen in Entwicklungsländern vor. Der Mensch ist der einzige Wirt. Die Viren werden wie die Erreger der Hepatitis A über mit menschlichen Ausscheidungen verunreinigtes Wasser übertragen und verursachen wie diese häufig eine akute Virushepatitis (Gelbsucht). Dabei ist bei der Hepatitis E trotz des ähnlichen Krankheitsverlaufes das Risiko einer schweren oder sogar tödlichen Infektion deutlich höher als bei der Hepatitis A. Tödliche Verläufe treten am häufigsten bei einer Infektion während der Schwangerschaft auf.

In den Industrienationen kommen dagegen vor allem die Genotypen 3 und 4 vor. Neben dem Menschen werden auch eine Reihe von Wild- und Haustieren befallen. Hepatitis E-Viren können in der Milch infizierter Kühe gefunden werden. Eine systematische Untersuchung zur Seroprävalenz der Hepatitis E in Deutschland zeigte, dass ca. 17 % der in Deutschland lebenden Menschen Antikörper gegen diesen Virusstamm haben, also im Laufe ihres früheren Lebens eine Infektion durchgemacht haben müssen. Erwartungsgemäß steigt der Anteil von Personen mit positivem Antikörpernachweis mit dem Lebensalter an und macht bei über Sechzigjährigen etwa ein Viertel der hiesigen Bevölkerung aus. Eine Studie aus Bayern zeigte einen Abfall der Seroprävalenz zwischen 1996 (20,5 %) und 2011 (14,5 %). Im Unterschied zu den Entwicklungsländern verlaufen die akuten Infektionen hierzulande nahezu immer unbemerkt. Schwere oder gar tödliche Verläufe sind extrem selten.

Die Übertragung auf den Menschen findet überwiegend durch infizierte Fleischprodukte statt. Sehr selten kommen auch Ansteckungen durch Bluttransfusionen vor, wenn Blutprodukte von vermeintlich gesunden Personen mit aktiver Infektion (akut oder chronisch) übertragen werden. Auch Infektionen durch die Transplantation von Organen infizierter Personen wurden beschrieben.

Während man bis vor wenigen Jahren noch davon ausging, dass eine Hepatitis E – sofern sie überlebt wird - immer ausheilt und zu einer lebenslangen Immunität führt, hat sich mittlerweile gezeigt, dass die in den Industrieländern vorkommenden Genotypen 3 und 4 sowie der Genotyp 7 zu chronischen Infektionen der Leber führen können. Hiervon sind Personen mit stark geschwächtem Immunsystem betroffen. Die Krankheitsverläufe ähneln dann denen bei anderen chronischen Virushepatitiden (B oder C) mit dauerhaft erhöhten Leberwerten und Fortschreiten zu einer Leberzirrhose.

Bei Patienten mit chronischer Lebererkrankung kann eine zusätzliche Hepatitis E-Infektion zu einem akuten Leberversagen mit hoher Sterblichkeit führen.

Risikofaktoren

In Entwicklungsländern wird eine Hepatitis E meistens durch mit Fäkalien kontaminiertes Trinkwasser (fäkal-oral) übertragen. In den Industrienationen ist das bei der Zubereitung nicht ausreichend erhitzte Fleisch infizierter Tiere (v.a. von Schweinen) die wichtigste Infektionsquelle. Das Erregerreservoir betrifft vor allem Wildtiere (Wildschweine!). Daneben gibt es Einzelfallberichte über Infektionen durch kontaminierte Meeresfrüchte. Erwärmen auf > 70° für mindestens 20 Minuten tötet den Erreger ab. Direkte Übertragungen über Körperausscheidungen von einer infizierten Person auf eine gesunde sind selten und durch konsequente Hygiene vermeidbar.

Experte: Wiss. Beratung & Ausarbeitung: Prof. Michael Scheurlen, Würzburg

Literatur:
Pischke S et al. (2014). Hepatitis E in Deutschland – eine unterschätzte Infektionskrankheit. Deutsches Ärzteblatt International 2017; Band 111, Seite:577-583: https://www.aerzteblatt.de/archiv/161389/Hepatitis-E-in-Deutschland-eine-unterschaetzte-Infektionskrankheit Aslan AT, Balaban HY. Hepatitis E virus: Epidemiology, diagnosis, clinical manifestations, and treatment. World J Gastroenterol 2020;26(37):5543-5560 Nimgaonkar I, Ding Q, Schwartz RE, Ploss A. Hepatitis E virus: advances and challenges. Nat Rev Gastroenterol Hepatol 2018;15(2):96-110

Letzte Aktualisierung: 02.12.2022

© Internisten-im-Netz

Impressum

Datenschutz

Bildquellen

Kontakt

Herausgeber

Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten e.V.