Covid-19: Bedeutung der neuen Viusvarianten

Bei der Virusvermehrung im Wirt kann es durch Genveränderungen (Mutationen) oder Verlust (Deletionen) von Genbausteinen (Nukleotidpositionen) kommen, die sich entweder nicht auf die kodierten Proteine auswirken, da das veränderte Codon für dieselbe Aminosäure steht (synonyme oder stille Mutationen) oder die zu Aminosäure-Austauschen bzw. Deletionen führen (nichtsynonyme Mutationen), anhand derer die Viren in Varianten (auch: Kladen bzw. Linien) unterteilt werden können.

Unterschieden werden:

Varianten unter Beobachtung (variant of interest, VOI) mit epidemiologisch relevantem Auftreten aber ohne erhebliche Änderungen des Phänotyps bzw. der Viruseigenschaften

und

Besorgniserregende Varianten (variants of concern, VOC) mit veränderten Eigenschaften wie erhöhte Übertragbarkeit, erhöhte Virulenz (Morbidität, Mortalität), negative Beeinflussung von diagnostischen Nachweismethoden, Impfstoffen oder Therapeutika (sog. escape-Mutanten)

Covid-19: Eigenschaften der Variants of Concern (VOC)

Die WHO hat derzeit vier SARS-CoV-2-Varianten als VOC kategorisiert (siehe Tabelle).

Die veränderten Eigenschaften beruhen vor allem auf Aminosäure-Austauschen im Spike-Protein, die eine vermehrte Übertragbarkeit verursachen (z.B. D614G, N501Y). Einer der Gründe hierfür ist die erhöhte Bindungsaffinität des S-Proteins an den ACE2-Rezeptor durch Konformationsänderungen, die dazu führen, dass von den 3 Rezeptor-Bindungs-Domänen des S-Proteins nicht nur eine (Wildtyp) sondern 2-3 binden können. So wird die Übertragbarkeit für die Alpha-VOC um 25-40 % und für die Delta-VOC um 50-60 % höher als im Vergleich zum Wildtyp eingeschätzt. Epidemiologische Daten (Hospitalisierungsrate, Morbidität, Mortalität) weisen zudem für die Alpha- und z.T. auch für die Delta-Variante auf eine erhöhte Virulenz hin. Der Immunschutz nach durchgemachter Wildtyp-Infektion scheint vor allem bei der Delta- und Gamma-Variante geringer zu sein. Auch der Impfschutz ist bei einigen Varianten reduziert.

Aufgrund der höheren Übertragbarkeit haben sich bestimmte VOC z.T. sehr rasch durchgesetzt. In Deutschland wurde die Alpha-VOC erstmals Ende Dezember 2020 nachgewiesen und verursachte nach ca. 3 Monaten bereits über 90 % der Neuinfektionen; die Delta-Variante wurde erstmals im März 2021 nachgewiesen und hatte nach weiteren 4 Monaten mit über 90 % der Neuinfektionen die Alpha-VOC weitgehend verdrängt.

Autor/Autoren: Prof. Thomas Löscher & Prof. Gisela Bretzel, München

Literatur:
Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19 - Living Guideline (AWMF-Register-Nr. 113/001) vom 17.5.2021: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/113-001LGl_S3_Empfehlungen-zur-stationaeren-Therapie-von-Patienten-mit-COVID-19__2021-05.pdf S1-Leitlinie Post-COVID/Long-COVI (AWMF-Register-Nr. 020/027) vom 12.7.2021: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-027.html

Letzte Aktualisierung: 07.09.2021

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