28.02.2012

Künftig Cortison mit weniger Nebenwirkungen?

Die Entdeckung des genaueren Wirkmechanismus von Cortison kann künftig zur Entwicklung nebenwirkungsarmer Cortison-Präparate beitragen, meinen deutsche Forscher.

Rheumatoide Arthritis ist die häufigste chronisch-entzündliche Erkrankung der Gelenke. Weltweit sind etwa ein Prozent der Menschen betroffen, in Deutschland allein 800.000. Frauen erkranken zwei- bis dreimal häufiger als Männer, wobei die Erkrankung auch schon im Kindesalter auftreten kann. Ihre eigentliche Ursache ist bis heute noch nicht endgültig geklärt, ein fehlgesteuertes Immunsystem scheint aber ein Hauptgrund zu sein (Autoimmunerkrankung). Die Krankheit verläuft fortschreitend und schubweise. Patienten leiden unter Schmerzen, ihre Gelenke sind geschwollen, druckempfindlich und warm. Die Morgensteifigkeit der Gelenke, die sich mit zunehmender Aktivität über den Tag hin bessert, ist ein charakteristisches Frühsymptom. Oft sind die Fingergelenke, aber auch die Knie betroffen. Beschwerden treten symmetrisch auf, d.h. links und rechts sind die gleichen Gelenke betroffen. Mit zunehmender Zerstörung des Knorpels und Knochens kommt es zu Gelenkverformungen und Fehlstellungen.

Bereits seit mehr als sechzig Jahren wird zur Therapie der Rheumatoiden Arthritis und anderer Entzündungserkrankungen u.a. auch Cortison verwendet, weil es entzündungshemmend und immunsuppressiv wirkt. Leider hat Cortison nicht nur seine guten Seiten, sondern kann bei Langzeitanwendung auch zu beträchtlichen Nebenwirkungen führen: Wasser- und Fetteinlagerungen, Diabetes bis hin zum schleichenden Knochenabbau (Osteoporose). Auch wusste man bisher nicht, welche Zellen im Körper für die therapeutische Wirkung verantwortlich sind und welcher Wirkmechanismus diesem Prozess zugrunde liegt. Dies sind allerdings wichtige Fragen, die vor dem Hintergrund der teils beträchtlichen Nebenwirkungen von Cortison geklärt werden müssen, um nebenwirkungsarme Medikamente entwickeln zu können.

Forschern des Leibniz-Instituts für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI) ist es in Zusammenarbeit mit Immunologen und Pathologen der Friedrich-Schiller-Universität (FSU) in Jena, sowie Göttingen und Lyon (Frankreich) nun erstmals gelungen, den Mechanismus, dem die entzündungshemmende Wirkung von Cortison zugrunde liegt, aufzudecken und nachzuweisen, welche Zelltypen des Immunsystems bei der Behandlung eines Typs der Rheumatoiden Arthritis in Mäusen eine entscheidende Rolle spielen (siehe PNAS 2011, Band 108/48, Seite 19317-19322)

Um wirken zu können, muss Cortison an so genannte Glucocorticoid-Rezeptoren binden. Diese werden durch die Verbindung aktiviert und können ihre entzündungshemmende Wirkung dann entweder als Einzel- (Monomer) oder als Doppelmolekül (Dimer) entfalten. Bisher nahmen die Biologen an, dass bestimmte Entzündungsstoffe - die Cytokine - nur durch das Monomer gehemmt werden, das Dimer dabei aber keine Rolle spielt. Die Forscher um Dr. Jan Peter Tuckermann, Gruppenleiter am FLI, machten nun im Mausmodell die überraschende Beobachtung, dass in bestimmten Immunzellen - den T-Zellen - das Glucocorticoid-Rezeptor-Dimer für die entzündungshemmende Wirkung verantwortlich ist.

Die Studienergebnisse würden Konsequenzen auf Forschungskonzepte in der Industrie haben, die zur Entwicklung nebenwirkungsarmer Cortison-Präparate gegenwärtig vor allem die Einzelmolekül-Funktion des Glucocorticoid-Rezeptors – also das Monomer - berücksichtigen. Darüber sind sich die Biologen vom FLI sicher. „Mit unseren Ergebnissen haben wir aber gezeigt, dass dieser Ansatz dazu allein nicht ausreicht, sondern mehrere Faktoren eine Rolle spielen und zur Entwicklung neuer Medikamente herangezogen werden müssen." Weiterführende Untersuchungen dazu haben am FLI bereits begonnen.

Quelle: Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut e.V. (FLI)

 

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