Gicht: Ursachen
Der Begriff Gicht umfasst verschiedene Stoffwechselerkrankungen, die durch einen erhöhten Harnsäure-Spiegel im Blut (Hyperurikämie) verursacht werden und die ihrerseits unterschiedliche Folgeerkrankungen auslösen können:
- Primäre Hyperurikämie
- Sekundäre Hyperurikämie
- Akute Gicht
- Chronische Gicht
Harnsäure entsteht im menschlichen Körper als Endprodukt des Abbaus von Purinen. Diese fallen einerseits während des normalen Zellstoffwechsels an und werden in 300-400 Milligramm Harnsäure pro Tag umgewandelt. Andererseits nimmt der Mensch Purine auch mit der Nahrung auf, die schließlich ebenfalls zu Harnsäure abgebaut werden (täglich 300-600 Milligramm). Insgesamt liegen im Körper eines Gesunden also rund 1 Gramm Harnsäure vor.
Der menschliche Körper kann Harnsäure nicht weiterverwenden und scheidet sie deshalb über die Nieren (80 %) und den Darm (20 %) aus. Normalerweise besteht zwischen Bildung und Ausscheidung von Harnsäure ein physiologisches Gleichgewicht. Im Blut ist sie deshalb in einer bestimmten Konzentration gelöst (Harnsäure-Werte). Scheiden die Nieren jedoch weniger Harnsäure aus oder entstehen größere Mengen an Harnsäure als ausgeschieden werden, so ist das Gleichgewicht gestört und der Harnsäurespiegel steigt an.
Primäre Hyperurikämie
In den meisten Fällen ist der Auslöser für einen erhöhten Harnsäure-Spiegel eine erbliche Stoffwechselstörung, die sogenannte primäre Hyperurikämie. Bei 99 % der betroffenen Patienten ist die Ausscheidungsfunktion der Nieren für Harnsäure eingeschränkt. In 1 % der Fälle ist ein Enzym defekt, das am Auf- oder Abbau der Purine beteiligt ist, wie z. B. beim Lesch-Nyhan-Syndrom (Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase-Mangel).
Sekundäre Hyperurikämie
Bestimmte Erkrankungen oder Medikamente können ebenfalls den Harnsäure-Spiegel im Blut ansteigen lassen und eine so genannte sekundäre Hyperurikämie auslösen. Ursachen können sein:
- Vermehrter Zellabbau oder Zellumbau: Bei Erkrankungen, wie Blutkrebs, hämolytischer Anämie oder Schuppenflechte sowie bei der Chemotherapie eines Tumors sterben vermehrt Zellen. Dadurch fallen im Organismus höhere Purinmengen an, die zu Harnsäure abgebaut werden.
- Krankheiten, die die Ausscheidung von Harnsäure über die Niere herabsetzen, z. B. Nierenerkrankungen oder Typ-2-Diabetes
- Bestimmte Medikamente wie Abführmittel, wassertreibende Mittel (Diuretika), Arzneimittel gegen Tuberkulose oder Krebs, niedrig dosiertes Aspirin (<1 Gramm/Tag).
- Exzessiver Alkoholkonsum: Zwischenprodukte des Alkoholabbaus erhöhen die Harnsäureproduktion und vermindern die Ausscheidung über die Nieren. Außerdem bewirkt der Abbau des Alkohols eine Übersäuerung des Bluts, wodurch die Löslichkeit von Harnsäure herabgesetzt wird und leichter Harnsäurekristalle entstehen.
Erhöhte Harnsäure-Spiegel, wie sie bei primärer und sekundärer Hyperurikämie vorliegen, sind verantwortlich für das Entstehen von primärer und sekundärer Gicht. Bei solch erhöhten Harnsäure-Konzentration im Blutserum und in den Gewebsflüssigkeiten bilden sich in den Gelenken und Geweben Ablagerungen von Harnsäurekristallen aus Mono-Natriumurat, auch Urat-Kristalle genannt. Bei einer Gichterkrankung lagert der Körper bis zu 30 Gramm Harnsäure in Form von Urat-Kristallen ein.
Akute Gicht
Mit steigenden Harnsäure-Werten nimmt das Risiko für einen Gichtanfall zu:
• 0,5 % der Patienten erleiden den ersten Gichtanfall bei 7 bis 9 Milligramm/Deziliter Blut
• 5 % der Patienten erleiden den ersten Gichtanfall bei mehr als 9 Milligramm/Deziliter Blut
• über 90 % der Patienten erleiden den ersten Gichtanfall bei mehr als 10 Milligramm/Deziliter Blut
Wechselwirkungen von Harnsäurekristallen im Gelenkspalt betroffener Gelenke mit Immunzellen lösen entzündliche und immunologische Reaktionen aus. Diese laufen sehr schnell ab und können zu einem Gichtanfall führen. Auslöser für einen Gichtanfall können bei diesen Patienten zu hoher Fleischkonsum, exzessiver Alkoholkonsum/Alkoholmissbrauch oder strenges Fasten sein.
Chronische Gicht
Besteht eine Gichterkrankung über viele Jahre (chronische Gicht), lagern sich Harnsäurekristalle in so genannten Gichtknoten (Tophi) ab, z. B. unter der Haut oder in Gelenknähe an Händen und Füßen. Prinzipiell können sich tophöse Ablagerungen im ganzen Körper entwickeln. In der Niere können aus Ablagerungen Nierengrieß oder Nierensteine entstehen.