Multiples Myelom: Therapie & Nachsorge

Die Notwendigkeit einer Behandlung ist beim Multiplen Myelom nicht immer sofort gegeben. Es ist zunächst wichtig zu unterscheiden, ob ein symptomatisches oder ein asymptomatisches multiples Myelom (Smouldering myeloma) oder nur eine monoklonale Gammopathie ohne Signifikanz (MGUS) vorliegt. Sonderformen sind das solitäre multiple Myelom oder die Plasmazellleukamie. Bei den übrigen Formen wird durch Knochenmarkuntersuchung (Infiltationsgrad), Immunglobulinbestimmung im Blut und Urin sowie durch den Nachweis oder Ausschluss von Knochenveränderungen (Osteolysen) im Skelett-Computergramm die Unterscheidung zwischen MGUS und multiplem Myelom getroffen. Über die Behandlungsindikation entscheiden dann die sogenannten CRAP-Kriterien und der klinische Verlauf, z. B. zunehmende Anämie, Hyperviskositätssyndrom.

Für die Behandlungsstrategie ist es wichtig, einzuschätzen, ob der Patient hinsichtlich Alter und Konstitution (biologisches Alter/Begleiterkrankungen) für eine Hochdosisbehandlung mit anschließender Stammzelltherapie (autologe Stammzelltransplatation) oder in Einzelfällen auch für eine Behandlung mit körperfremder (allogener) Knochenmark- bzw. Stammzelltransplantation nach Hochdosistherapie in Frage kommt.

Die konventionelle Therapie besteht meist aus den Substanzen Bortezomib, Cyclophosphamid und Dexamethason. Die übliche Therapie umfasst drei bis maximal sechs Zyklen. Dann folgt bei geeigneten Patienten die Hochdosisbehandlung. Dazu werden vorher Stammzellen aus dem Blut entnommen und eingefroren. Um die Ausbeute an Stammzellen im Blut zu erhöhen, ist es erforderlich, die Produktion im Knochenmark durch Stimulation zu erhöhen. Dies geschieht mit G-CSF (Granulozyten stimulierender Faktor). Die Stammzellentnahme sollte 2 bis 8 Wochen nach Abschluss der Primärtherapie erfolgen und die Transplantation sollte danach zeitnah erfolgen.

Neben einer einmaligen körpereigenen (autologen) Stammzelltransplantation wird heute zunehmend eine Tandem–Transplantation (also zwei autologe Stammzelltransplantationen innerhalb von 12 Monaten) durchgeführt. Dazu ist es erforderlich, dass genügend eigene Stammzellen gesammelt und tiefgefroren gelagert werden. In Einzelfällen kann bei sehr ungünstiger Prognose (17p-Deletion) oder Patienten mit wiederauftretenden Krebszellen (Rezidivpatienten) eine körperfremde (allogene) Stammzelltransplantation vom einem Familienspender oder einem Fremdspender überlegt werden. Dies sollte in einem Transplantationszentrum mit ausreichender Erfahrung erfolgen, da die Risiken und Nebenwirkungen dieser Therapie sehr hoch sind. Andererseits ist sie derzeit die einzige Behandlungsmethode, bei der Heilungen vom multiplen Myelom berichtet werden.

Ansonsten dient die Therapie der Lebensverlängerung und der Lebensqualitätsverbesserung durch Vermeidung von Komplikationen wie Knochenbrüchen, Nierenversagen und Knochenmarkfunktionsstörung (Knochenmarkinsuffizienz) mit Blutarmut. Dazu sind heute neue immunmodulatorische Substanzen in die Therapie eingeführt worden wie Thalidomid, Lenalidomid und monoklonale Antikörper. Auch nach Hochdosisbehandlung können diese Substanzen gegen wiederauftretende Krebszellen (im Rezidiv) erfolgreich eingesetzt werden. Mögliche Nebenwirkungen wie z.B. Polyneuropathie, Infektionen und Blutungen sind jedoch zu beachten.

Ziel der Therapie ist neben der Lebensverlängerung ein Ansprechen auf die Zahl und Ausdehnung der Plasmazellen (im Knochenmark) bzw. der Immunglobuline im Blut und Urin. Dabei werden komplette Remission (CR), sehr gute Partialremission = VGPR (Rückgang über 90 %), Teilremission = PR (Rückgang über 50 %) und stabile Erkrankung von der fortschreitenden (progredienten) Erkrankung (PD) unterschieden.

In Einzelfällen kann bei Auftreten von Nierenversagen eine zusätzliche Dialysebehandlung erforderlich sein. Bei drohenden Knochenbrüchen und/oder schmerzhaften Knochenveränderungen (Knochenläsionen) kann eine Bestrahlung hilfreich sein. Gelegentlich kann auch ein operatives Vorgehen sinnvoll sein.

Um dem Abbau von Knochensubstanz durch „Knochenfresszellen“(Osteoklasten) vorzubeugen, werden heute Substanzen wie Biphosphonate (Zolendronat, Pamidronat, Ibandronat) unter Beachtung der Nebenwirkungen (Zahnstatus kontrollieren!) eingesetzt.

Wichtig erscheint in der Rehabilitationsphase und der weiteren Nachsorge neben den Kontrolluntersuchungen ein muskuläres Training, ausreichende Bewegung und eine ausgewogene Ernährung.

Autor/Autoren: Wissenschaftliche Beratung & Ausarbeitung: Prof. Dr. Christoph Clemm, München

Literatur:
Leitlinie Multiples Myelom der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V.: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/multiples-myelom/@@view/html/index.html Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin in 2 Ordnern; Hrsg.: J. Meyer et al. ; Elsevier, 11/2018

© Internisten-im-Netz

Impressum

Datenschutz

Bildquellen

Kontakt

Herausgeber

Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten e.V.