Nierenschwäche (chronisch): Untersuchungen & Diagnose

Viele Nierenerkrankungen führen erst nach langen Jahren zu einer dauerhaften, nicht mehr rückgängig zu machenden Schädigung des Nierengewebes. Im Unterschied zu einem akuten Nierenversagen, kann eine rechtzeitige Behandlung in den meisten Fällen zu einer Stabilisierung oder sogar Erholung der Nierenfunktion führen. Die Krankengeschichte des Patienten und die körperliche Untersuchung spielen dabei eine wichtige Rolle.

Für seine Diagnose muss der Arzt über vorbestehende Nierenschäden, chronische Erkrankungen und die Einnahme von Medikamenten Bescheid wissen. Auch Hinweise auf Nierenerkrankungen in der Familie des Betroffenen sind wichtig.

Die Messung von Blutdruck und Herzfrequenz sowie die Beschaffenheit der Haut und die Füllung der Halsvenen lassen Rückschlüsse auf den Flüssigkeitshaushalt und somit auf eine mögliche Wasserüberladung zu. Mit einer 24-Stunden-Blutdruckmessung kann der Arzt feststellen, ob ein Patient zwar während des Tages einen normalen Blutdruck hat, aber an einem unbemerkten nächtlichen Bluthochdruck leidet. Dies kommt häufig bei Diabetikern vor. Ein fehlender nächtlicher Abfall des Blutdruckes erhöht das Risiko für Organschäden beträchtlich.

Mittels einer Ultraschalluntersuchung lässt sich die Nierengröße und die Beschaffenheit des Nierengewebes bestimmen. Sind die Nieren sehr klein, ist dies ein Hinweis auf eine schon länger bestehende Nierenschädigung.

Blutuntersuchung

Wenn die Nieren das Blut nicht mehr ausreichend filtern können, reichern sich im Blut Kreatinin und Harnstoff an. Der Arzt kann dies durch eine Analyse der Blutwerte kontrollieren. Je mehr Kreatinin und Harnstoff im Blut zu finden sind, desto schwächer ist die Filterfunktion der Nieren. Der Kreatinin-Normalwert liegt bei 8-12 Milligramm pro Liter Blut, die normale Harnstoffkonzentration im Blut zwischen 200 und 450 Milligramm pro Liter. Alternativ zum Kreatinin wird als Kontrollwert das Cystatin C im Blut gemessen, bisher ist das aber noch keine Routineuntersuchung.

Die Konzentration von Kreatinin im Blut wird im klinischen Alltag für eine erste Einschätzung der Nierenfunktion verwendet. Dies ist jedoch nicht bei allen Menschen sehr genau, da der Kreatinin-Wert oft erst ansteigt, wenn die Nierenfunktion um fast die Hälfte abgefallen ist. So kann eine leichte Einschränkung der Nierenfunktion übersehen werden.

Besser geeignet für eine frühe Diagnose ist die so genannte Kreatinin-Clearance, die angibt, wie schnell die Nieren Kreatinin aus dem Blut herausfiltern können. Dazu muss Urin für 24 Stunden gesammelt werden und man bestimmt dann gleichzeitig Kreatinin im Blut und im Urin. Eine verminderte Kreatinin-Clearance findet sich vor dem Anstieg des Kreatinins im Blut und kann daher schon früh eine Schädigung der Nieren anzeigen. Außerdem berechnet der Arzt die Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) aus dem Kreatinin-Wert im Blutserum oder einer anderen Substanz im Blut, z.B. dem Cystatin C.

Darüber hinaus lässt der Arzt die Anzahl der weißen Blutkörperchen sowie weitere Blutwerte bestimmen, wie z. B. das C-reaktive Protein, Leberwerte und Fettwerte. Das C-reaktive Protein wird während entzündlicher Vorgänge in der Leber vermehrt gebildet und kann den Verlauf einer Nierenschwäche anzeigen. Zusammen mit dem Blutbild, das bei entzündlichen Vorgängen erhöhte weiße Blutkörperchen aufweist, lassen sich somit, neben der Krankengeschichte, Hinweise auf Entzündungen im Körper finden.

Die Messung von Kalzium, Phosphat, Vitaminen und Parathormon geben Aufschluss über einen gestörten Elektrolythaushalt und eine mögliche Schädigung der Knochen.

Urinuntersuchung

Da normalerweise im Urin nur wenig oder kein Eiweiß vorkommt, ist eine Ausscheidung von Eiweiß über den Urin ein wichtiger Hinweis auf das Vorliegen einer Nierenkrankheit. Dazu wird der Urin über 24 Stunden hinweg gesammelt und analysiert. Alternativ kann der Arzt das Verhältnis von Eiweiß zu Kreatinin im Urin bestimmen. Bei einer gesunden Niere ist das Filtergewebe so dicht, dass höchstens 200 Milligramm Eiweiß pro Tag im Urin ausgeschieden werden. Regelmäßige Messungen der Eiweißausscheidung sind auch ein wichtiger Bestandteil der Überwachung des Krankheitsverlaufs, da bei fortschreitender Erkrankung immer mehr Eiweiß im Urin nachweisbar ist.

Ein Urinschnelltest mit einem Teststreifen erlaubt dem Arzt eine erste Einschätzung einer Nierenerkrankung. Die Teststreifen messen den Eiweißgehalt und die Blutzellen im Urin. Ist das Testergebnis auffällig, muss der Urin auf Art und Menge dieser Eiweiße und Zellen weiter getestet werden.

Die so genannte Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) ist ein weiterer Laborwert, durch den der Arzt eine chronische Nierenschwäche über den Urin früh erkennen kann. Mit ihrer Hilfe kann er den Schweregrad der Erkrankung beurteilen. Der Normalwert der Glomerulären Filtrationsrate für Kreatinin liegt bei 90-130 Milliliter pro Minute. Das heißt, eine gesunde Niere reinigt pro Minute mindestens 90 Milliliter Blut.

Bei einer mikroskopischen Untersuchung des Urins, dem so genannten Urinsediment, sucht der Arzt nach roten und weißen Blutkörperchen. Bei Hinweisen auf eine Schädigung der Nierenkörperchen kann die Durchführung einer Punktion der Niere zur Gewebeentnahme und -Untersuchung nötig werden.

Experte: Wiss. Beratung & Ausarbeitung: Prof. Dr. med. Johannes Mann, München

Literatur:
Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin in 2 Ordnern Meyer, J. et al. (Hrsg.) Elsevier, 11/2021 Leitlinie der KDIGO zur chronischen Nierenschwäche: https://kdigo.org/guidelines/ckd-evaluation-and-management/ S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V. "Versorgung von Patienten mit chronischer nicht-dialysepflichtiger Nierenerkrankung in der Hausarztpraxis": https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/053-048l_S3_Versorgung-von-Patienten-mit-nicht-dialysepflichtiger-Niereninsuffizienz__2021-01.pdf

Letzte Aktualisierung: 16.02.2022

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