Covid-19: Diagnose

Aufgrund des breiten oft unspezifischen Symptomspektrums ist die Diagnosestellung allein aufgrund klinischer Kriterien unzuverlässig. Die Diagnostik beruht daher auf dem Virusnachweis in Untersuchungsmaterial aus den oberen Atemwegen (Nasen-RachenAbstrich) und/oder - soweit möglich und klinisch geboten - auch aus den tiefen Atemwegen (bronchoalveoläre Lavage, Sputum, Trachealsekret). Referenzmethode ist die tiefe transnasale Probenentnahme aus dem Nasen-Rachen-Raum (Nasopharynx). Rachenabstriche sind für die meisten Patienten leichter tolerierbar, bei vergleichbarer bzw. etwas niedrigerer Sensitivität; ggf. können Rachen- und Nasenabstriche auch kombiniert werden.

Der Virusnachweis erfolgt mittels PCR (Polymerasekettenreaktion) oder vergleichbaren molekularbiologischen Methoden. Die RT-PCR ist der diagnostische Goldstandard und die tragende Säule im Rahmen der Erkennung der Infektion, des Meldewesens, der epidemiologischen Beurteilung und Steuerung von Maßnahmen. Es steht eine Reihe hoch spezifischer und umfangreich validierter kommerzieller Testsysteme zur Verfügung, die unterschiedliche Zielgene des Virus nutzen. Ein negatives PCR-Ergebnis schließt die Möglichkeit einer Infektion mit SARS-CoV-2 jedoch nicht aus. Bei begründetem Verdacht sollte eine erneute Untersuchung erfolgen. Bei tiefen Atemwegsinfektionen sollte auch Material von dort (s.o.) sowie Stuhl untersucht werden.

Die Viruslast kann näherungsweise durch den Ct-Wert (Zahl der zum Nachweis erforderlichen PCR-Zyklen) abgeschätzt werden. Je höher der Ct-Wert, desto niedriger ist die Viruslast in der Probe. Vergleiche der Viruslast im Untersuchungsmaterial mit der Anzüchtbarkeit der in der Probe enthaltenen Viren in Zellkulturen ergaben je nach Testsystem Werte von unter 31-34 als Schwellenwerte für noch vorliegende Infektiosität. Aufgrund der erheblichen Varianz der Ct-Werte sollte die Viruslast jedoch besser durch Umrechnung (RNA-Kopien pro Probenvolumen) anhand kalibrierter Virus-RNA-Standards erfolgen. Bei positivem PCR-Befund kann durch PCR-basierte Genotypisierungsassays eine zeitnahe Einschätzung der vorliegenden Virusvariante erfolgen. Dies ist jedoch kein gleichwertiger Ersatz für eine Sequenzierung, welche im Rahmen eines von der Bundesregierung geförderten Netzwerkes bei einem Anteil von 5-10 % aller PCR-positiven Proben durchgeführt wird, um das Auftreten von Virusvarianten und neuen Mutationen zu verfolgen. Die Virus-Isolierung mittels Zellkultur ist aufwändig (Labor der Schutzstufe 3) und meist wissenschaftlichen Fragestellungen vorbehalten.

Eine weit kostengünstigere Screening-Methode sind Testverfahren zum Antigen-Nachweis. Sie sind auch als Schnelltests verfügbar, bei denen das Ergebnis innerhalb von Minuten vorliegt und die dadurch von Bedeutung sind bei der COVID-Prävention und -Bekämpfung (s. dort). Neben zertifizierten Labor-gestützten Verfahren durch Fachpersonal und Probenentnahme aus dem Nasen-Rachen-Raum (Nasopharynx) gibt es mittlerweile auch von Laien durchführbare Schnelltests aus Nasenabstrichen, Speichel, Rachenspülwasser oder Wattestäbchen zum Lutschen (‚Lolli-Test‘). Spezifität und Sensitivität insbesondere der von Laien durchführbaren Testformate sind jedoch erheblich geringer als die der PCR und positive Ergebnisse von Antigen-Tests müssen stets durch eine PCR überprüft werden. Negative Ergebnisse schließen eine Infektion keineswegs aus und bei Verdacht auf eine COVID-Infektion (Erkrankungsverdacht, Kontakt- und Quarantänefälle) sollte immer eine PCR-Untersuchung durchgeführt werden. Dies gilt i.d.R. auch für Ausbruchsuntersuchungen sowie für das Screening von Patienten vor/bei Aufnahme im stationären Bereich oder Mitarbeitende in der Patientenversorgung.

Bei der Mehrzahl der Infizierten sind ab zwei Wochen nach der Infektion Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachweisbar. Es stehen unterschiedliche kommerziell erhältliche ELISA-Methoden zum Nachweis von Antikörpern (IgG, IgA, IgM) gegen das S (Spike-Protein)- oder das Nc (Nukleokapsid)-Antigen zum Antikörper-Nachweis zur Verfügung.  Nach durchgemachter Infektion sind meist S- und Nc-Antikörper nachweisbar, nach alleiniger Impfung mit mRNA- und Vektor-Impfstoffen, die auf dem Spikeprotein basieren, nur S-Antikörper. Der klassische Neutralisationstest in Zellkulturen korreliert am besten mit der Schutzwirkung (Protektion) nach durchgemacher Infektion oder Impfung, ist aufgrund des Umgangs mit vermehrungsfähigem Virus (Schutzstufe 3 erforderlich) jedoch meist wissenschaftlichen Fragestellungen vorbehalten. Neu ist ein Neutralisations-Surrogat-Test, der in einem kommerziell erhältlichen ELISA-Format die Kapazität der neutralisierenden Antikörper misst, die Bindung der Rezeptor-Bindungsdomäne des Spikeproteins an den ACE2-Rezeptor zu verhindern und der eine hohe (> 90%ige) Übereinstimmung mit dem klassischen Virus-Neutralisationstest aufweist.

Antikörpertests werden vor allem zu seroepidemiologischen Untersuchungen eingesetzt sowie zur retrospektiven Diagnose von PCR-negativen Infektionen bzw. Erkrankungen (Serokonversion im Verlauf). Auch wenn der Immunschutz nicht nur von der humoralen sondern auch von der zellulären Immunantwort abzuhängen scheint, werden S-Antikörper-ELISA und Neutralisations-Surrogat-Test zur Beurteilung des Impferfolges insbesondere bei Immunsupprimierten (s.u.) herangezogen sowie zunehmend auch zur Beurteilung des Immunschutzes nach Infektion oder Impfung und der Notwendigkeit von Auffrischimpfungen.

Autor/Autoren: Prof. Thomas Löscher & Prof. Gisela Bretzel, München

Literatur:
Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19 - Living Guideline (AWMF-Register-Nr. 113/001) vom 17.5.2021: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/113-001LGl_S3_Empfehlungen-zur-stationaeren-Therapie-von-Patienten-mit-COVID-19__2021-05.pdf S1-Leitlinie Post-COVID/Long-COVI (AWMF-Register-Nr. 020/027) vom 12.7.2021: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-027.html

Letzte Aktualisierung: 07.09.2021

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