Rheumatoide Arthritis: Untersuchungen & Diagnose

Früher wurde die Therapie der rheumatoiden Arthritis oft erst sehr spät begonnen. Heute weiß man, dass bei Patienten mit rheumatoider Arthritis die Gelenkzerstörung innerhalb der ersten zwei Jahre der Erkrankung am stärksten fortschreitet. Die Erfolgsaussichten einer Behandlung sind am größten, wenn in den ersten drei Monaten nach Krankheitsbeginn mit einer wirksamen Behandlung, in der Regel einer sogenannten Basistherapie begonnen wird. In der DGRh-Leitlinie „Management der frühen rheumatoiden Arthritis“ wird daher empfohlen, bei Schwellungen und Schmerzen in mehr als zwei Gelenken spätestens nach sechs Wochen einen Rheumatologen aufzusuchen.

Als Faustregel gilt: Eine rheumatoide Arthritis liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit vor, wenn

  • ein Patient mehr als zwei geschwollene Gelenke hat
  • eine symmetrische, weiche, häufig druckschmerzhafte Schwellung der Fingergrund- und Fingermittelgelenke vorliegt
  • die Fingergrundgelenke und die Zehengrundgelenke auf leichten Druck schmerzempfindlich reagieren
  • die Gelenke morgens länger als 30 Minuten steif bleiben (Morgensteifigkeit)

In der Regel fragen Patienten mit Gelenkerkrankungen zuerst ihren Hausarzt um Rat. Für den behandelnden Arzt ist es besonders schwierig, eine rheumatoide Arthritis bereits kurz nach Krankheitsbeginn zu erkennen, da verschiedene Erkrankungen ähnliche Krankheitszeichen aufweisen und die Erkrankung nicht selten nicht vollständig ausgeprägt ist. Um eine rheumatoide Arthritis von anderen Gelenkerkrankungen unterscheiden zu können, sollten die Krankengeschichte (Anamnese) erhoben und verschiedene Untersuchungen (Labor und Bildgebung) vorgenommen bzw. veranlasst werden.

Wichtige Informationen aus der Krankheitsgeschichte sind für den Arzt:

  • Kommt oder kam bei anderen Familienmitgliedern eine rheumatoide Arthritis oder eine andere chronisch-entzündliche Rheumaform vor?
  • Wann traten zum ersten Mal Gelenkschwellungen auf?
  • Welche Gelenke sind betroffen? Wandert die Erkrankung von Gelenk zu Gelenk?
  • Schreitet die Erkrankung schnell oder langsam voran?
  • Treten die Gelenkschmerzen vor allem in Ruhe, nachts oder am frühen Morgen auf?
  • Beeinflussen Wärme, Kälte, Bewegungen oder Belastungen die Schmerzen?
  • Ändern sich die Schmerzen während des Tages (Besserung tagsüber oder Dauerschmerz)?
  • Gab es besondere Begleitumstände zu Beginn der Erkrankung, z. B. Infektionen, Durchfall, andere Erkrankungen? Sind gleichzeitig andere Symptome aufgetreten (Kopfschmerz, Fieber)?

Darüber hinaus muss der behandelnde Arzt verschiedene Untersuchungen vornehmen, um den Verdacht auf eine rheumatoide Arthritis bestätigen zu können. Sie sollten von einem erfahrenen Facharzt, in der Regel einem internistischen Rheumatologen, durchgeführt werden. Zusammen erlauben die Ergebnisse von Blutuntersuchungen und bildgebenden Verfahren eine sichere Diagnose bereits im Frühstadium der Erkrankung.

Laboruntersuchungen

Deuten Gelenkschwellung und Gelenkschmerzen auf eine rheumatoide Arthritis hin, kann der Arzt verschiedene Blutwerte des Patienten untersuchen, die ihm weitere Hinweise geben, ob eine Arthritis vorliegt. Jeder Blutwert für sich ist allerdings nicht sehr aussagekräftig, erst die Kombination aller Krankheitszeichen ermöglicht dem Arzt eine sichere Diagnose.

CRP

Erhöhte Werte für die so genannte Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit oder das Entzündungseiweiß C-reaktives Protein (CRP) deuten darauf hin, dass im Körper des Patienten eine Entzündung vorliegt. Ein erhöhtes CRP kann eine Hilfe bei der nicht immer einfachen Unterscheidung z.B. einer Arthrose der Fingergelenke von einer rheumatoiden Arthritis sein, die sich zusätzlich zur Arthrose entwickelt hat. Diese Arthrose (Verschleißerkrankung) verursacht zwar manchmal ähnliche Beschwerden, löst aber nie eine Entzündung im Blut aus. Dennoch sind erhöhte CRP-Werte nicht eindeutig auf eine entzündliche Rheumaform hinweisend, da auch andere entzündliche Erkrankungen die Blutsenkung erhöhen können. Des Weiteren schließen auch normale CRP-Werte eine rheumatoide Arthritis nicht aus: 10-30 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis weisen zu Beginn der Erkrankung keine erhöhten laborchemischen Entzündungswerte auf.

Rheumafaktor

Ein weiterer wichtiger Blutwert ist der so genannte Rheumafaktor. Der Begriff Rheumafaktor ist irreführend, da nur 65-80 % der Rheuma-Patienten auch tatsächlich diesen Faktor im Blut haben (seropositiv). Viele Patienten mit rheumatoider Arthritis weisen also keinen erhöhten Rheumafaktor auf (seronegativ). Außerdem kann der Rheumafaktor bei anderen chronisch-entzündlichen Rheumaformen wie z. B. dem Sjögren-Syndrom, dem systemischen Lupus erythematodes erhöht sein. Bei älteren Menschen oder Patienten mit anderen Erkrankungen kann er auch erhöht sein, obwohl sie keine rheumatoide Arthritis haben: 15 % der älteren Bevölkerung und über 50 % der Hepatitis-Patienten haben z.B. Rheumafaktoren im Blut.

ACPA

Ein deutlich verlässlicherer Blutwert sind Antikörper gegen so genannte citrullinierte Peptide (z.B. anti-CCP Antikörper, anti-Vimentin Antikörper, anti-CEP1 Antikörper), sogenannte ACPA. Diese Eiweiße kommen ebenfalls bei 60-85 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis vor. Sie können zum Teil schon vor dem eigentlichen Ausbruch der Erkrankung im Blut nachgewiesen werden. Im Gegensatz zum Rheumafaktor sind sie bei anderen Erkrankungen sehr selten erhöht. Ist ein Bluttest für diese Antikörper positiv, liegt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit (95 %) eine rheumatoide Arthritis vor. Liegen ein positiver Rheumafaktor und positive ACPA-Befunde vor, erhöht sich diese Wahrscheinlichkeit auf 98 %. Die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer rheumatoiden Arthritis nimmt mit der Titer-Höhe der ACPA zu.

  • In der Regel sind die ACPA nur bei der rheumatoiden Arthritis, bzw. seltener vor einem entsprechenden Krankheitsbeginn, erhöht.
  • Erhöhte ACPA sind mit einem schwereren Verlauf verbunden - oder besser: mit einem Verlauf, der einer intensiveren Behandlung bedarf, um einen Krankheitsstillstand zu erreichen. Die Wahrscheinlichkeit, Knochenveränderungen bei der rheumatoiden Arthritis zu erleiden, ist höher bei erhöhten ACPA.
  • Rauchen und das Vorhandensein von ACPA begünstigt die Entwicklung einer rheumatoiden Arthritis.

Darüber hinaus kann der Rheumatologe weitere Blutwerte untersuchen um zu entscheiden, ob eine rheumatoide Arthritis oder eine andere Erkrankung vorliegt.

Weitere Antikörper

  • Antinukleäre-Antikörper: Antikörper, die gegen die Zellkerne gerichtet sind. Sie sind bei etwa 10 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis nachweisbar. Bei Patienten mit Systemischem Lupus erythematodes sind Antinukleäre-Antikörper hingegen regelmäßig messbar (Lupus erythematodes).
  • Auch Anti-Desoxyribonukleinsäure-Antikörper (Anti-DNS Antikörper) weisen auf Systemischen Lupus erythematodes hin.
  • Antineutrophilen-Cytoplasma-Antikörper (ANCA und Antikörper gegen Proteinase 3 und gegen Myeloperoxidase): Deuten auf spezielle rheumatische Erkrankungen der Blutgefäße (Vaskulitis) wie die Granulomatöse Polyangiitis (früher als Morbus Wegener beschrieben) oder die Mikroskopische Polyangiitis hin.
  • HLA-B27: Kann ein Hinweis auf entzündliche Wirbelsäulenerkrankungen (z. B. die Spondylitis ankylosans [früher: Morbus Bechterew], die axialen und peripheren Spondyloarthritiden) oder eine sogenannte HLA-B 27 assoziierte Arthritis sein.

Erreger-Nachweis

Hat der behandelnde Arzt den Verdacht, dass die Gelenkentzündung durch Bakterien oder Viren ausgelöst wurde, kann er gezielt nach den Erregern suchen. In Frage kommen v.a. Blutuntersuchungen auf Borrelien (Lyme-Arthritis), Chlamydien, Yersinien, seltener Salmonellen oder Shigellen. Bei Eltern mit kleinen Kindern, die Ringelröteln hatten, sollte an eine Gelenkentzündung durch Ringelröteln gedacht werden und Antikörper gegen Parvo-Viren bestimmt werden.

Erhöhte Harnsäure-Werte

Bei deutlich erhöhten Harnsäure-Werten und schmerzhafter/en Gelenkschwellung/en mit lokaler Rötung sollte eine Gicht in Betracht gezogen, bzw. ausgeschlossen werden.

Bildgebende Verfahren

Verschiedene bildgebende Verfahren ermöglichen dem Rheumatologen darüber hinaus, den Zustand der Gelenke zu beurteilen.

Ultraschall

Eine wichtige Technik ist die Gelenkuntersuchung mittels Ultraschall, die so genannte Gelenksonografie (siehe Bild rechts). Damit kann der Arzt Flüssigkeitsansammlungen in größeren Gelenken sowie Gelenkentzündungen in kleinen Gelenken erkennen, die von außen unter Umständen nicht sichtbar sind. Auch Knochenschäden und Gelenkzerstörungen (z. B. an den Finger- und Zehengelenken) kommen so zum Vorschein. Sehnenscheidenentzündungen und Sehneneinrisse können ebenso erkannt werden wie Schleimbeutelentzündungen oder auch Kalkablagerungen im Weichteilgewebe oder in den Gelenken. Über eine zusätzliche Bilduntersuchung mit dem Powerdoppler kann eine erhöhte Durchblutung der Gelenkhaut erkannt werden, die auf eine verstärkte Entzündung und damit eine erhöhte Krankheitsaktivität hinweist. Mit dem Ultraschall in Verbindung mit dem Powerdoppler ist damit zusätzlich zur verbesserten Diagnostik einer rheumatoiden Arthritis, auch eine Aussage über die Aktivität der Erkrankung möglich.

Röntgen

Röntgenaufnahmen von Händen und Füßen machen Gelenkzerstörungen sehr gut sichtbar: Entkalkungen der Gelenkknochen können sehr früh im Krankheitsverlauf gefunden werden. Gelenkspaltverschmälerung und Knochenschädigungen können über das konventionelle Röntgen allerdings meist erst in einem späteren Stadium einer rheumatoiden Arthritis gefunden werden. Eine frühzeitige, Leitlinien-gerechte und optimale Behandlung der rheumatoiden Arthritis verhindert allerdings die Entwicklung entsprechender Knochenschädigungen. Die ersten im konventionellen Röntgenbild feststellbaren Veränderungen treten meist frühestens nach zwölf Monaten Krankheitsdauer auf und sind dann nicht selten die Folge einer leider nicht früh genug erfolgten Behandlung. Trotzdem gehören Röntgenaufnahmen zu den Untersuchungen, die geeignet sind, um den Verlauf der Erkrankung und den Erfolg einer Behandlung mit Medikamenten zu kontrollieren.

Kernspintomatografie

Eine Technik, die sich in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten gemeinsam mit dem Ultraschall zur Standardmethode für die Früherkennung der rheumatoiden Arthritis entwickelt hat, ist die Kernspin- oder Magnetresonanztomografie. Sie zeigt Veränderungen im Gelenk bereits im Frühstadium der Erkrankung. Mit der Kernspintomografie können der Radiologe und Rheumatologe sowohl das Weichteilgewebe als auch den Knochen strahlenfrei und ohne Belastung für den Patienten sehr gut beurteilen. Knochenschädigungen lassen sich Monate bis Jahre vorher erkennen, bevor sie mit Röntgenaufnahmen sichtbar werden. Das Ausmaß von Gelenkentzündungen und Sehnenscheidenentzündungen kann ebenso wie das Vorhandensein von Entzündungen im Knochen festgestellt werden. Diese Knochenentzündungen, die sich als Flüssigkeit im Knochen nachweisen lassen, zeigen einen knochenzerstörenden Verlauf der rheumatoiden Arthritis an. Bei Vorliegen von eindeutigen Knochenmarksentzündungen empfiehlt es sich daher, umgehend mit einer Intensivierung der Behandlung entweder über die medikamentöse Behandlung oder über Kortison-Injektionen in das betroffene Gelenk zu reagieren. Knochenmarksödeme können nur über die Magnetresonanztomographie festgestellt werden, Erosionen lassen sich vollständiger und detaillierter darstellen als über den Ultraschall. In der Frühdiagnostik und auch in der Verlaufskontrolle der rheumatoiden Arthritis haben daher beide Methoden einen zunehmend wichtigen Stellenwert. Beide Untersuchungsmethoden helfen zum einen die Diagnose präzise zu stellen und zum anderen im Verlauf der Erkrankung, die richtige therapeutische Entscheidung zu treffen.

Gelenkszintigrafie

Die Gelenkszintigrafie ermöglicht ein Screening des gesamten Körpers auf degenerative Prozesse und Entzündungen. Sie wird bei Patienten eingesetzt, bei denen die übrigen Untersuchungen kein klares Bild ergeben haben. Da es sich hierbei um Ausnahmen handelt, ergibt sich zunehmend seltener ein rationaler Grund für eine Durchführung. Die Gelenkszintigrafie belastet den Patienten mit radioaktiver Strahlung und sollte deshalb nur unter strenger Abwägung des diagnostischen Nutzens eingesetzt werden.


Experte: Wiss. Beratung & Ausarbeitung: Dr. Florian Popp, Planegg & Dr. Martin Welker

Literatur:
Fiehn C, Holle J, Iking-Konert C, et al. S2e-Leitlinie: Therapie der rheumatoiden Arthritis mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten, Z Rheumatol 2018; 77 (Suppl 2): 35 – 53. https://doi.org/10.1007/s00393-018-0481-y. Smolen JS, Landewé RBM, Bijlsma JWJ, et al. EULAR recommendations for the management of rheumatoid arthritis with synthetic and biological disease-modifying antirheumatic drugs: 2019 update. Annals of the Rheumatic Diseases 2020; 79: 685 – 699. https://ard.bmj.com/content/annrheumdis/79/6/685.full.pdf Patienteninformationen zu Basistherapien: https://dgrh.de/Suche.html?query=basistherapie Patientenbroschüre Rheumatoide Arthritis der Deutschen Rheumaliga e.V.: https://www.rheuma-liga.de/infothek/publikationen

Letzte Aktualisierung: 27.03.2023

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