25.02.2009

Antibiotika-Resistenzen durch Malaria-Medikament

Ein älteres Malaria-Mittel macht Bakterien womöglich resistent gegenüber Antibiotika...

 Bild: Malaria-Erreger in rotem
Blutkörperchen (Tropeninstitut
München).Kanadische Wissenschaftler haben resistente Darmbakterien bei den Bewohnern abgelegener südamerikanischer Dörfer gefunden, die niemals Antibiotika, wohl aber das Malaria-Medikament Chloroquin eingenommen hatten. Die Forscher hatten von 2002 bis 2005 Stuhlproben von den Bewohnern mehrerer Dörfer in Nord-West Guyana genommen und die Ureinwohner zudem nach der Einnahme von Medikamenten gefragt. Bei mehr als 5% der Probanden fanden die Forscher Escherichia coli-Darmbakterien, die gegen das Antibiotikum Ciprofloxacin resistent waren (PloS One 2008, DOI: 10.1371/pone.00022727).

Dies ist erstaunlich, da keiner der Befragten jemals Ciprofloxacin oder ein anderes Antibiotikum aus der Gruppe der Fluorchinolone eingenommen habe. Normalerweise aber entstehen Antibiotika-resistente Bakterien nur unter der Behandlung mit dem entsprechenden Antibiotikum. Vor allem die hohe Rate der Resistenzen überraschte die Wissenschaftler. Auf Intensivstationen in US-amerikanischen Krankenhäusern, wo Ciprofloxacin häufig angewendet wird, finden sich einer aktuellen Untersuchung zufolge gerade einmal bei 4% der Patienten resistente Bakterien.

Experten beurteilen Studie kritisch

Der Grund für diese Resistenzen ist bislang noch nicht klar. „In anderen Malariagebieten in Asien und Afrika gab es trotz intensiver und längerfristiger Chloroquin-Anwendung über Jahrzehnte keine wesentlichen bakteriellen Resistenzen gegen Chinolone vor deren Einführung", sagt Prof. Thomas Löscher vom Berufsverband Deutscher Internisten (BDI). Außerdem habe Chloroquin heute keine große Bedeutung mehr als Anti-Malaria-Medikament, da die Malaria-Erreger vielfach resistent dagegen geworden seien.

Der Verdacht, dass die Resistenzen durch die Einnahme des Malaria-Medikaments Chloroquin hervorgerufen werden, erhärtete sich durch mehrere Beobachtungen: Zunächst ist das Mittel chemisch mit den Fluorchinolon-Antibiotika verwandt. Bis zu 86% der Ureinwohner hatten das Malaria-Mittel zudem während, beziehungsweise nach einem schweren Malaria-Ausbruch 2002 eingenommen. Im Labor konnten die Forscher schließlich auch bestätigen, dass Darmbakterien Resistenzen gegen Fluorchinolone entwickeln, wenn sie dem Malaria-Mittel ausgesetzt werden.

Die Forscher fürchten, dass die Resistenzen nicht nur unter den Darmbakterien, sondern auch in anderen Bakterien auftreten können. Demzufolge würde das bedeuten, dass das Malaria-Mittel Chloroquin die Fluorchinolone weniger wirkungsvoll gegen verbreitete tropische Krankheiten wie Typhus, Durchfallerkrankungen und möglicherweise auch Tuberkulose und Lungenentzündungen machen würde.

 

 

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