Venenthrombose: Untersuchungen & Diagnose

Bei Beschwerden an den Beinen sollte zunächst eine ärztliche Befragung und Untersuchung erfolgen. Das betroffene Körperteil wird angesehen, abgetastet und mit der Gegenseite verglichen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich hinter den Symptomen eine tiefe Venenthrombose verbirgt, lässt sich gut anhand sog. klinischer Scores ermitteln. Am gebräuchlichsten ist der Wells-Score.

 

SymptomPunkte
Aktives Tumorleiden1
Lähmung, kürzliche Immobilisation1
Bettruhe > 3 Tage, große Chirurgie vor unter 12 Wochen    1
Schmerz/Verhärtung entlang der tiefen Beinvenen         1
Schwellung des ganzen Beines1
Unterschenkelschwellung > 3 cm    1
Eindrückbares Ödem1
Kollateralvenen        1
Frühere Venenthrombose    1
Alternative Diagnose wahrscheinlicher    - 2


Ist nach dem Score-Ergebnis die Wahrscheinlichkeit einer Thrombose hoch (ab 4 und mehr Punkte), muss die Diagnose möglichst bald bildgebend gesichert werden. Ansonsten kann zur weiteren Abklärung eine Blutuntersuchung beitragen: Der D-Dimer-Test. D-Dimere stammen von einem Eiweiß der Gerinnungskaskade, dem Fibrinogen, das sich bei der Thrombenbildung vernetzt. Dieses Eiweißnetz wird zu Teilen immer auch abgebaut, dabei entstehen Spaltprodukte mit einem charakteristischen Aufbau. Diese sog. D-Dimere lassen sich im Labor quantitativ bestimmen, in der Arztpraxis wird teilweise ein qualitativer Test eingesetzt. Ist der D-Dimer-Test negativ (d. h. unter einem bestimmten Schwellenwert), lässt sich eine Thrombose weitestgehend ausschließen. Ist er positiv (D-Dimer-Wert erhöht), kann eine Thrombose vorliegen und es muss bildgebend weiter untersucht werden.

Auf den bildgebenden Nachweis oder Ausschluss der Thrombose kann bei einem positiven D-Dimer-Test nicht verzichtet werden! Erhöhte D-Dimere beweisen keine Thrombose, sie können aus vielen anderweitigen Gründen erhöht sein. Werden erhöhte D-Dimere festgestellt, die Thrombose danach aber im Ultraschall ausgeschlossen, darf man dem Laborwert keine Bedeutung mehr beimessen und sollte ihn auch nicht erneut bestimmen lassen.

Die Ultraschalluntersuchung kann eine Venenthrombose mit großer Sicherheit nachweisen oder ausschließen. Eine relativ einfache Anwendung ist die Kompressions-Sonografie. Dabei werden die großen Venen im Längsschnitt und Querschnitt dargestellt und von außen mit dem Schallkopf zusammengedrückt. Ist eine Vene Thrombus-frei, verschwindet sie dabei völlig aus dem Bild. Ein Gerinnsel lässt sich nicht zusammendrücken, deshalb bleibt die Thrombus-haltige Vene sichtbar. Durch wiederholte Kompressionsmanöver entlang der tiefen Oberschenkel- und Kniekehlenvenen sowie an den tiefen und Muskelvenen der Unterschenkel kann man gut erkennen, ob sich irgendwo ein Thrombus gebildet hat. Besonders gut funktioniert das an der Stelle, wo der Patient seinen Schmerz angibt (leider erfordert das, dass man auf diese Stelle Druck ausübt).

Isolierte Beckenvenenthrombosen lassen sich so allerdings nicht finden. Dies gelingt mit der farbkodierten Duplexsonografie. Bei dieser werden bewegte Elemente innerhalb des Ultraschall-Bildes farbig markiert. Die Blutströmung in einer offenen Vene erzeugt einen farbigen Streifen im Bild. Ist die Vene verstopft, lässt sich aus ihr kein Farbsignal ableiten. Gut darstellen kann man auch partielle, unvollständige Thrombosierungen der Gefäße: innerhalb der Venen zeigen sich ungefärbte und farbig markierte Anteile nebeneinander. Zudem wird die Flussrichtung erkennbar. Mit der Untersuchung lässt sich also erkennen, ob die Klappen in einer Vene funktionieren. Tun sie dies nicht, kann das Blut auf- und abwärts fließen. Dabei kehrt sich – bei entsprechender Position des Schallkopfs – die Farbe um. Hiermit kann man gelegentlich nachweisen, dass schon früher einmal eine Thrombose in den Venen abgelaufen ist. Dies ist für die Einschätzung des Krankheitsbildes wichtig. Daher sollten auch immer beide Beine untersucht werden.

Es kommt äußerst selten vor, dass geübte Gefäßmediziner/innen im Ultraschall keine verlässliche Aussage treffen können, von der Kniekehle an aufwärts gelingt dies praktisch immer. Die genaue Darstellung der Unterschenkelvenen kann bei sehr dicken Unterschenkeln misslingen, wenn außerdem eine Schwellung und Verhärtung der Haut besteht. Als Alternative lassen sich prinzipiell die Venen mit einem Röntgenkontrastmittel vom Fuß aus darstellen (Phlebografie). Bei den „schwierigen“ Beinen ist diese aber oft ebenfalls nicht durchführbar, und mittlerweile wird die Phlebografie kaum noch durchgeführt. Mit Einschränkungen können die Kernspintomografie (MRT) oder Computertomografie (CT) mit Kontrastmittel eingesetzt werden. Meist ist es einfacher, das Bein durch Hochlagerung und Verbände zu entstauen und nach einigen Tagen erneut im Ultraschall zu kontrollieren.

Die Thrombosierung oberflächlicher Gefäße (Thrombophlebitis) lässt sich oft bereits durch den Tastbefund feststellen, besonders wenn eine Krampfader verhärtet ist. Aus zwei Gründen ist aber auch in diesen Fällen eine Ultraschalluntersuchung sinnvoll. Zum einen geht die Ausdehnung der Venenverstopfung bei den oberflächlichen Gefäßen manchmal weit über die Strecke hinaus, die klinische Beschwerden verursacht. So kann es sein, dass jemand eine Rötung und Verhärtung an der Knie-Innenseite feststellt, der Ultraschall aber durch kontinuierliches Abfahren der Vene mit dem Schallkopf den Thrombus bis hinauf zur Leiste verfolgen lässt. Zum anderen kommt es vor, dass zusätzlich zum oberflächlichen Venensystem tiefe Venen thrombosiert sind, sei es durch kontinuierliches Einwachsen des Thrombus aus der Haut in eine Muskelvene, sei es als unabhängige „Begleitthrombose“. Sowohl eine derartige begleitende tiefe Venenthrombose als auch eine Thrombosierung großer Venen bis zur Mündung ins tiefe Venensystem ändert die Bedeutung der als rein oberflächlich vermuteten Venenentzündung natürlich entscheidend, da in diesen Fällen auch die Gefahr einer Lungenembolie besteht und die Behandlung entsprechend ausgeweitet werden muss!

Manchmal ergibt der Ultraschall aber auch, dass gar kein Thrombus vorhanden ist und die Rötung eine andere Ursache hat, zum Beispiel eine Lymphgefäßentzündung.

Experte: Wissensch. Beratung: PD Dr. L. Caspary, Hannover & Dr. Gerhard Tepohl, München

Literatur:
• Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin in 2 Ordnern Meyer, J. & Pletz, M.W. & Mayet W.-J (Hrsg.) Elsevier 11/2022 • AWMF Leitlinie: Venöse Embolie

Letzte Aktualisierung: 30.01.2023

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