08.10.2018

Darmkrebsvorstufen mit Künstlicher Intelligenz erkennen

Mithilfe der Künstlichen Intelligenz lassen sich bei der Darmkrebsvorsorge Krebsvorstufen von harmlosen Wucherungen unterscheiden. Auch die Früherkennung von Darmkrebs dürfte sich verbessern.

Die Entwicklung von Systemen mit Künstlicher Intelligenz geht rasend schnell voran – auch in der Medizin. 2017 hat in China mit dem kleinen Roboter-Arzt „Xiaoyi“ erstmals ein System mit Künstlicher Intelligenz das ärztliche Examen bestand. Auch die Früherkennung von Darmkrebs könnte in Zukunft durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz verbessert werden. In aktuellen Untersuchungen konnten die lernfähigen Systeme mit hoher Genauigkeit harmlose Wucherungen im Darm von gefährlichen Krebsvorstufen unterscheiden. Im Rahmen des Kongresses Viszeralmedizin 2018, die vom 12. bis 15. September in München stattfand, berichteten Experten über die künftigen Chancen und aktuellen Hindernisse beim Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Darmkrebsvorsorge.

Die Darmspiegelung, auch Koloskopie genannt, ist die effektivste und treffsicherste Methode zur Früherkennung von bösartigen Tumoren in Dick- und Mastdarm. Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 61.000 Menschen an diesem Krebs. Bei der Vorsorge-Darmspiegelung sucht und entfernt der Arzt alle verdächtigen Wucherungen, sogenannte Polypen. „Doch nicht aus allen Polypen muss sich Krebs entwickeln – manche können harmlos sein, müssen derzeit aber sicherheitshalber trotzdem entfernt werden“, berichtet Privatdozentin Dr. med. Andrea Riphaus, Vorsitzende der Sektion Endoskopie der DGVS und Chefärztin Innere Medizin II am St. Elisabethen-Krankenhaus Frankfurt, Katharina Kasper ViaSalus GmbH.

Computergestützte, lernfähige Systeme, die derzeit noch nicht im klinischen Einsatz sind, übermitteln beispielsweise während der Darmspiegelung die Bilder aus dem Inneren des Darms in 500-facher Vergrößerung an einen Computer. Dort prüft eine Software an 300 Einzelmerkmalen, ob es sich um eine Darmkrebsvorstufe, ein sogenanntes Adenom, oder um eine harmlose Wucherung handelt. „Aktuell müssen wir die Wucherungen entfernen und dann im Labor analysieren lassen. Bei den Systemen mit künstlicher Intelligenz erfolgt die Auswertung jedoch in weniger als einer Sekunde und der Arzt wird durch einen Ton oder über einen Hinweis auf dem Bildschirm gewarnt“, erläutert Riphaus.

In einer ersten klinischen Studie (siehe Annals of Internal Medicine, Online-Veröffentlichung am 14.8.2018) erzielten Gastroenterologen aus Japan mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz eine Genauigkeit von 93 Prozent. „Wenn die Ergebnisse in weiteren Studien bestätigt und noch verbessert werden, könnte die Technik in einigen Jahren im Routinebetrieb eingeführt werden“, so Riphaus.

Da Systeme Künstlicher Intelligenz lernfähig sind, ist zukünftig auch mit einer Verbesserung der Polypen-Erkennungs-Rate insgesamt zu rechnen, so die Expertin. „Gerade Adenome, also Krebsvorstufen, sind flach und oft in den Falten der Darmwand verborgen. Sie können auch mit den aktuell eingesetzten, hochauflösenden Endoskopie-Geräten manchmal übersehen werden“, so Riphaus. Die Qualität der Vorsorge werde insgesamt verbessert, wenn es durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz weniger Unterschiede in der Adenom-Erkennungsrate zwischen einzelnen Ärzten gebe (s.a. Gastroenterology 2018, Online-Vorabveröffentlichung am 14.8.2018).

Dr. Riphaus rechnet damit, dass die Zuverlässigkeit der Software in Zukunft weiter gesteigert werden kann. „Dies entspricht dem Prinzip des maschinellen Lernens“, sagt die Expertin. „Die Software kann auf Rückmeldungen vom Pathologen angepasst werden und bei Fehlern ihre Algorithmen anpassen.“ Voraussetzung ist allerdings, dass die Rückmeldungen auch erfolgen. Hier sind nach Einschätzung der Expertin noch groß angelegte und gut strukturierte Studien notwendig, sowie einige rechtliche und versicherungstechnische Hindernisse bei der Anwendung in der Zukunft zu überwinden. „Wir benötigen deshalb eine klinische Initiative zum Erwerb von Big Data für das maschinelle Lernen in der Koloskopie.“

Quelle: Pressestelle Viszeralmedizin 2018

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