14.01.2008

Intersexualität: Experten warnen vor Geschlechtsumwandlung

In einem Aufsehen erregenden Prozess in Köln wirft die Klägerin einem Chirurgen vor, sie ohne vorige Aufklärung operiert zu haben...

 Bild: pixelioNach einem jahrelangen Leidensweg als Zwitter und einem unfreiwilligen Leben als Mann hat eine Krankenpflegerin einen Chirurgen in Köln verklagt. In dem bundesweit beispiellosen Fall verlangt die 48 Jahre alte Klägerin 100.000 Euro Schmerzensgeld, da der Arzt ihr vor 30 Jahren intakte Eierstöcke und Gebärmutter ohne vorherige Aufklärung entfernt habe. Das warf die Frau dem ehemaligen Mediziner einer Kölner Klinik zu Beginn eines Zivilprozesses vor dem Kölner Landgericht vor. Das Gericht sprach von einem besonders schwierigen und problematischen Fall.

Die Klägerin war bei ihrer Geburt wegen nicht eindeutiger äußerer Geschlechtsorgane fälschlicherweise als Junge vermerkt worden. Eine vergrößerte Klitoris wurde als Penis angesehen. Das Kind wurde von den Eltern als Junge groß gezogen, der in der Pubertät auch männliche Entwicklungen wie Bartwuchs zeigte. Er hatte aber viele gesundheitliche Probleme und hörte schon mit 14 Jahren auf zu wachsen. Erst mit 17 Jahren wurde bei einer Blinddarm-OP entdeckt, dass „Thomas" über Gebärmutter und Eierstöcke verfügte. Ein Jahr später kam es zu der folgenschweren OP in Köln.

Nach Ansicht der Klägerin hätte der Chirurg die OP sofort abbrechen müssen, als er bemerkte, dass die inneren weiblichen Geschlechtsorgane voll entwickelt und intakt waren. Mit dem Eingriff sei sie biologisch unumkehrbar zum Mann gemacht worden.

Intersexualität: Männlich und weiblich zugleich

Bei intersexuellen Menschen sind nicht alle geschlechtsbestimmenden Merkmale wie Chromosomen, Hormone, Keimdrüsen oder äußere Geschlechtsorgane eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen. So kann ein Intersexueller über einen männlichen Chromosomensatz verfügen, zugleich aber ein weibliches Aussehen haben und sich als Frau fühlen. Ebenso gibt es Betroffene, die von den Chromosomen her eindeutig weiblich sind, zugleich aber auch männliche Eigenschaften wie Bartwuchs oder starke Körperbehaarung aufweisen sowie möglicherweise eine erheblich vergrößerte Klitoris, die einem Penis ähnelt. Extrem selten sind Fälle, bei denen im Laufe der Entwicklung Mädchen zu Männern werden.

Intersexualität hat nichts zu tun mit Transsexualität oder Transvestiten. Transsexuelle haben eindeutige Geschlechtsmerkmale, wollen aber ihr Geschlecht ändern. Transvestiten fühlen sich in der Kleidung des anderen Geschlechts wohl.

Betroffene sollen besser betreut werden

Vor der Einführung des Begriffs «Intersexuelle» war meist von «Zwittern» die Rede. Viele Betroffene nennen sich Zwitter, weil «Intersexualität» noch kaum bekannt ist. Selbsthilfegruppen sprechen auch von zwischengeschlechtlichen Personen, die sich nicht ins gängige Mann/Frau-Schema hineinpressen lassen. Die Betroffenen hätten oft mit Isolation, Unsicherheit und Scham zu kämpfen, manche hätten Liebe und Sexualität nie kennen gelernt. Dazu kämen für viele schmerzhafte Eingriffe und aufreibende Hormontherapien.

Erste Projekte und Studien widmen sich den Themen Intersexualität und Geschlechtsidentität. Eine Hamburger Forschergruppe, gefördert auch von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, soll zu neuen Leitlinien zur Behandlung und Betreuung von Intersexuellen beitragen.

 

 

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