Fettstoffwechselstörung: Behandlung

Mögliche Behandlungsmaßnahmen

Lebensstilmaßnahmen

Wie bereits ausgeführt (siehe „Ursachen “), hat der Lebensstil einen großen Einfluss auf die Blutfette und damit Fettstoffwechselstörungen. Bei Hypertriglyceridämie (s.u.) ist dies besonders ausgeprägt. Viele Patienten mit erhöhten Triglyceridwerten können den Wert normalisieren (oder zumindest deutlich absenken), wenn die Zufuhr an Alkohol und/oder schnell verstoffwechselbaren Kohlenhydraten (Zucker) reduziert wird. Daneben spielt hier auch die Normalisierung des Körpergewichts und, falls ein Diabetes mellitus vorliegt, eine gute Einstellung des Zuckers eine wichtige Rolle. Veränderungen des Lebensstils spiegeln sich oft schon nach kurzer Zeit (wenige Wochen) in einem verbesserten Lipidstatus  wider. Eine endgültige Beurteilung lässt sich meist aber erst nach mehreren Monaten abgeben.

Selbst wenn eine Verbesserung des Lebensstils sich nur gering oder moderat auf die Blutfette auswirkt (z. B. bei familiärer Hypercholesterinämie - s.u.) ist die Umsetzung eines gesunden Lebensstils wichtig, da zahlreiche Untersuchungen gezeigt haben, dass sich ein gesunder Lebensstil auch unabhängig von den Auswirkungen auf die Blutfette günstig auf die Herz-Kreislaufsituation und andere Erkrankungen auswirkt. So zeigen z. B. Daten aus mehreren großen Populationsstudien, dass ein durch genetische Faktoren bedingtes, erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko durch einen gesunden Lebensstil sehr deutlich reduziert werden kann.

Medikamentöse Therapie

Im Vordergrund, ob eine medikamentöse Therapie eingeleitet werden soll, steht die Überlegung, wie groß das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen ist. Ist dieses aufgrund des LDL-Wertes und/oder anderer Risikofaktoren (z. B. hoher Blutdruck, Rauchen, Diabetes mellitus, Herz-Kreislauferkrankungen in der Familie) erhöht, sollte überlegt werden, welcher LDL-Cholesterinwert angestrebt werden sollte. Bei Patienten mit sehr hohem Risiko (z. B. Patienten mit vorausgegangenem Infarkt) sollte der LDL-Cholesterinspiegel weniger als 70 mg/dl (weniger als 1,8 mmol/l) betragen. Bei Patienten mit nicht ganz so hohem Risiko (z. B. Diabetes mellitus ohne Herz-Kreislauferkrankung) sollte der LDL-Cholesterin Spiegel unter 100 mg/dl (unter 2,6 mmol/l) liegen.

Um diese Zielwerte zu erreichen, werden als wichtigste Medikamentengruppe Statine (Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pitavastatin, Pravastatin, Rosuvastatin, Simvastatin) eingesetzt. Statine können (dosisabhängig) den LDL-Cholesterinwert um bis zu 50% absenken und dadurch auch das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen reduzieren. Am häufigsten werden heutzutage die Statine Atorvastatin und Rosuvastatin eingesetzt, da sie sehr deutliche LDL-Cholesterinabsenkungen bewirken können und ihre Verträglichkeit und Effektivität in großen Studien untersucht wurde. Dabei hat sich auch gezeigt, dass umso mehr Herzkreislauferkrankungen verhindert werden können, je stärker der LDL-Cholesterinspiegel abgesenkt wird.

Als häufigste Nebenwirkung der Statintherapie sind muskelkaterartige Beschwerden zu nennen, die ca. 10-15 % der Patienten betreffen, die Statine einnehmen. Interessanterweise wurden Muskel-Nebenwirkungen unter Statintherapie in den Studien fast nicht beobachtet, wohingegen sie in der klinischen Praxis kein so seltenes Problem darstellen. Bei Patienten mit Muskelbeschwerden ist es oft hilfreich, eine geringere Dosis eines anderen Statins einzusetzen, und so die Nebenwirkung zu umgehen.

Ist eine Statintherapie nicht ausreichend, um die Zielwerte zu erreichen, oder kann wegen Nebenwirkungen nur eine geringe Statindosis eingesetzt werden, dann erfolgt normalerweise die Kombination eines Statins mit Ezetimib. Dies ist ein Arzneistoff, der die Aufnahme (Resorption) des Cholesterins im Dünndarm hemmt. Diese Medikament-Kombination ist teilweise auch zusammen in einer Tablette erhältlich.

Daneben gibt es noch weitere Medikamente, die den LDL-Cholesterinspiegel absenken können. Von besonderer Bedeutung sind hier so genannte PCSK9-Inhibitoren (Alirocumab oder Evolocumab), die alle 14 Tage als Spritze gegeben werden. Diese Medikamente werden in aller Regel auch von Patienten, die Statine nicht gut vertragen, sehr gut toleriert und können den LDL-Cholesterinspiegel deutlich absenken (im Durchschnitt um 50-60 %). Inzwischen wurde auch in zwei großen Studien gezeigt, dass sich die über PCSK9-Inhibitoren erreichte LDL-Cholesterinsenkung auch in einer erniedrigten Herzinfarktrate wiederspiegelt. Als Nachteil ist zu nennen, dass diese Medikamente sehr teuer sind und bisher keine wirklichen Langzeiterfahrungen bestehen. Allerdings gibt es derzeit auch keinen Hinweis darauf, dass schwerwiegende unerwünschte Nebenwirkungen auftreten.

Bei Patienten mit Hypertriglyceridämien, die nicht auf Lebensstilmaßnahmen ansprechen, können als medikamentöse Therapieansätze Fibrate  und Omega-3-Fettsäuren  eingesetzt werden. Für beide Medikamentengruppen wurde belegt, dass sie die Triglyceride absenken können. Allerdings konnte bisher nicht gezeigt werden, dass in Kombination mit Statinen das Herzinfarkt- oder Schlaganfallrisiko gesenkt werden kann. Dies ist der Grund, warum diese Medikamentengruppen sehr zurückhaltend eingesetzt werden.

Apheresetherapie

Die „dramatischste“ Therapieform ist die regelmäßige Blutwäsche (Apheresetherapie). Dadurch können erhöhte Blutfette - insbesondere LDL-Cholesterin und Lipoprotein(a)- aus dem Blut gefiltert werden. Nach einer solchen Behandlung, welche ca. 2-3 Stunden dauert, steigt der Blutfettspiegel allerdings wieder an, so dass die Behandlung wöchentlich oder alle zwei Wochen durchgeführt werden muss. Dies stellt eine große zeitliche Belastung für die Betroffenen dar und ist zudem sehr teuer. Diese Therapieform kommt deshalb nur für wenige Patienten mit sehr hohem Risiko in Betracht.

Vorgehen bei einzelnen Fettstoffwechselstörungen


LDL-Hypercholesterinämie: In einem ersten Schritt muss überlegt werden, welches LDL-Cholesterinziel für den Patienten angestrebt werden soll. Um dies zu erreichen, kommen Lebensstilmaßnahmen, Statine, Statine mit Ezetimib und Statine mit Ezetimib und PCSK9-Inhibitoren in Betracht. Als aufwendigste Therapieform steht die Blutwäschetherapie (Apherese) zur Verfügung.

Hypertriglyceridämie: Lebensstilmaßnahmen spielen hier eine überragende Rolle. Bleiben trotz Lebensstilmaßnahmen die Triglyceride deutlich erhöht, muss der Einsatz von Fibraten und/oder Omega-3-Fettsäuren (siehe auch oben) diskutiert werden. Aber auch bei Patienten mit Hypertriglyceridämie sollte zunächst versucht werden, den LDL-Cholesterinspiegel in den Zielbereich abzusenken.

Lipoprotein(a)-Erhöhung
: Weder Lebensstilmaßnahmen noch die derzeit zugelassenen Medikamente können den Lipoprotein(a)-Spiegel entscheidend absenken. Im Vordergrund steht deshalb die Überlegung, das übrige Risikoprofil zu optimieren. Bei Patienten mit erhöhten Lipoprotein(a)-Spiegeln ist es also besonders wichtig, den LDL-Cholesterinwert gut einzustellen, den Blutdruck und gegebenenfalls auch den Blutzucker optimal zu kontrollieren und auf das Rauchen zu verzichten. Bei Patienten, die trotz guter Einstellung dieser Risikofaktoren eine Gefäßerkrankung haben, die sich über die Jahre weiter verschlechtert, kann auch der Einsatz einer Blutwäschetherapie (Apherese) diskutiert werden. Darüber hinaus werden derzeit Medikamente entwickelt, die eine direkte Absenkung des Lipoprotein(a) Spiegels zum Ziel haben.

Fazit

Zusammenfassend ist die Behandlung von Fettstoffwechselstörungen ein wichtiger Baustein in der Prävention von Herz-Kreislaufereignissen (wie z. B. Schlaganfall oder Herzinfarkt). Dies betrifft sowohl Personen, die noch kein solches Ereignis hatten, aber Risikofaktoren hierfür aufweisen, wie auch Personen, die bereits einen Schlaganfall oder Herzinfarkt hatten. In der Beurteilung, ob Fettstoffwechselstörungen behandlungsbedürftig sind, ist immer abzuschätzen, wie hoch das Gesamtrisiko ist. Es ist deshalb selten möglich, aufgrund eines Laborwertes alleine zu entscheiden, ob eine medikamentöse Therapie empfohlen werden soll oder nicht. Im Hinblick auf die Blutfette ist die Absenkung des LDL-Cholesterins der wichtigste therapeutische Schritt um Herzkreislauferkrankungen vorzubeugen.


Autor/Autoren: Wissensch. Beratung und Ausarbeitung: Prof. Dr. Klaus G. Parhofer, München

Literatur:
Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin in 2 Ordnern; Hrsg.: J. Meyer et al. ; Elsevier, 11/2018

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