Covid-19: Behandlung

Bei ambulanter Versorgung leicht Erkrankter ist eine regelmäßige klinische Verlaufskontrolle unerlässlich, um Warnzeichen für einen schweren Verlauf oder Komplikationen frühzeitig zu erkennen wie Atemnot (Dyspnoe), erhöhte Atemfrequenz (Tachypnoe), Sauerstoffunterversorgung (Hypoxie mit Abfall der peripheren O2-Sättigung (SpO2) im Verlauf), Kreislaufprobleme, thromboembolische Ereignisse und/oder Bewusstseinsstörungen. Zu berücksichtigen ist auch die Möglichkeit einer „stillen Hypoxämie“, bei der trotz deutlich eingeschränkter Oxygenierung subjektiv keine wesentliche Atemnot besteht. Die Isolierung bzw. entsprechende Schutzmaßnahmen gegenüber Nichtinfizierten müssen gewährleistet sein. Vor allem Patienten mit Risikofaktoren für einen schweren Verlauf (höheres Alter, Grunderkrankungen) sollten engmaschig kontrolliert und ggf. frühzeitig stationär eingewiesen werden.

Bei stationärer Behandlung ist eine bereichsweise Kohortierung von SARS-CoV-2-positiven-Patienten getrennt von anderen Patienten erforderlich, um nosokomiale Übertragungen zu vermeiden. Zudem sollen Bereiche vorgehalten werden, in denen Verdachtsfälle bis zum Vorliegen einer aussagekräftigen Diagnostik kohortiert und behandelt werden können. Die stationäre Behandlung richtet sich nach den aktuellen Leitlinien (siehe Literatur unten). Im Vordergrund stehen dabei die adäquate Oxygenierung und die unterstützenden Maßnahmen entsprechend der Schwere des Krankheitsbildes sowie die Prävention und Therapie von Komplikationen. Bei Hochbetagten und Patienten mit schwerwiegenden Grunderkrankungen oder Demenz sollten bereits bei Behandlungsbeginn die therapeutischen Ziele festgelegt werden (uneingeschränkt / palliativ / Reanimation).

Bei Hypoxämie (regelmäßige Blutgasanalysen) Sauerstoffgabe nach Bedarf: nasal, Maske, ggf. nasale High-Flow-Sauerstofftherapie (HFOT); Ziel SpO2 > 90% bzw. PaO2 > 55 mmHg, > 92-95 % bei Schwangeren, >88 % bei COPD-Patienten.

Die Indikation zur Aufnahme auf eine Überwachungsstation ergibt sich bei einer Hypoxämie SpO2 < 90 % (unter 2-4 Liter O2/min bei nicht vorbestehender Therapie) und/oder einer Ruhedyspnoe (Atemfrequenz > 25-30/min).

Bei akuter respiratorischer Insuffizienz (PaO2/FiO2 = 100-300 mmHg) sollte unter kontinuierlichem Monitoring und ständiger Intubationsbereitschaft (Intensivstation) ein Therapieversuch mit HFOT oder CPAP/nicht-invasiver Beatmung erfolgen.

Bei Patienten mit schwerer Hypoxämie (PaO2/FiO2 < 150 mmHg) und Atemfrequenzen > 30/min ist eine Intubation und invasive Beatmung zu erwägen, bei einem PaO2/FiO2 von < 100 mmHg sollten diese i.d.R. erfolgen (ggf. mit intermittierender Bauchlagerung)

Bei schwerem ARDS und therapierefraktärer Hypoxämie (PaO2/FiO2-Quotient < 80 bzw. 60 mmHg) ist die extrakorporale Membranoxygenation (ECMO) eine therapeutische Option.


Wichtige Behandlungsgrundsätze sind zudem: eine konsequente Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin (ggf. Fondaparinux, ggf. therapeutische Antikoagulation unter Berücksichtigung des möglichen Blutungsrisikos), restriktive Flüssigkeitstherapie (da eine Volumenüberladung die Oxygenierung verschlechtern kann), frühzeitige Erkennung von Komplikationen und Berücksichtigung von Komorbiditäten, engmaschige Überwachung der Vital-Parameter und Kontrolle der Entzündungsparameter (CRP, IL-6), Nierenfunktion, Leberwerte, Gerinnung (inkl. D-Dimer) sowie ggf. Troponin und BNP/NT-proBNP; Bildgebung je nach klinischem Verlauf, Berücksichtigung von Ko/Sekundärinfektionen (ggf. Abnahme mehrerer Blutkultur-Sets und respiratorische Materialien je nach klinischem Verlauf,  ggf. Antibiotikagabe bei Verdacht/Nachweis bakterieller Ko-Infektionen).

Von den zahlreichen in Studien untersuchten Virustatika hat derzeit nur Remdesivir eine bedingte Zulassung zur möglichst frühzeitigen Anwendung bei Patienten mit einer Lungenentzündung (Pneumonie), die eine zusätzliche Sauerstoffzufuhr erfordert (Low- oder High Flow Sauerstofftherapie oder nicht-invasive Beatmung). Als immunmodulatorisch wirksames Arzneimittel erhielt Dexamethason eine positive Bewertung durch die EMA für die Anwendung bei Patienten, die eine zusätzliche Sauerstoffzufuhr oder künstliche Beatmung erfordert. Remdesivir und Dexamethason können auch kombiniert eingesetzt werden.

Bei Patienten mit einem Hyperinflammations-Syndrom werden auch Interleukin-6-Rezeptor-Antagonisten wie Tocilizumab als off-label-use (keine Zulassung für die COVID-Therapie) zusätzlich zu Dexamethason eingesetzt, da sich in einigen Studien Hinweise für eine reduzierte Mortalität bei hospitalisierten Patienten mit Sauerstoffbedarf und klinischer Inflammation, insbesondere in der frühen Erkrankungsphase (im Median: zwei oder weniger Tage nach stationärer Aufnahme) ergaben.

Monoklonale Antikörper (Casirivimab plus Imdevimab oder Bamlanivimab plus Etesevimab) können bei frühzeitiger Gabe nach Infektion bzw. während der Inkubationszeit das Risiko schwerer Verläufe vermindern. Sie sollten daher vor allem präventiv bei gesicherter oder wahrscheinlicher Infektion von Personen mit Risikofaktoren für schweren Verlauf eingesetzt werden (z. B. nicht oder unzureichend geimpfte Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, nosokomiale Infektion bei Krankenhauspatienten mit anderen Grunderkrankungen). Ein Einsatz kann auch erwogen werden bei Risikopatienten maximal 72 Stunden nach positiver PCR und bis zu 7 Tage nach Symptombeginn; nach 7 Tagen auch bei Hochrisikopatienten, insbes. bei immunschwächender (B-Zell-depletierender) Therapie (z. B. Riruximab), und aktuell noch negativem Antikörperstatus (Anti-Spike-IgG). Bei Bamlanivimab, Casirivimab und Etesevimab gibt es Hinweise für verringerte bis fehlende Wirksamkeit gegen die Beta- und Gamma-Variante, bei Bamlanivimab auch gegen die Delta-Variante von SARS-CoV-2.

Autor/Autoren: Prof. Thomas Löscher & Prof. Gisela Bretzel, München

Literatur:
Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19 - Living Guideline (AWMF-Register-Nr. 113/001) vom 17.5.2021: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/113-001LGl_S3_Empfehlungen-zur-stationaeren-Therapie-von-Patienten-mit-COVID-19__2021-05.pdf S1-Leitlinie Post-COVID/Long-COVI (AWMF-Register-Nr. 020/027) vom 12.7.2021: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-027.html

Letzte Aktualisierung: 07.09.2021

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