13.03.2008

Kassenwechsel bei unzureichender Impfkostenerstattung

Wenn die Kosten für Impfungen nicht erstattet werden, sollten die Versicherten die Kasse wechseln, raten Fachärzte und Patientenvertreter...

Die Berufsverbände der Kinder- und Jugendärzte, der Frauenärzte und der Internisten sowie die Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) raten zum Wechsel der Krankenkasse, falls die eigene Kasse in Bezug auf Impfungen keine umfassenden Erstattungen anbietet. So verweigern z.B. die Krankenkassen in Bayern - unter Federführung der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) - bisher, die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin empfohlenen und vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GemBA) verabschiedeten Impfrichtlinien umzusetzen.

Fast 9 Monate nach Inkrafttreten dieser Impfrichtlinie wird die Kombinationsimpfung gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken, die Kinder ab dem vollendeten 11. Lebensmonat im Abstand von 4 Wochen 2-mal bekommen sollten, von den gesetzlichen Krankenkassen in Bayern nicht erstattet „Es ist schon unglaublich, wie die Kassen sich hier in Bayern über bestehende Gesetze und Richtlinien hinwegsetzen", kritisiert Dr. Ursel Lindlbauer-Eisenach, Kinder- und Jungendärztin aus München und Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO). Bayern habe im Bundesvergleich die schlechtesten Impfquoten - gerade auch in Bezug auf Masern. Insofern sei es kein Wunder, dass es in diesem Bundesland immer wieder zu Ausbrüchen kommt. „Was die regionalen Krankenkassen hier betreiben ist ein Skandal - sie behindern unsere Bemühungen, für ausreichende Durchimpfungsraten zu sorgen", so Lindlbauer-Eisenach.

Die von der STIKO empfohlenen Impfungen sind der Kinderärztin zufolge Pflichtleistungen - d.h., alle Versicherten haben ein Recht darauf, dass ihre Kinder gemäß diesen Richtlinien geimpft werden. Lindlbauer-Eisenach: „Wie sollen wir denn den Eltern erklären, dass die Kinder hier in Bayern mindestens eine Spritze mehr bekommen müssen als die Kinder in den anderen Bundesländen?"

Patientenvertreter fordert Erstattung aller Impfungen

Nach Ansicht der Fachärzte und auch der Patienten- und Versichertenvertretung DGVP gehören Impfungen zu den wichtigsten Präventionsmaßnahmen in der Medizin. „Wer nicht ausreichend geimpft ist, gefährdet sich selbst und auch seine Mitmenschen. Deshalb unterstützen wir die Forderung der Kinder- und Jugendärzte, dass der Besuch einer Gemeinschaftseinrichtung in Deutschland mit dem Nachweis eines vollständigen Impfschutzes verbunden sein muss", sagt DGVP-Präsident Wolfram-Arnim Candidus. Der Stellenwert von Impfungen bei den Krankenkassen sei viel zu gering. „Wir empfehlen allen Versicherten dringend, bei ihren Kassen auf umfassende Impfkostenerstattung zu drängen. Nach unserer Auffassung sollten Impfungen grundsätzlich erstattet werden", so Candidus.

Die ersten Krankenkassen haben die Bedeutung von Impfungen für die Gesundheit ihrer Versicherten bereits erkannt und erstatten auch Impfungen, außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtleistungen. So wird die Schluckimpfung gegen Rotaviren, die bei Säuglingen schwere, zum Teil auch lebensgefährliche Durchfallerkrankungen auslösen können, bereits von einigen Krankenkassen erstattet. Der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) begrüßt auch die Kostenübernahme einiger Kassen für junge Frauen über 18, die sich gegen Gebärmutterhalskrebs impfen wollen.

Liste zur Kostenerstattung im Internet

Als richtigen Schritt wertet der Berufsverband der Internisten (BDI) auch die Erstattungspraxis von Impfungen vor Auslandsaufenthalten, die inzwischen von mehr als 40 Krankenkassen in Deutschland angeboten werden. „Die Öffnung der Grenzen nach Osteuropa und der zunehmende Reiseverkehr führen dazu, dass wir immer häufiger auch in Kontakt mit Erregern kommen können, die hierzulande kaum vorkommen", sagt Dr. Wolf von Römer, stellvertretender Präsident des Berufsverbandes Deutscher Internisten (BDI). Alle Reisemediziner und Tropeninstitute würden einen vollständigen Impfschutz vor Reisebeginn empfehlen - egal, ob es in die Tropen geht oder in den Mittelmeerraum.

Oft kommen ungeschützte Patienten mit schweren Infektionen aus dem Ausland zurück und verursachen dann Folgekosten, die weit über den Kosten der vorbeugenden Impfung liegen. „Wir begrüßen es daher ausdrücklich, dass es schon viele Krankenkassen gibt, die diese wichtigen Impfungen erstatten. Und diesem Beispiel sollten die anderen Krankenkassen zu Beginn der Reisesaison 2008 folgen", so von Römer. Der Internist verweist zudem auf die aktuelle Liste der Krankenkassen, die die so genannten Reiseimpfungen erstatten und die auf der Internetseite des BDI unter www.internisten-im-netz.de aufgeführt werden.

Weitere Informationen im Internet:

www.kinderaerzte-im-netz.dewww.frauenaerzte-im-netz.dewww.dgvp.de

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