Rheumatoide Arthritis: Behandlung
Für eine wirksame Behandlung der rheumatoiden Arthritis ist es entscheidend, dass die Erkrankung so früh wie möglich erkannt und behandelt wird. Betroffene sollten deshalb bei verdächtigen Krankheitszeichen einen Rheumatologen aufsuchen. Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis beruht auf vier Säulen:
- Behandlung mit Medikamenten, um den Verlauf der Erkrankung zu verlangsamen oder aufzuhalten
- Physiotherapie, Ergotherapie und physikalische Maßnahmen, um die Beweglichkeit der Gelenke und die Funktionsfähigkeit der Gelenke in Beruf und Alltag zu sichern
- Patientenschulungen sind geeignet, den Kenntnisstand der Betroffenen über ihre Erkrankung zu verbessern, dadurch die Fähigkeit zu erlangen, positiv und kompetent mit der entzündlichen Gelenkerkrankung, den erforderlichen Medikamenten und den physikalischen Maßnahmen umzugehen, um somit den Alltag besser zu bewältigen.
- Die operative Behandlung ist ein letzter Ausweg, wenn andere Maßnahmen nicht helfen
Rheumatoide Arthritis: Medikamentöse Behandlung
Mit modernen Behandlungsmethoden kann ein Fortschreiten der Erkrankung deutlich verlangsamt oder sogar völlig zum Stillstand gebracht werden.
Entscheidend für den Behandlungserfolg ist ein früher Behandlungsbeginn: Um die Gelenkschäden möglichst gering zu halten, empfehlen Experten deshalb, die Behandlung mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten (Basistherapien) so früh wie möglich, spätestens drei Monate nach dem Ausbruch der Erkrankung zu beginnen. Bei den Rheumamedikamenten unterscheidet man zwischen drei Gruppen von Medikamenten:
- So genannte nichtsteroidale Antirheumatika verringern zwar die Krankheitszeichen wie Schmerz und Gelenksteife, haben jedoch keinen Einfluss auf den Krankheitsverlauf (symptomatische Therapie).
- Kortison hat eine stark entzündungshemmende Wirkung und ist dazu geeignet, dosisabhängig sehr rasch die Schmerzen und die Entzündung der Gelenke zu verringern. Wie die nichtsteroidalen Antirheumatika hat Cortison jedoch keinen Einfluss auf den Krankheitsverlauf und dient nicht der Dauertherapie.
- Krankheitsmodifizierende Medikamente sind in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis die wichtigsten Bausteine. Sie verringern in unterschiedlichem Maße die übersteigerte Reaktion des Immunsystems und können so das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen oder stoppen. Der Stopp der knochenzerstörenden Wirkung der rheumatoiden Arthritis gelingt am besten unter Verwendung dieser Basistherapeutika, ergänzt oder ersetzt durch die sogenannten Biologika oder den seit kurzem zugelassenen sogenannten JAK-Inhibitoren.
Symptomatische Behandlung ohne Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung
Nichtsteroidale Antirheumatika
Nichtsteroidale Antirheumatika, wie z. B. Ibuprofen oder Diclofenac, sind die am häufigsten eingesetzten Medikamente zur Behandlung einer rheumatoiden Arthritis. Sie hemmen die Bildung entzündungsfördernder Botenstoffe, so genannter Prostaglandine. Dadurch können sie die schädigenden Entzündungsprozesse an den Gelenken eindämmen. Außerdem haben sie schmerzstillende Wirkung, so dass Patienten mit rheumatoider Arthritis sie auch als Schmerzmittel einnehmen.
Da Prostaglandine auch als Schutzfaktor für die Magen-Darmschleimhaut dienen, können die nichtsteroidalen Antirheumatika die Schleimhaut schädigen. Gefürchtete Nebenwirkungen von nichtsteroidalen Antirheumatika sind Magenschleimhautentzündungen (Gastritis) und Magen-/Darmgeschwüre (peptisches Ulkus). Deshalb sollten vor allem Patienten, die bereits eine Magen-/Darmentzündung oder ein Geschwür hatten, vorsorglich einen Magenschutz erhalten, wenn sie dauerhaft ein nichtsteroidales Antirheumatikum einnehmen. Als Magenschutz eignen sich Medikamente, die die Produktion der Magensäure hemmen, z. B. Protonenpumpenhemmer. Um die Gefahr von Nebenwirkungen möglichst gering zu halten, sollte die Dosis der nichtsteroidalen Antirheumatika so gering wie möglich gewählt werden. Außerdem sollten nie zwei verschiedene nichtsteroidale Antirheumatika gleichzeitig eingenommen werden.
Coxibe
Die so genannten COX-2-Hemmer oder Coxibe können eine Alternative für Patienten sein, die die traditionellen nichtsteroidalen Antirheumatika wegen der Nebenwirkungen am Magen-Darm-Trakt nicht vertragen oder die ein erhöhtes Risiko für diese Nebenwirkungen haben. Dies betrifft insbesondere Patienten ab dem 60. Lebensjahr, Patienten mit einer Vorgeschichte von Magen-Darmgeschwüren und Patienten unter Kortison-Therapie. Einige Vertreter der Coxibe sind jedoch in Verruf geraten, da sie das Risiko für Herzinfarkte erhöhen können. Neuere Studien zeigen jedoch, dass das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen bei Coxiben nicht höher ist als bei den traditionellen nichtsteroidalen Antirheumatika. Patienten mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen sollten daher diese Medikamente - Coxibe und traditionelle nichtsteroidale Antirheumatika - nicht einnehmen
Traditionelle nichtsteroidale Antirheumatika und Coxibe können außerdem bei jahrelanger Anwendung und bei hohen Dosierungen die Nieren schädigen. Vor allem ältere Patienten mit vielen Begleiterkrankungen sind besonders gefährdet. Schmerzmittel, wie z. B. Paracetamol, Metamizol oder Opioide, können dann eine Alternative sein.
Grundsätzlich gilt für traditionelle nichtsteroidale Antirheumatika und Coxibe, dass sie in der geringstmöglichen Dosierung und nicht länger als unbedingt notwendig eingenommen werden sollten, um das Risiko für Nebenwirkungen gering zu halten. Ob ein traditionelles nichtsteroidales Antirheumatikum oder ein Coxib für einen Patienten mit rheumatoider Arthritis besser geeignet ist, hängt von den oben genannten Risikofaktoren und seinem persönlichen Risiko für Magen-/Darmerkrankungen ab.
Kortison (Steroide)
Kortison ist ein Hormon der Nebennierenrinde und wirkt entzündungshemmend. In mehreren Untersuchungen bei früher rheumatoider Arthritis konnte nachgewiesen werden, dass niedrig dosiertes Kortison zusammen mit Krankheitsmodifizierenden Medikamenten eingenommen besser vor Knochenzerstörungen durch Rheuma schützt als eine alleinige Behandlung mit Krankheitsmodifizierenden Medikamenten. Die in der Langzeitbehandlung fast unvermeidlichen Nebenwirkungen schränken die Kortisontherapie als Behandlungsoption jedoch auf einen möglichst kurzen Zeitraum ein. Wenn möglich sollte Kortison nur bei aktiven Verläufen der frühen rheumatoiden Arthritis eingesetzt werden, bis die Therapie mit Krankheitsmodifizierenden Medikamenten hinreichend wirkt. Bei weniger aktiven Krankheitsverläufen sollte nach Möglichkeit auf eine Kortisonbehandlung verzichtet werden.
Bei Krankheitsschüben (Phasen mit hoher Krankheitsaktivität, ausgeprägten Gelenkschwellungen, starken Gelenkschmerzen) gibt der Rheumatologe Kortison in einer etwas höheren Dosierung über einen kurzen Zeitraum, damit die Schmerzen schnell zurückgehen und sich die Gelenkfunktion verbessert. Denn eine so genannte „Kortisonstoßbehandlung“, die auf wenige Tage bis Wochen befristet durchgeführt wird, ist in der Akutbehandlung von Rheumaschüben sehr hilfreich und in der Regel gut wirksam.
Über einen langen Zeitraum eingenommen, kann das Medikament jedoch zu Knochenverlust (Osteoporose) führen. Es gibt bezüglich dieser Nebenwirkung nach bisheriger Kenntnis keine Schwellendosis von Kortison, d.h. eine Osteoporose kann auch bei niedriger Kortisondosis, die über einen längeren Zeitraum gegeben wird, infolge der Kortisonbehandlung auftreten. Patienten, die Kortison einnehmen, werden regelmäßige Knochendichtemessungen mit DEXA empfohlen, um Knochenschwund rechtzeitig zu erkennen und diesen entsprechend vorbeugend zu behandeln.
Bei langer Einnahme von Kortison ist auch das Risiko von Infektionen erhöht und eine Gewichtszunahme unvermeidlich. Des Weiteren treten unter Kortison gehäuft Herzinfarkte und Schlaganfälle auf. Dies gilt für alle Dosierungen in rückläufiger Wahrscheinlichkeit, d. h. je höher die Dosierung und je länger die Einnahme, desto höher das Risiko für entsprechende Nebenwirkungen. Wenn möglich sollte Kortison daher in der Langzeitbehandlung der rheumatoiden Arthritis vermieden werden.
Behandlung mit Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung = Krankheitsmodifizierende Therapie (= Basistherapie)
Rheumatologen unterscheiden verschiedene therapeutische Ansätze:
- Konventionell synthetische, krankheitsmodifizierend wirkende Medikamente (csDMARD)
- Biologische, krankheitsmodifizierend wirkende Medikamente (bDMARD): sogenannte Biologika
- Gezielt synthetische, krankheitsmodifizierend wirkende Medikamente (tsDMARD): sogenannte JAK-Inhibitoren
Zu den oben genannten Basismedikamenten zählen alle Medikamente, die nicht nur die Schmerzen lindern, sondern krankheitsmodifizierende Eigenschaften besitzen und so die Gelenkzerstörung verzögern oder verhindern können. Ihre Wirkung setzt je nach Substanz mit unterschiedlich langer Verzögerungszeit ein (4 Wochen bis 6 Monate). Krankheitsmodifizierende Medikamente sind bei frühzeitigem Einsatz innerhalb der ersten drei Monate nach Krankheitsbeginn besser und nachhaltiger wirksam, als wenn diese Medikamente erst spät, d.h. mehr als 6-12 Monate nach Beginn der Erkrankung, eingesetzt werden. Man spricht hier auch vom window of opportunity. Werden diese jedoch in einer frühen Phase der rheumatoiden Arthritis unter Anwendung des tight control-Konzeptes eingesetzt, kommt die Erkrankung in bis zu 50 % bis 80 % der Fälle zum Stillstand. In seltenen Fällen kann nach einer erfolgreichen Behandlung die Krankheit auch ohne medikamentöse Behandlung für Monate oder Jahre inaktiv bleiben. Diese Chance ist bei frühzeitigem Beginn einer Behandlung mit Biologika und JAK-Inhibitoren größer als mit einer alleinigen Behandlung mit konventionell synthetischen, krankheitsmodifizierend wirkenden Medikamenten.
Konventionell synthetische, krankheitsmodifizierend wirkende Medikamente (csDMARD)
Zu den konventionell synthetischen, krankheitsmodifizierend wirkenden Medikamenten (csDMARD) gehören in erster Linie Methotrexat, Sulfasalazin und Leflunomid.
In den meisten Fällen empfiehlt der Rheumatologe entsprechend der nationalen und internationalen Leitlinien zu Beginn einer Behandlung Methotrexat. Sollte dieses nach spätestens drei Monaten nicht ausreichend wirken, kann er ein zweites csDMARD mit Methotrexat kombinieren oder auch anstelle von Methotrexat ein anderes DMARD verschreiben. Bei einer aktiven Erkrankung mit einem früh knochenverändernden Verlauf kann die Therapie der Wahl aber auch ein Biologikum oder JAK-Inhibitor sein.
Bei allen csDMARDs sollen regelmäßig Kontrollen des Blutbildes, der Nieren- und Leberwerte erfolgen. Die csDMARDs können unter Umständen zu erhöhten Leberwerten führen sowie in seltenen Fällen zu einer Knochenmarksschädigung, zu einer Verminderung der roten Blutkörperchen oder zu einer eingeschränkten Nierenfunktion. Durch diese Blutbildkontrollen kann in der Regel sehr zuverlässig vermieden werden, dass Leber- Nieren- oder Knochenmarksschädigungen eintreten.
Das früher häufig eingesetzte Gold (als Tablette oder Spritze) und D-Penicillamin werden wegen ihrer Nebenwirkungen und der langsamen Wirkung (nach 3-6 Monaten) so gut wie nicht mehr verschrieben. Cyclosporin A wird wegen der begrenzten Wirksamkeit und der nicht unerheblichen Nebenwirkungen nur noch in Ausnahmefällen eingesetzt. Azathioprin und Cyclophosphamid spielen aber z. B. bei der Behandlung einer schweren begleitenden Gefäßentzündung oder einer Nierenfunktionseinschränkung, die den Einsatz anderer csDMARDs ausschließt, noch eine Rolle.
Biologische, krankheitsmodifizierend wirkende Medikamente (bDMARD): sogenannte Biologika
Für Patienten, die unzureichend auf die Therapie mit csDMARDs ansprechen, steht seit nunmehr etwa zweieinhalb Jahrzehnten mit den so genannten Biologika eine neue Medikamentengruppe zur Verfügung. Die so genannten Biologika sind gentechnisch hergestellte Abwehrstoffe (z. B. Antikörper) die speziell gegen bestimmte Entzündungsbotenstoffe gerichtet sind oder bestimmte Rezeptoren und Immunzellen hemmen. Mit diesen Biologika begann Anfang dieses Jahrtausends eine neue Ära in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Erstmals wurden bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten anhaltende Remissionen (Krankheitsstillstand) möglich. Alle für die rheumatoide Arthritis zugelassenen Biologika haben im Vergleich zu den synthetischen Basistherapien einen früheren Wirkeintritt - , meist nach 2 bis 4 Wochen ist eine Verringerung der entzündlichen Krankheitsaktivität für die Patienten spürbar. Alle Biologika können deutlich besser die Knochenzerstörung durch die rheumatoide Arthritis aufhalten als die älteren csDMARDs. In der Regel ist unter einer Biologikabehandlung nur noch ein minimales, klinisch wenig bedeutsames, oder kein Fortschreiten der Knochenveränderungen feststellbar. Dies ist überraschenderweise auch der Fall, wenn noch Gelenkschwellungen und Gelenkschmerzen bestehen, also kein diesbezüglicher Krankheitsstillstand vorliegt.
Zugelassene Biologika sind:
- Antikörper gegen den Tumornekrosefaktor Alpha (TNF-alpha), die sogenannten TNF-Blocker: Adalumumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab und Infliximab. TNF-alpha ist ein wichtiger Botenstoff, der entzündliche Reaktionen des Körpers verstärkt. Allen TNF-Blockern ist eine ähnliche Wirksamkeit und ein fast ähnliches Nebenwirkungsprofil gemein. Alle TNF-Blocker bedingen ein gering erhöhtes Risiko für schwere Infektionen. Allerdings ist dieses Risiko nicht höher als bei Patienten mit rheumatoider Arthritis mit hoher Krankheitsaktivität und ohne wirksame krankheitsmodifizierende Therapie. TNF-Blocker werden entweder ins Unterhautfettgewebe injiziert (Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab, seit kurzem auch Infliximab) oder als Infusion verabreicht (Infliximab). Etanercept zeigt im Vergleich zu den anderen TNF-Blockern ein geringeres Risiko für den Ausbruch einer vorher nicht erkannten Tuberkulose. Durch ein Screening, durch eine entsprechende Untersuchung auf Tuberkulose (Tb) vor Beginn einer TNF-Blockerbehandlung ist das Risiko der Aktivierung einer Tuberkulose auch für die anderen TNF-Blocker sehr gering geworden. Bei positivem Screening-Befund auf eine Tuberkulose (positiver gamma-Interferon-Test und/oder ein Tuberkulosebefund in der Röntgenuntersuchung der Lunge), kann durch eine auf neun (Isoniazid), vier (Rifampicin) oder drei Monate (Kombination aus Isoniazid und Rifampicin) befristete Einnahme von Antituberkulostatica auch unter einer TNF-Blockade der Ausbruch einer Tuberkulose verhindert werden.
- Abatacept - ein Antikörper, der gegen T-Zellen gerichtet ist und über diesen Weg zu einer verringerten Ausschüttung von Zellbotenstoffen führt, die Entzündungen im Körper unterhalten bzw. auslösen. Abatacept kann mit analoger Wirksamkeit entweder mit wöchentlichen Injektionen ins Unterhautfettgewebe verabreicht werden oder als Infusion in einer dem Körpergewicht angepassten Dosierung verabreicht werden.
- Rituximab - ein Antikörper der gegen B-Zellen gerichtet ist und mit dieser Wirkung zu einer monatelang anhaltenden Verringerung der Krankheitsaktivität führt. Rituximab wird als Infusion verabreicht, zu Beginn der Behandlung erfolgen zwei Infusionen in 14-tägigem Abstand, nachfolgend die nächste Infusion frühestens nach sechs Monaten.
- Bisherige Studien zeigen gute Ergebnisse, wenn diese Infusionsbehandlung halbjährlich fortgeführt wird.
- Vor Beginn der Rituximab-Infusion ist eine Vervollständigung des Impfstatus sehr wichtig, da zumindest im ersten halben Jahr nach einer Rituximabinfusion - also in einem Zeitraum, in dem bestimmte für die Immunabwehr wichtige B-Zellen nicht neu gebildet werden - der Körper in der Regel nicht auf eine Impfung mit Antikörperbildung anspricht.
- Grundsätzlich finden sich Infektionen unter Rituximab allerdings nicht häufiger als bei anderen Biologika. Die für die Infektabwehr wichtigen sogenannten Erinnerungszellen werden durch Rituximab nicht angegriffen.
- Tocilizumab - ein Antikörper, der gegen Interleukin 6 gerichtet ist, einen entzündungsfördernden Botenstoff, der ebenfalls wie TNF-alpha für die Gelenkentzündung bei der rheumatoiden Arthritis verantwortlich ist.
- Tocilizumab kann in das Unterhautfettgewebe in wöchentlichem Abstand injiziert werden oder steht als Infusion, die alle vier Wochen in einer vom Körpergewicht abhängigen Dosierung verabreicht wird, zur Verfügung. Das Nebenwirkungsprofil ist demjenigen von TNF-alpha-Blockern und Abatacept ähnlich.
- Für Tocilizumab und Abatacept gilt, dass die Gefahr einer Tuberkulose bei vorbestandener und ausgeheilter TB-Infektion geringer als bei TNF-Blockern ist, aber dennoch nicht ausgeschlossen werden kann. Bei positivem TB-Screening-Befund muss auch unter diesen Medikamenten eine zeitlich befristete Behandlung mit einem Anti-Tuberkulostaticum erfolgen.
- Anakinra - ein Interleukin 1-Antikörper, der ebenfalls für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis zugelassen ist, spielt in der Versorgung der Patienten mit rheumatoider Arthritis keine Rolle mehr. Dies liegt an der vergleichsweise geringeren Wirksamkeit, die sich in Studien und im Alltag gezeigt hat, und der Erfordernis einer täglichen Injektion ins Unterhautfettgewebe.
Bisher gibt es trotz der immunsupprimierenden Wirkung der Biologika aus den Zulassungsstudien und den nachfolgenden weltweiten Verlaufsbeobachtungen (Register) keinen Hinweis auf eine erhöhte Krebshäufigkeit unter diesen Medikamenten. Demgegenüber wird ein leicht erhöhtes Risiko für den weißen, nicht-melanozytischer Hautkrebs diskutiert. Daher wird Patienten unter Biologika-Therapie ein jährliches Hautkrebsscreening empfohlen.
Für TNF-Blocker und Rituximab wurde in ersten Registerergebnissen eine höhere Lebenserwartung festgestellt als bei Patienten mit rheumatoider Arthritis, die nur mit den bisherigen csDMARDs behandelt wurden. Insgesamt ist dies in Verbindung mit der guten Wirkung auf die Krankheitsaktivität und die Knochenzerstörung eine gute Botschaft für die Anwendung der Biologika.
Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis können die Biologika und tsDMARDs vor allem in Kombination mit dem Basismedikament Methotrexat die Schädigung der Gelenke schneller und wirkungsvoller aufhalten als das Methotrexat alleine. Sie werden entsprechend der in Deutschland bestehenden Therapieempfehlungen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis eingesetzt, bei denen eine alleinige Therapie mit ein oder zwei verschiedenen csDMARDs über drei bis sechs Monate hinweg nicht genügend gewirkt hat, oder die diese nicht vertragen haben. Bei stark fortschreitendem Verlauf der rheumatoiden Arthritis mit Gelenkzerstörungen unter dem zuerst eingesetzten csDMARD, können TNF-alpha-Blocker entsprechend der Therapieempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie bereits als zweites Basismedikament eingesetzt werden.
Neben der rheumatoiden Arthritis sind TNF-alpha-Blocker und tsDMARDs auch für die Behandlung von Rheuma-Patienten mit Spondylitis ankylosans, mit peripherer und axialer Spondyloarthritis und mit Psoriasisarthritis zugelassen. Tocilizumab ist ebenfalls zur Behandlung des Morbus Still, Abatacept zur Behandlung der Psoriasisarthritis zugelassen.
Gezielt synthetische, krankheitsmodifizierend wirkende Medikamente (tsDMARD): sogenannte JAK-Inhibitoren
Folgende JAK-Inhibitoren stehen aktuell in Deutschland zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis zur Verfügung:
- Baricitinib, hemmt die Januskinasen 1 und 2
- Filgotinib, hemmt die Januskinase 1
- Tofacinitib, hemmt die Januskinasen 1, 2 und 3
- Upadacitinib hemmt die Januskinase 1
Alle vier Substanzen sind in Tablettenform erhältlich und werden täglich eingenommen. Sie wirken auf zellulärer Ebene und entfalten auf die Botenstoffe TNF-alpha und Interleukin 6 sowie andere Entzündungsbotenstoffe eine hemmende Wirkung. Es überrascht daher nicht, dass sie bei der Hemmung der Knochenzerstörung und der Verringerung der Gelenkbeschwerden eine ähnlich gute Wirkung zeigen wie die Biologika. Arzneimittelinteraktionen sind wegen der speziellen Wirkung der Januskinase-Inhibitoren auf Zellebene stärker zu beachten als bei den Biologika.
Auf Grund widersprüchlicher Studienergebnisse der letzten Monate sollten JAK-Inhibitoren aktuell nur bei Patienten eingesetzt werden, wenn keine geeigneten Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen, und bei folgenden Risikofaktoren vermieden werden:
- gleich oder älter als 65 Jahre
- Patienten mit atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Vorgeschichte oder anderen kardiovaskulären Risikofaktoren
- Patienten mit Risikofaktoren für maligne Erkrankungen
Für alle oben genannten immunmodulierenden Therapien gilt, dass optimalerweise vorab eine Impfung gegen Pneumokokken, und grundsätzlich eine COVID-19- und Grippeschutzimpfung empfohlen wird.
Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis können die Biologika und tsDMARDs vor allem in Kombination mit dem Basismedikament Methotrexat die Schädigung der Gelenke schneller und wirkungsvoller aufhalten als das Methotrexat alleine. Sie werden entsprechend der in Deutschland bestehenden Therapieempfehlungen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis eingesetzt, bei denen eine alleinige Therapie mit ein oder zwei verschiedenen csDMARDs über drei bis sechs Monate hinweg nicht genügend gewirkt hat, oder die diese nicht vertragen haben.
Neben der rheumatoiden Arthritis sind TNF-alpha-Blocker und tsDMARDs auch für die Behandlung von Rheuma-Patienten mit Spondylitis ankylosans, mit peripherer und axialer Spondyloarthritis und mit Psoriasisarthritis zugelassen.
Rheumatoide Arthritis: FAQs zu den krankheitsmodifizierenden Medikamenten
Wer soll die Therapie mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten durchführen?
In den deutschen und europäischen Leitlinien besteht Einigkeit, dass die Behandlungseinleitung und -kontrolle der vielfältigen krankheitsmodifizierenden Therapien in den Aufgabenbereich des Rheumatologen mit internistischer Weiterbildung fällt.
Welches krankheitsmodifizierende Medikament soll zu welchem Zeitpunkt verordnet werden?
Welches krankheitsmodifizierende Medikament in welcher Reihenfolge am besten bei welchen Patienten gegeben werden, wird weitgehend analog in einer deutschen und einer europäischen Leitlinie vorgeschlagen und wird regelmäßig an neue Erkenntnisse und neue Medikamentenzulassungen angepasst.
Wie lange sollen Therapie mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten durchgeführt werden?
Grundsätzlich ist die rheumatoide Arthritis, eine chronische, lebenslang anhaltende Erkrankung. Neuere Beobachtungen zeigen jedoch, dass je früher mit einer wirksamen krankheitsmodifizierenden Therapie begonnen wird, umso höher die Chance auf einen Krankheitsstillstand ist. Insbesondere unter frühzeitiger Biologika- und tsDMARD-Therapie scheint ein solcher Krankheitsstillstand bei einer Behandlung, die kurz nach Beginn der Erkrankung begonnen wird, häufiger einzutreten. Besteht der Krankheitsstillstand unter Biologika- oder tsDMARD-Therapie über mehr als sechs Monate, ist in einzelnen Fällen auch ein Absetzen oder eine Verringerung der Medikation zu diskutieren. Alle diesbezüglichen Untersuchungen haben die Einschränkung, dass nur eine relativ kleine Zahl an Patienten und nicht alle krankheitsmodifizierenden Medikamente entsprechend untersucht wurden.
Grundsätzlich ergibt sich die sehr positive Perspektive einer Erkrankung, die mit einer frühzeitigen Therapie mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten und den neuen Behandlungsmöglichkeiten (Biologika, tsDMARDs) zusehends erfolgreicher behandelt werden kann und bei der ein Krankheitsstillstand ein erreichbares Ziel ist.
Rheumatoide Arthritis: Andere Therapieformen
Cortisonspritzen direkt ins Gelenk
Eine sehr wichtige aber letztlich nur unterstützende und befristet wirksame Behandlungsmethode ist, Kortison direkt in die betroffenen Gelenke zu spritzen, wenn die krankheitsmodifizierende Therapie in einzelnen Gelenken nicht ausreichend wirksam ist und eine erhebliche Gelenkschwellung oder ein Erguss besteht. Eine Gelenkpunktion mit nachfolgender Injektion eines an Kristalle gebundenen, sehr lange lokal wirksamen Kortisons kann die Gelenkschwellung und den Gelenkschmerz dauerhaft verringern.
Eine ungünstige Wirkung des in das Gelenk injizierten Kortisons auf den gesamten Körper ist nicht zu befürchten, da das Kortison durch die Bindung an die Kristalle kaum in den Blutkreislauf übertritt. In seltenen Fällen treten vorübergehende Überempfindlichkeitsreaktionen nach einer Kortison-Injektion auf: Ein Hitzegefühl und ein roter Kopf dauern höchstens 1-2 Tage an und sind harmlos. Eine sehr selten eintretende Reizung der Gelenkhaut durch die eingespritzten Kristalle kann allerdings sehr schmerzhaft sein und eine nochmalige Injektion mit einem Betäubungsmittel erforderlich machen. Sehr selten (in einem von 13.000 Fällen) werden bakterielle Infektionen nach einer Injektion in ein Gelenk beobachtet, die aber durch steriles Arbeiten vermieden werden können. Wegen der erforderlichen speziellen Erfahrung mit der Gelenkpunktionstechnik sollte diese Therapie nur durch Rheumatologen oder Orthopäden durchgeführt werden.
Operationen und Radiosynoviorthese
Außerdem kann die entzündete Gelenkschleimhaut in einer Operation (Gelenkspiegelung) entfernt oder mittels radioaktiv markierter Substanzen (Radiosynoviorthese) verödet werden. Als alleinige Behandlungsmethoden für eine Gelenkschleimhautentzündung haben beide Verfahren allerdings wegen der hohen Rückfallrate keinen hohen Stellenwert. Sie sollten als ergänzende therapeutische Optionen für nicht auf eine medikamentöse Behandlung ansprechende Fälle in Erwägung gezogen werden.
Eine Operation kann auch notwendig werden, um eine Fehlstellung des Gelenks zu korrigieren und die Druckbelastung zu verlagern. Sind mittlere und große Gelenke durch die rheumatische Erkrankung hochgradig zerstört, ist ein künstlicher Gelenkersatz (Endoprothese) oder eine operative Versteifung der letzte Ausweg.
Physikalische Maßnahmen und Physiotherapie
Parallel zur Behandlung mit Medikamenten sollten Patienten mit rheumatoider Arthritis mit Hilfe von physiotherapeutischen Maßnahmen versuchen, die Beweglichkeit ihrer Gelenke zu erhalten oder wiederherzustellen. Außerdem sollte die gelenkstützende Muskulatur gestärkt werden. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören:
- Eine sachgerecht durchgeführte Krankengymnastik kann die Beweglichkeit der Gelenke verbessern, Fehlstellungen verringern und die Gelenke stabilisieren.
- Selbständige Bewegungsübungen nach vorausgegangener krankengymnastischer Anleitung.
- Bewegungsbäder unter krankengymnastischer Anleitung.
Während akuter Entzündungsschübe sollten die physiotherapeutischen Maßnahmen jedoch vorsichtig durchgeführt werden oder ganz unterbleiben. Eine zu starke Beanspruchung des Gelenks kann die Entzündung weiter verschlimmern. Orthopädische Hilfsmittel- wie z. B. Schienen, Orthesen und funktionelle Verbände - können helfen, bei schmerzhaften Gelenkfehlstellungen die Gelenkfunktion für den Alltagsgebrauch aufrechtzuerhalten.
Die verschiedenen intensiveren Wärmebehandlungen wie Fango, Moor und heiße Bäder können entzündete Gelenke ebenfalls belasten und sollten deshalb vorsichtig bzw. bei bestehender entzündlicher Aktivität der rheumatoiden Arthritis am besten überhaupt nicht eingesetzt werden.
Eine Kältebehandlung, z. B. mit Kryopackungen, wirkt bei ausgeprägt rheumatisch entzündeten Gelenken in der Regel gut. Die Behandlung in der Kältekammer hat eine vorübergehende schmerzlindernde Wirkung. Demgegenüber empfinden Patienten bei leichtgradig rheumatisch entzündeten Gelenken milde Wärmebehandlungen (z.B. Kirschkernkissen oder Rotlicht) nicht selten auch als angenehm, zudem können letztere die Beweglichkeit verbessern.
Ein Saunabesuch hat in der Regel keinen nachteiligen Effekt auf den Entzündungsprozess.
In einer Ergotherapie können Patienten mit rheumatoider Arthritis erlernen, wie alltägliche Verrichtungen gelenkschonend durchgeführt werden. Sie üben dort auch den Umgang mit gelenkschonenden Hilfsmitteln, die Gelenkfehlstellungen vorbeugen. Diese Hilfsmittel sind an die Bedürfnisse der Patienten angepasste Gebrauchsgegenstände, die das Leben zuhause erleichtern können - wie z. B. spezielle Dosenöffner, breite Griffe für Messer und Gabeln, Zusatzvorrichtungen für Schlüssel etc. sowie Schienen bzw. Bandagen, die der Gelenkstabilisierung oder der Korrektur einer Fehlstellung dienen, z. B. einem Abspreizen der Finger in Richtung Außenseite der Hand (sog. Ulnardeviation) oder einem Abrutschen des Handgelenkes nach unten (sog. Bajonett-Fehlstellung). Hilfsmittel für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis sind in der Regel in Sanitätshäusern erhältlich. Zum geringeren Teil werden sie gesondert nach Maß in Ergotherapieeinrichtungen erstellt (z. B. sog. Ulnardeviationsschienen).
Weitere physikalische Behandlungen, die bei entzündlichen Gelenkerkrankungen durchgeführt werden können, sind:
- Hochfrequenztherapie
- Mittel- und Niederfrequenzstrom
- Ultraschall
- Infrarotbestrahlung
Nahrungsmittelergänzung und alternative Medizin
Es gibt eine Vielzahl frei verkäuflicher Nahrungsergänzungsmittel und alternativer Heilmethoden, die Patienten mit rheumatoider Arthritis Linderung ihrer Leiden versprechen. Die Wirksamkeit dieser Angebote ist selten zweifelsfrei bewiesen. Außerdem sind die meisten sehr teuer und die Kosten werden von den Krankenkassen nicht übernommen.
Grundsätzlich sollten Patienten mit rheumatoider Arthritis Nahrungsmittel bevorzugen, die entzündungshemmende Substanzen enthalten.
Dazu gehören:
• Fischöl (ungesättigte Fettsäuren)
• Soja-, Weizen- und Rapsöl
• Nachtkerzenöl
• Samen der schwarzen Johannisbeere
Entzündungshemmende Bestandteile sind die Eicosapentaensäure, Alpha-1-Linolensäure oder die Gamma-Linolensäure. Sie scheinen die Auswirkungen der rheumatoiden Arthritis auf die Gelenke zu verringern.
Fleisch und fettreiche Milchprodukte enthalten dagegen entzündungsfördernde Inhaltsstoffe und sollten deshalb möglichst gemieden werden.
Die Wirksamkeit von Selen und Zink, sowie von Anti-Oxidantien, wie z. B. Vitamin E, die aggressive Sauerstoffradikale binden, ist ebenfalls nicht erwiesen und kann ggf. bei zu hoher Dosis sogar schädlich sein.
Auch zum Nutzen von Homöopathie und Akupunktur gibt es nur wenige aussagekräftige Untersuchungen. Es gibt keinen Hinweis, dass sie eine dauerhafte Besserung bei rheumatoider Arthritis bewirken können.
Grundsätzlich sollten Patienten mit rheumatoider Arthritis auf ein normales Körpergewicht achten, um ihre Fuß-, Knie- und Hüftgelenke zu schonen. Manche Patienten scheinen von einer Diät oder Fastenkur vorübergehend zu profitieren.