Typ-1-Diabetes: Ursachen & Risikofaktoren
Ursachen
Der Grund für den Ausbruch des Typ1-Diabetes ist bis heute nicht völlig aufgeklärt. Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper Abwehrstoffe (Antikörper) bildet. Diese sind jedoch nicht gegen körperfremde Substanzen oder Krankheitserreger gerichtet, sondern gegen Zellen bzw. Bestandteile der Bauchspeicheldrüse oder gegen das Insulin selbst. Im Rahmen dieses Prozesses attackieren Abwehrzellen des körpereigenen Immunsystems die Insulin produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse als eine Art „Eindringling“, den sie bekämpfen müssen. In der Folge zerstören die Abwehrzellen diese Zellen so nachhaltig, dass die Bauchspeicheldrüse nicht mehr genügend Insulin zur Regulation des Blutzuckers herstellen kann (absoluter Insulinmangel) und die Blutzuckerwerte ansteigen.
Warum der Körper Abwehrstoffe gegen die eigene Bauchspeicheldrüse oder das Insulin bildet, ist bis heute nicht abschließend geklärt. Fakt ist aber, dass sowohl eine erbliche Vorbelastung als auch zusätzliche Einflussfaktoren aus der Umwelt bei Ausbruch und Entstehung der Erkrankung eine wichtige Rolle spielen.
Risikofaktoren
Erbliche und immunologische Einflüsse
Es sind heute mehr als hundert Erbkonstellationen bekannt, die Diabetes begünstigen. Es scheint dabei auch ein Zusammenhang zwischen Typ-2- und Typ-1-Diabetes zu bestehen, denn Kinder und Enkelkinder von Typ-2-Diabetikern sind stärker gefährdet, an Typ-1-Diabetes zu erkranken, als Kinder von gesunden Eltern.
Allerdings scheint Typ-1-Diabetes weniger stark vererbbar zu sein als der Typ 2. Denn während erbgleiche (eineiige) Zwillinge fast immer beide an Typ-2-Diabetes erkranken, ist dies nur bei jedem dritten Typ-1-Diabetiker-Zwillingspärchen der Fall. Dies zeigt sich auch bei Verwandten ersten Grades von Typ-1-Diabetikern: Nur 3-5 % der Eltern, Geschwister oder Kinder eines Typ-1-Diabetikers haben die Erkrankung ebenfalls. So lässt sich auch erklären, dass 90 % der Typ-1-Diabetiker aus Familien ohne eine Diabetes-Vorbelastung stammen.
Dennoch haben Erbanlagen vermutlich einen entscheidenden Einfluss bei der Entstehung der Typ-1-Diabetes. Denn 95 % der Typ-1-Diabetiker tragen speziell prädisponierende Gene für Antikörper gegen die Insulin produzierenden Zellen in den Langerhansschen Inseln der Bauchspeicheldrüse. Immunzellen des Blutes (weiße Blutkörperchen) dringen in das Insulin produzierende Gewebe ein und rufen dort eine Entzündung in der Bauchspeicheldrüse hervor. Die Entzündungsvorgänge zerstören die Langerhansschen Inseln im Verlauf mehrerer Monate oder Jahre. Sind 80-90 % der Insulin produzierenden Langerhansschen Inseln zerstört, kommt es zum manifesten Diabetes.
Weitere Einflussfaktoren
Forscher vermuten, dass Infektionskrankheiten die fehlgeleiteten Abwehrvorgänge des Körpers mitverursachen oder zumindest fördern können. Hierzu zählen z. B. Mumps, Masern, Röteln, Erkrankungen durch Coxsackie-Viren. Neuerdings wurden im Gefolge der Corona-Pandemie auch Zusammenhänge mit einer Covid-19 Infektion durch das SARS-CoV2-Virus festgestellt. Ferner scheint bei Menschen, deren Immunsystem zu stark auf ultraviolettes Licht reagiert, ein höheres Risiko für das Entstehen der Typ-1-Diabetes vorzuliegen.
Möglicherweise beeinflussen auch Umwelteinflüsse die Entstehung von Typ-1-Diabetes. Diskutiert werden zurzeit:
- zu kurze Stilldauer nach der Geburt
- zu frühe Gabe von Kuhmilch an Kinder
- zu frühe Verwendung von glutenhaltiger Kost
- Giftstoffe, wie z. B. Nitrosamine
Neueste Forschungsergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass geschädigte Nervenzellen in der Bauchspeicheldrüse am Ausbruch der Erkrankung beteiligt sein können, sowie eine Insulinresistenz, die an den Insulin produzierenden Zellen in den Langerhansschen Inseln der Bauchspeicheldrüse entsteht. Letzteres könnte ein neuer Zielpunkt für die Entwicklung von Medikamenten zur Verlangsamung oder gar Verhinderung des zu Typ-1-Diabetes führenden Krankheitsprozesses sein.